Vermittlungsprovision bei Übernahme von Leiharbeitern

Seit Inkrafttreten des § 9 Nr. 3 AÜG in der Fassung des "Hartz III-Gesetzes" vom 23.12.2003 (BGBl. I., S. 2848, 2909) kann sich der Verleiher vom Entleiher auch formularmäßig eine angemessene Vermittlungsprovision für den Fall versprechen lassen, dass der Entleiher den Leiharbeitnehmer im Anschluss an die Überlassung übernimmt.

BGH, Urteil vom 7. Dezember 2006 - III ZR 82/06 § 307 BGB; § 9 Nr. 3, 2. Hs. AÜG (n.F.)

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Bild: Nirat.pix / stock.adobe.com
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Problempunkt

Die Klägerin, ein gewerbliches Arbeitnehmerüberlassungsunternehmen, vereinbarte mit der Beklagten die Überlassung des Glasbaumonteurs A vom 23.8.2004 bis zum 30.9.2004. In den Allgemeinen Geschäftsbedingungen zum Arbeitnehmerüberlassungsvertrag (AGB) heißt es: "7. Personalvermittlung nach vorheriger Überlassung 7.1. Übernimmt der Arbeitgeber den Mitarbeiter aus dem Überlassungsvertrag, so gilt das als Vermittlung. 7.2. Für diese Vermittlung gilt ein Vermittlungshonorar gemäß nachstehender Tabelle als vereinbart a) Überlassung von bis zu 3 Monaten 3.000 Euro b) Überlassung von bis zu 6 Monaten 2.000 Euro zzgl. gesetzl. MWSt. 7.3. Nach einer Überlassungsdauer von mehr als 6 Monaten wird kein Honorar mehr berechnet. Das jeweilige Honorar ist fällig mit Abschluss des Arbeitsvertrags zwischen Mitarbeiter und Arbeitgeber." Am 1.10.2004 schloss die Beklagte mit dem zuvor entliehenen A einen schriftlichen "Zeitarbeitsvertrag". Der Verleiher verlangte deshalb von der Beklagten ein Vermittlungshonorar in Höhe von 3.480 Euro. Seine Klage war in allen Instanzen erfolgreich.

 

Entscheidung

Der BGH bestätigte den Anspruch des Verleihers aus § 7 der AGB auf das Vermittlungshonorar gegen den Entleiher, der den Leiharbeiter übernommen hat. Nach Inkrafttreten des § 9 Nr. 3, 2. Hs AÜG am 1.1.2004 kann in einer solchen formularmäßigen Honorarverpflichtung keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 BGB mehr gesehen werden. Der Gesetzgeber geht vielmehr davon aus, dass die entgeltliche Arbeitsvermittlung eine erlaubte Tätigkeit darstellt und - sozialpolitisch erwünscht - Arbeitnehmerüberlassung häufig mit dem Ziel der Übernahme erfolgt. Verleih und Vermittlung gehen folglich ineinander über, wenn der Entleiher den Leiharbeiter übernimmt, weshalb derartige vertragliche Abreden zulässig sind. Dazu bedarf es auch weder einer Individualvereinbarung noch ist ein gesonderter Personalvermittlungsvertrag erforderlich - eine formularmäßige Vereinbarung (AGB) im Arbeitnehmerüberlassungsvertrag genügt. Eine Provisionsklausel wie die hier zu beurteilende ist nach Art und Höhe branchenüblich und nicht überraschend i.S.d. § 305 c Abs. 1 BGB. Erlaubt sind Honorarregelungen für den Fall der Übernahme während eines bestehenden Überlassungsvertrags aber auch bei einem unmittelbaren zeitlichen (nahtlosen) Zusammenhang wie er hier vorlag.

 

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Konsequenzen

Nach der bis zum 31.12.2003 geltenden Rechtslage erachtete der BGH die Provisionsvereinbarung wegen Gesetzesverstoßes (§ 134 BGB) für nichtig (BGH v. 3.7.2003 - III ZR 348/02, DB 2003, S. 2125). Im Zuge von "Hartz III" ist mit Wirkung ab dem 1.1.2004 eine gesetzliche Klarstellung erfolgt. Gemäß § 9 Nr. 3, 2. Hs AÜG n.F. ist die Vereinbarung einer angemessenen Vergütung zwischen Verleiher und Entleiher für die im Anschluss an die Überlassung erfolgte Vermittlung nicht ausgeschlossen. Mit dieser Regelung wollte der Gesetzgeber der oft anzutreffenden Übernahme von Leiharbeitern, und damit dem Übergang von Verleih in Vermittlung, Rechnung tragen ("Klebeeffekt"). Ob die Höhe der Vergütung angemessen ist, richtet sich nach den Gegebenheiten des Einzelfalls, wie etwa der Dauer der Überlassung oder dem Vermittlungsaufwand. Gesetzgebung und Rechtsprechung machen die Leiharbeit damit "salonfähig".

Praxistipp

Personalgewinnung mittels vorgeschalteter Leiharbeit kann Vorteile bieten, die die Vermittlungsprovision wettmachen. AGG-Risiken bei eigener Rekrutierung können so z.B. vermieden werden. Da die Verleihzeit ab 1.1.2004 nicht mehr begrenzt ist, hat der Entleiher eine Prüfungs-/Beobachtungszeit, die über 6 Monate (§ 1 Abs. 1 KSchG) oder sogar 2 Jahre (§ 14 Abs. 2 TzBfG) hinausgehen kann; meist noch mit (Lohn)Kostenvorteilen. Zudem verringern sich die eigenen Rekrutierungsausgaben und es werden bewährte, bereits eingearbeitete Mitarbeiter in die Stammbelegschaft übernommen (vgl. Stück, AuA 6/05, S. 336).

RA Volker Stück, Stuttgart

Redaktion (allg.)

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