Diskriminierung Schwerbehinderter bei Bewerbung als Richter

Ein Schwerbehinderter, der sich um ein Richteramt bewirbt und wegen zu schlechter Noten nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen wird, hat Anspruch auf Entschädigung nach AGG, wenn es kein verbindliches Anforderungsprofil gab. Dem steht nicht entgegen, dass er bei benachteiligungsfreier Auswahl die Stelle nicht erhalten hätte (BVerwG, Urt. v. 3.3. 2011 – 5 C 15.10 und 16.10). 

 

Die Klägerin ist schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Sie war zunächst längere Zeit berufstätig, bevor sie Jura studierte. Das Erste und Zweite Staatsexamen legte sie mit „befriedigend“ ab. Im Jahr 2007 bewarb sie sich in Baden-Württemberg und Bayern erfolglos als Richterin. In beiden Ländern wurde sie nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen. Daraufhin klagte sich auf Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG. Die Länder machten geltend, ihre Examensnoten hätten das Anforderungsprofil nicht erfüllt.

 

Die Verwaltungsgerichtshöfe Mannheim und München wiesen die Entschädigungsklage ab. Das Bundesverwaltungsgericht gab ihr statt. Der öffentliche Arbeitgeber muss gemäß § 82 Satz 2 und 3 SGB SGB IX schwerbehinderte Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einladen. Hiervon kann er nur absehen, sofern der Kandidat offensichtlich fachlich ungeeignet ist. Dabei darf er neben einer nachgewiesenen beruflichen Qualifikation nur auf Examensnoten abstellen, wenn er ein bestimmtes Notenniveau vorab und bindend in einem Anforderungsprofil für die Stelle festgelegt hat. Ein solches gab es für Richterstellen im Jahr 2007 weder in Baden-Württemberg noch in Bayern. Folglich handelten die Dienstherren rechtswidrig, als sie die Klägerin nicht einluden. Sie enthielten ihr die gesetzliche Besserstellung vor, was gemäß § 22 AGG eine Benachteiligung aufgrund ihrer Behinderung indiziert. Damit steht der Klägerin eine Entschädigung zu, auch wenn sie im Ergebnis bei benachteiligungsfreier Auswahl die Stelle wegen ihrer Noten nicht erhalten hätte.

 

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