Auch kirchliche Einrichtungen dürfen – manchmal – streiken

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Gewerkschaften dürfen nur nicht zu einem Streik aufrufen, solange eine Religionsgesellschaft ein Arbeitsrechtsregelungsverfahren (Dritter Weg) hat, in das die Gewerkschaft organisatorisch eingebunden ist und dessen Verhandlungsergebnis als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist (BAG, Urt. v. 20.11.2012 – 1 AZR 179/11).

Die Kläger, die Evangelische Kirche sowie mehrere Diakonische Werke und Einrichtungen, verlangten von der beklagten Gewerkschaft ver.di, Aufrufe zu Streiks in diakonischen Einrichtungen zu unterlassen. Diese griffen in ihr grundrechtlich geschütztes kirchliches Selbstbestimmungsrecht ein. Ver.di war dagegen der Ansicht, die verfassungsrechtliche Koalitionsbetätigungsfreiheit gelte auch in kirchlichen Einrichtungen.

Das LAG wies die Klagen ab. Dem schloss sich das BAG an. Eingriffe durch Streik in das kirchliche Selbstbestimmungsrecht aus Art. 140 GG i. V. m. Art. 137 Abs. 3 WRV sind nicht automatisch rechtswidrig. Zwar gehört dazu auch das Recht, die Arbeitsbedingungen von einer paritätisch besetzten Arbeitsrechtlichen Kommission sowie einer Schiedskommission mit einem unparteiischen Vorsitzenden regeln zu lassen (Dritter Weg). Dieses Recht kollidiert jedoch mit der Koalitionsfreiheit der Gewerkschaften in Art. 9 Abs. 3 GG, sofern die Religionsgesellschaft privatrechtliche Arbeitsverhältnisse begründet.

Das BAG wog daher beide Grundrechte gegeneinander ab. Dabei kam es zu dem Ergebnis, dass ein Streik unzulässig ist, solange eine Religionsgesellschaft ein Arbeitsrechtsregelungsverfahren hat, in das die Gewerkschaft organisatorisch eingebunden ist und dessen Verhandlungsergebnis als Mindestarbeitsbedingung verbindlich ist.

Hier dürfen die Kläger jedoch z. T. einseitig zwischen unterschiedlichen Arbeitsrechtsregelungen des Dritten Weges wählen. Daher steht den Gewerkschaften ein Streikrecht zu. Die übrigen Revisionen waren aus allgemeinen verfahrensrechtlichen oder deliktsrechtlichen Gründen zurückzuweisen.

 

Das Buch geht auf die realen Arbeitssituationen, die im Umbruch sind, ein und zeigt sowohl arbeitsrechtliche Herausforderungen als auch erste, bereits in der Unternehmenspraxis umgesetzte Lösungsansätze auf.

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