Eine als Verladerin im Paketzentrum beschäftigte Mitarbeiterin fehlte seit dem Jahr 2014 ungewöhnlich häufig an jeweils zwischen 40 und 80 Arbeitstagen jährlich. Lediglich im Jahr 2019 war sie nur an 23 Arbeitstagen erkrankt. Eine ärztliche Eignungsuntersuchung ergab jedoch, dass keine gesundheitlichen Bedenken bestehen und die Mitarbeiterin vollständig einsatzfähig ist. Im Rahmen eines BEM–Gesprächs erklärte sie, es gebe keine arbeitsplatzbezogenen Ursachen für ihre Erkrankungen, der Arbeitgeber könne nichts veranlassen, um zukünftige krankheitsbedingte Ausfälle zu verhindern. Nachdem die Arbeitnehmerin im Jahr 2020 erneut an 45 Arbeitstagen krankheitsbedingt fehlte, kündigte das Unternehmen ordentlich. Die gegen die Kündigung erhobene Klage war erfolgreich.
Die Klägerin hatte vorgetragen, dass die Krankheitszeiten auf völlig unterschiedlichen Ursachen beruhten (grippale Infekte, Bronchitis, Schulter- und Rückenbeschwerden, operative Behandlung eines Fersensporns, Schulterarmsyndrom, weitere Operationen). Aus den häufigen Fehlzeiten ergebe sich somit keine negative Zukunftsprognose.
Das LAG Köln (Urt. v. 1.9.2022 – 8 Sa 393/21) prüfte die Kündigung entsprechend der Rechtsprechung des BAG in drei Stufen.
- Für die erste Stufe ist maßgeblich, dass in drei Jahren in Folge jeweils krankheitsbedingte Fehlzeiten von mehr als 30 Arbeitstagen auftreten.
- In einer zweiten Stufe sind Betriebsablaufstörungen und wirtschaftliche Belastungen, etwa durch die Entgeltfortzahlungskosten, zu prüfen und schließlich ist
- in einer dritten Stufe eine Interessenabwägung vorzunehmen.
Im konkreten Fall waren nicht alle Ausfallzeiten der Klägerin prognoserelevant. Fehlzeiten, die auf einem einmaligen Ereignis beruhen, und sonstige offenkundig einmalige Gesundheitsschäden können eine Prognose für eine weitere Krankheitsanfälligkeit nicht begründen. Nachdem die Klägerin vorgetragen hatte, dass im Jahr vor Ausspruch der Kündigung zwei Operationen an den Füßen erforderlich waren und die Nachbehandlung erfolgreich verlaufen ist, kam das LAG Köln lediglich auf prognoserelevante Fehlzeiten von 27 Arbeitstagen. Es könne somit keine Aussage abgeleitet werden, dass auch in den Folgejahren Ausfälle in höherem Ausmaß auftreten würden.
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