Massenentlassung: Faktische Diskriminierung in der Elternzeit

Quelle: pixabay.com
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Arbeitnehmer in Elternzeit dürfen nicht vom Anwendungsbereich des Massenentlassungsschutzes ausgenommen werden. Eine entsprechende Ungleichbehandlung verstößt gegen das Grundgesetz, entschied das BVerfG (Beschl. v. 8.6.2016 – 1 BvR 3634/13).

Die Beschwerdeführerin befand sich in Elternzeit. Währenddessen wurde von ihrer Arbeitgeberin allen Arbeitnehmern wegen Einstellung des Geschäftsbetriebs gekündigt. Diese Kündigungen erwiesen sich wegen Verstoßes gegen § 17 Abs. 2 KSchG später komplett als unwirksam. Wegen der Elternzeit der Beschwerdeführerin hatte die Arbeitgeberin eine Zulässigerklärung der zuständigen Landesbehörde einholen müssen und erst anschließend gekündigt.
Die dagegen erhobene Kündigungsschutzklage scheiterte in allen Instanzen. Das BAG erklärte zuletzt, es habe keine anzeigepflichtige Massenentlassung vorgelegen, da die Kündigung der Beschwerdeführerin nicht im Zusammenhang mit den anderen Kündigungen erfolgt sei und nicht in die 30-Tages-Frist des § 17 Abs.1 Satz 1 KSchG falle.

Hiergegen erhob die Beschwerdeführerin Verfassungsbeschwerde wegen Verletzung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes und ihres Grundrechts zum Schutze von Ehe und Familie, da sie allein aufgrund ihrer Elternzeit aus dem Kündigungsschutz der unwirksamen Massenentlassung gefallen sei. Dies stelle auch eine mittelbare/faktische Diskriminierung wegen des Geschlechts dar.

Dem schlossen sich die Karlsruher Richter an. Das BVerfG hob das Revisionsurteil auf und verwies die Sache an das BAG zurück. Dieses hatte den Massenentlassungsschutz auch für Personen in Elternzeit anhand des Zeitpunkts des Kündigungszugangs bestimmt. In bestimmten Fällen folgt daraus aber ein geringeres Schutzniveau für Personen, die besonderen Kündigungsschutz genießen. Für diese müssen solche Kündigungen so behandelt werden wie jene, für die die Regeln des Massenentlassungsschutzes gelten.
Auch eine faktische Benachteiligung wegen des Geschlechts sahen die Verfassungsrichter gegeben, da Frauen bislang Elternzeit in einem deutlich höheren Maß in Anspruch nehmen

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