EuGH zu Massenentlassung – Aufhebungsvertrag kann mitzählen

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Es stellt auch eine Entlassung i. S. d. Massenentlassungsrichtlinie (98/59/EG) dar, wenn der Arbeitgeber einen Arbeitsvertrag aufhebt, weil sich der Arbeitnehmer weigert, einer einseitigen erheblichen Änderungen zu seinen Ungunsten zuzustimmen. Solche Aufhebungsverträge sind bei der Berechnung der Mindestzahl von fünf Entlassungen zu berücksichtigen, entschied der EuGH mit Urteil vom 11.11.2015 (C-422/14).

2013 beschäftigte ein spanisches Unternehmen 126 Arbeitnehmer, zwölf davon befristet. Mitte September entließ die Firma zehn Mitarbeiter aus nicht in deren Person liegenden Gründen. Außerdem beendete man weitere 27 Beschäftigtenverhältnisse, z. B. durch Vertragsablauf oder freiwilliges Ausscheiden. Betroffen war auch eine Frau, die einer Vertragsaufhebung zustimmte, nachdem ihr das Unternehmen die Kürzung ihres Festgehalts um 25 % mitgeteilt hatte. Im Nachhinein erkannte die Arbeitgeberin, dass diese Änderung unzulässig war und zahlte der Mitarbeiterin eine Abfindung.
Ein weiterer Betroffener erhob Klage beim nationalen ArbG in Barcelona. Er meinte, es hätte das Verfahren für eine Massenentlassung durchgeführt werden müssen.
Die Massenentlassungsrichtlinie legt nämlich grundsätzlich fest, dass Entlassungen auch Beendigungen des Arbeitsvertrags gleichgestellt sind, die der Arbeitgeber veranlasst und deren Grund nicht in der Person des Arbeitnehmers liegt, sofern es mindestens fünf sind.

Der EuGH erklärte im Vorabentscheidungsverfahren, dass Arbeitnehmer mit befristeten Verträgen i. S. d. RL „in der Regel“ im betreffenden Betrieb beschäftigt sind. Die Mindestzahl von fünf Entlassungen als Voraussetzung einer „Massenentlassung“ bezieht sich nicht auf Beendigungen, die einer Entlassung gleichgestellt sind, sondern nur auf Entlassungen im eigentlichen Sinne. Außerdem liegt eine solche vor, wenn ein Arbeitgeber einseitig und zulasten den Beschäftigten aus nicht in dessen Person liegenden Gründen eine erhebliche Änderung der wesentlichen Vertragsbestandteile vornimmt, der Arbeitnehmer nicht zustimmt und der Vertrag deshalb aufgehoben wird.

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