Ein Unternehmen kündigte durch Aushang am 25.6.2020 gegenüber der Belegschaft an, den Betrieb zum 30.4.2022 stillzulegen. Es teilte mit, dass darüber ein Interessenausgleich und ein Sozialplan verhandelt werde. Dieser kam am 22.3.2021 zustande. Der Sozialplan sieht einen Ausschluss für Arbeitnehmer vor, die vor dem Stichtag 22.3.2021 eine Eigenkündigung ausgesprochen haben. Ein Mitarbeiter, der sein Arbeitsverhältnis durch Eigenkündigung am 27.11.2020 zum 31.3.2021 gekündigt hatte, klagte dennoch auf Zahlung einer Abfindung in Höhe von 29.000 Euro. Die Klage hatte keinen Erfolg.
Der Kläger fiel nicht in den Geltungsbereich des Sozialplans, denn er hatte sein Arbeitsverhältnis vorzeitig gekündigt und war daher auch nicht mehr durch die Betriebsschließung betroffen. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz liegt in der Stichtagsregelung nicht. Diese ist sachgerecht und angemessen. Sinn und Zweck eines Sozialplans ist nach der Rechtsprechung des BAG in erster Linie eine zukunftsbezogene Überbrückungsfunktion. Nachdem der Kläger ein neues Arbeitsverhältnis begründet hatte, bedurfte es einer Überbrückung unter diesen Umständen nicht. Soweit er geltend machte, dass die wirtschaftlichen Konditionen bei seinem neuen Arbeitgeber schlechter sind als bei der Beklagten, überzeugte diese Argumentation die Richter nicht. Denn der Kläger habe sich seinen neuen Arbeitgeber selbst ausgesucht. Bei der gebotenen typisierenden Betrachtung durften die Betriebsparteien davon ausgehen, dass Arbeitnehmern, die ihr Arbeitsverhältnis vor Abschluss des Sozialplans selbst kündigen, durch die geplante Betriebsänderung keine oder sehr viel geringere wirtschaftliche Nachteile drohen als anderen. Gründe für die Zulassung der Revision bestanden nicht, denn das Gericht hat sich an die oberstgerichtliche Rechtsprechung gehalten (Sächsisches LAG, Urt. v. 24.3.2023, Az. 4 Sa 75/22).
Dr. Claudia Rid

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Zusammenspiel von Interessenausgleich und Sozialplan
Im Falle des Tatbestands einer Betriebsänderung nach § 111 BetrVG hat der Arbeitgeber den
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