70 Jahre AuA!
70 Jahre ist für eine Fachzeitschrift ein respektables Alter. Das ist ganz bestimmt ein guter Grund zum Feiern – sowohl für diejenigen, die diese Zeitschrift machen, als auch für ihre treuen Leser, ohne die es in diesen Tagen unter dieser Überschrift ja nichts zu feiern gäbe.
Über sieben Jahrzehnte hat sich diese Publikation auf ganz erstaunliche Weise über stürmische Zeiten behauptet. Das sind auch die Jahrzehnte seit 1946, als der Grundstein für den so erfolgreichen Weg der AuA gelegt worden ist. Dieses Jubiläum soll willkommener Anlass sein, wieder einmal ganz sachlich zurück zu schauen.
Der Anfang
Der Weg der Zeitschrift von 1946 bis heute ist eingebettet in eine Zeit mehrerer einschneidender historischer Umbrüche, in der auf deutschem Boden große Anstrengungen unternommen wurden, die verheerenden Folgen des faschistischen Krieges beiseitezuräumen und ökonomischen Wiederaufbau zu gewährleisten. Das musste in Ostdeutschland ohne Marshallplan-Hilfe bewerkstelligt werden. AuA war und ist im wahrsten Sinne des Wortes „ein Kind ihrer Zeit“, denn am 1. März 1946 erschien die erste Ausgabe der Zeitschrift „Arbeit und Sozialfürsorge“, der Vorgängerin von „Arbeit und Arbeitsrecht“. Gegründet nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges als amtliches Organ der Sowjetischen Militäradministration in der Sowjetischen Besatzungszone, hat sie sich dann in der 1949 gegründeten DDR zu der regelmäßig erscheinenden maßgebenden Publikation auf dem Gebiet des Arbeitsrechts entwickelt. Ab 1960 trug sie den Untertitel „Zeitschrift für alle Fragen der sozialistischen Arbeit und der sozialen Fürsorge“ und erschien fortan im Verlag „Die Wirtschaft“. 1962 wurde sie mit der Zeitschrift „Arbeitsrecht“ zusammengelegt, was u. a. dazu führte, dass diese 1963 den noch heute geführten Titel „Arbeit und Arbeitsrecht“ erhielt, damals noch mit dem Untertitel „Zeitschrift für sozialistische Arbeit und Arbeitsrecht“. Sie war seitdem in allen Betrieben, Verwaltungs- und Bildungseinrichtungen der DDR bekannt.
Waren in den ersten Ausgaben vor allem Befehle des Obersten Chefs der Sowjetischen Militärverwaltung in Deutschland, Abdrucke von Gesetzen sowie Beiträge zur Kriegsgefangenen- und -beschädigtenproblematik zu finden, kamen schnell Themen wie Arbeitsschutz und Arbeitsvermittlung auf. Ende der Fünfzigerjahre waren Arbeitsproduktivität, Arbeitskräftepolitik und Siebenjahrespläne inhaltliche Schwerpunkte, Ende der Siebzigerjahre u. a. das neue Arbeitsgesetzbuch der DDR und die wissenschaftliche Arbeitsorganisation. Auch erste arbeitsrechtliche Fragen wurden behandelt, bspw. zur Schriftform als Wirksamkeitsvoraussetzung, Ablehnung von Urlaubsanträgen, gewerkschaftlichen Prozessvertretung oder Pfändung von Arbeitseinkünften – natürlich auch politische Beiträge, wie zu den Ursachen der Massenarbeitslosigkeit im Kapitalismus.
100.000 Exemplare monatlich!
1988/1989 ist AuA allmonatlich in einer Auflage von nahezu 100.000 Exemplaren erschienen – für das kleine Land eine kaum nachvollziehbare Dimension für eine juristische Fachzeitschrift! Noch dazu, da seinerzeit wegen chronischen Papiermangels um jede zusätzlichen hundert Exemplare regelrecht gekämpft werden musste. Mehr als vier Jahrzehnte hat „Arbeit und Arbeitsrecht“ bis 1989/90 den Weg von Arbeit und Recht in Ostdeutschland begleitet. Die Zeitschrift spiegelte Fakten und Abläufe dieser Zeit mit allen durchlebten Brüchen und Umbrüchen. Sie bildete – auf Arbeit, Recht und Arbeitsrecht bezogen – den Weg der realsozialistischen Gesellschaftsentwicklung im Osten Deutschlands ab.
Redaktion und Autoren wollten dazu beitragen, neue Arbeitsbedingungen und soziale Sicherheit für die arbeitenden Menschen auf der Grundlage neuer Eigentumsverhältnisse an den wichtigsten Produktionsmitteln durchzusetzen. Sie haben das Zustandekommen neuer arbeits- und sozialrechtlicher Gesetze und Verordnungen in der DDR vorbereitet, kommentiert und deren Umsetzung in der betrieblichen Praxis begleitet:
Vom „Gesetz der Arbeit“ 1950, über das „Gesetzbuch der Arbeit“ (GBA), bis zum „Arbeitsgesetzbuch der DDR“ (AGB) 1977. Sicherung des Rechts auf Arbeit, Abschluss, Änderung und Auflösung von Arbeitsverträgen, Lohn und Prämie, Plan und Wettbewerb, Mitwirkung an der Leitung des Betriebes, soziale Sicherheit und Förderung der Frauen und Mütter – das waren zentrale Themenkomplexe der arbeitsrechtlichen Publikation.
Für die mehr als 200.000 Mitglieder der Konfliktkommissionen, die einen Großteil der Arbeitsrechtsprechungen der DDR bewältigt haben, war AuA ein wichtiges Arbeitsmittel. Immer ging es darum, wie auch mit den Mitteln des Arbeitsrechts der Kampf um weitere Leistungssteigerungen unterstützt werden konnte. Zugleich spiegelten sich in der Zeitschrift wie in einem Prisma aber nicht nur die erreichten Erfolge beim wirtschaftlichen Neuaufbau, sondern auch all die durchlaufenen und durchlittenen Probleme, Widersprüche und Schwierigkeiten im Arbeits- und Wirtschaftsleben in Ostdeutschland unter den Bedingungen des Kalten Krieges zwischen Ost und West.
Trotz aller Anstrengungen in den Betrieben konnte der wirtschaftliche Niedergang nicht aufgehalten werden. Ende der 1980er Jahre ist das realsozialistische Wirtschaftssystem gescheitert.
Gesamtdeutscher Neuanfang
„Arbeit und Arbeitsrecht“ hat viel Kraft darauf verwandt, nicht mit in den Strudel der von der Treuhandanstalt bewerkstelligten Demontage der ostdeutschen Wirtschaft nach 1990 hineingerissen zu werden. Im Gegenteil.
Die Zeitschrift wollte daran mitwirken, die heraufziehenden Zerfallsprozesse aufzuhalten bzw. zumindest für viele Werktätige, die sich nunmehr als Arbeitnehmer auf dem gesamtdeutschen Arbeitsmarkt behaupten mussten, in möglichst erträgliche Bahnen zu lenken.
Im Zuge der deutschen Wiedervereinigung wurde „Arbeit und Arbeitsrecht“ ab Heft 7/90 von den Verlagen „Die Wirtschaft“ (1990 in eine GmbH umgewandelt, deren Anteilseignerin zu 100 % die Treuhandanstalt war) und C. H. Beck gemeinsam herausgegeben. Erstmals arbeiteten Verlage aus Ost und West auf dem Gebiet des Arbeitsrechts zusammen. Von Juli bis Dezember 1990 erschien die Zeitschrift mit dem Untertitel „Monatsschrift für die betriebliche Praxis“. 1991 gründeten die beiden Verlage das gemeinsame Unternehmen Arbeit und Arbeitsrecht–AuA GmbH.
Im September 1991 übernahm der Münchner Verleger Wolfgang Huss von der Treuhandanstalt den „ReWi Verlag für Recht und Wirtschaft“ (ehemals Staatsverlag der DDR), den Verlag „Die Wirtschaft“, den „Verlag für Bauwesen“ sowie den „Verlag Technik“. 1996 erschien „Arbeit und Arbeitsrecht“ nun im Verlag „Die Wirtschaft GmbH“.
Seit 1998 unterstützt die Redaktion auf Initiative von Wolfgang Hromadka und Rainer Sieg ein publizistischer Beirat, der sich aus Unternehmenspraktikern, Wissenschaftlern, Bundesrichtern und Vertretern des Bundesarbeitsministeriums zusammensetzt. Der Verlag „Die Wirtschaft“ wird 1998 mit der neu entstandenen HUSS-Medien GmbH verschmolzen, in der die „Arbeit und Arbeitsrecht“ fortan ein neues Zuhause findet.
2003 ging die Zeitschrift „Personal-Profi“ in „Arbeit und Arbeitsrecht“ auf. Im Rahmen dieser Zusammenlegung erhielt die AuA nicht nur ihren Magazin-Charakter; vielmehr vollzog sich dadurch nach außen deutlich erkennbar ein weiterer Wandel: AuA wird endgültig zur Arbeitgeberzeitschrift! Diese in den 90er-Jahren bereits eingeleitete Entwicklung führte nun zu einer konsequenten inhaltlichen Neuausrichtung.
Für Verlag und Redaktion ein Wagnis mit der bangen Frage: Schaffen wir das? Die wohlwollende Unterstützung durch die alteingesessenen westdeutschen Verlage war längst einer Konkurrenzsituation gewichen, und es galt, die anfängliche Sonderstellung auf dem gesamtdeutschen Markt zu verteidigen. AuA musste besser sein als andere Fachpublikationen, um zu reüssieren. Dies ist durch den konsequenten Fokus auf den praktischen Lesernutzen gelungen. Das blieb fortan unser Antrieb.
Mehrwert steht von Anfang an im Mittelpunkt
Der Service-Gedanke für die Leser wurde bereits in den Fünfziger-Jahren großgeschrieben, als eine Arbeitsrechtskartei mit Karten zum Sammeln entwickelt wurde. Die Karten enthielten neben Auszügen aus arbeitsrechtlichen Entscheidungen die Erläuterung wichtiger Begriffe sowie Hinweise zu allen relevanten Themen und zu Literatur. Ende der Neunzigerjahre kam ein Faxabruf-Service hinzu.
Eine begleitende Buchreihe startete 1986 mit der ersten Auflage von Prof. Dr. Dr. h.c. Rolf Lieberwirths „Latein im Recht“. 2003 übernahm die HUSS-MEDIEN GmbH vom Verlag C. H. Beck das Jahres-Handbuch Personal von Dr. Dieter Straub (Hrsg.).
Bei den ersten Sonderausgaben – einer Synopse zum neuen Betriebsverfassungsrecht 2001 und eine Erläuterung der Agenda 2010 – galt es, besonders schnell am Markt zu sein und so einen Vorteil gegenüber den großen juristischen Fachverlagen zu haben. Das ist Redaktion und Autoren in nächtelanger Arbeit gelungen, was zum wirtschaftlichen Erfolg der Titel führte und die Sonderausgaben schließlich zum festen Bestandteil des Abonnements werden ließen.
Vor zehn Jahren hat das AuA-Team zusammen mit der Gesellschaft für Marketing und Service der Deutschen Arbeitgeber den „Kongress Arbeitsrecht“ in Berlin gestartet, der unter der Schirmherrschaft des Arbeitgeberpräsidenten steht und sich seither zu einer der wichtigsten Veranstaltungen dieser Art entwickelt hat. Ebenso haben sich die AuA-Webinare als eine moderne, neue Form der Wissensvermittlung etabliert.
Einen weiteren Mehrwert bietet die AuA in der digitalen Welt mit Informationen auf der AuA-Website, in Newslettern, auf Twitter, Facebook, Youtube, Xing und Google+, der AuA-Magazin-App sowie in den Fachdatenbanken Genios und juris. Mit der Arbeitsrecht-kommentiert-App haben unsere Leser jederzeit schnellen Zugang zu über 1.100 für die Praxis kommentierte arbeitsrechtliche Entscheidungen der AuA.
Die Gestalter und Begleiter
Um ein Schiff erfolgreich durch so stürmische Zeiten zu navigieren, wie die AuA sie erlebt hat, braucht man gestandene Kapitäne und eine hervorragende Crew. Die Zeitschrift hatte das Glück, zur rechten Zeit immer das richtige Team an Bord zu haben und konnte sich auf die Unterstützung honoriger Wegbegleiter stets verlassen. Das gilt bis heute. Erster verantwortlicher Redakteur der Zeitschrift Arbeit und Sozialfürsorge war der KPD/SED- Politiker und Widerstandskämpfer gegen das NS-Regime Harry Kuhn. Ihm folgten Walter Hoffmann, M. P. Liebrandt, Emil Kortmann und Manfred Böttcher. Hans Löhn war der erste Chefredakteur von Arbeit und Arbeitsrecht. Brigitte Udke übernahm das Amt von ihm für unglaubliche dreißig Jahre und führte die Zeitschrift durch die sehr bewegten Wendezeiten. Ihre Nachfolger wurden Kristina Hornung und Volker Hassel.
Dem von Brigitte Udke in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Dr. h.c. Wolfgang Hromadka (Universität Passau) und Prof. Dr. Rainer Sieg (Siemens) ins Leben gerufenenen Publizistischen Beirat gehören neben diesen beiden seit Anfang an bis jetzt noch Michael Aust (Bertelsmann) und Holger Kranzusch (Deutsche Telekom) an. Mitglieder sind und waren immer insbesondere Unternehmensvertreter, Mitarbeiter im Bundesarbeitsministerium und Richter am BAG (Dr. Klaus Armbrüster, Dr. Rudi Müller-Glöge, Prof. Dr. Friedhelm Rost und Prof. Dr. Anja Schlewing).
Ein Ausblick
Die Verlagswelt verändert sich in rasantem Tempo. Die Digitalisierung ist als Schlagwort in aller Munde, auch wenn es nur wenigen Häusern gelingt, sie profitabel für sich zu nutzen. Wer sich als Verlag der Vermittlung von Wissen, Informationen und Nutzwert verschrieben hat und die Haptik von Druckwerken liebt, muss in der heutigen Zeit die gewohnten traditionellen Pfade schneller verlassen als ihm vielleicht lieb ist, um künftig marktfähig zu bleiben. Die disruptive Innovation lauert an jeder Ecke. Stürmische Zeiten stehen bevor, um Ihnen liebe Leserinnen und Leser, die gewünschten Informationen zur rechten Zeit, am rechten Ort und in der rechten Art und Weise zugänglich zu machen. Wir von AuA bleiben da gelassen – wir haben in den letzten 70 Jahren mehr als bewiesen, dass wir das können. In diesem Sinne, seien Sie gespannt und bleiben Sie uns gewogen.
Dieser Text entstand in Zusammenarbeit mit Brigitte Udke, Dipl. Juristin, die seit 1969 Redakteurin und von 1970 bis 2000 Chefredakteurin der Zeitschrift „Arbeit und Arbeitsrecht“ war.
Das Team von Arbeit und Arbeitsrecht im Jubiläumsjahr
(v.l.n.r.): Holger Putz, Kristina Hornung, Andreas Krabel, Simone Ritter, Stephan Köhn, Angela Maly, Volker Hassel