Vor dem LAG Baden-Württemberg stritten die Parteien über die Abgeltung von Urlaubsansprüchen aus dem Jahr 2019. Die Klägerin war seit dem 21.3.2019 dauerhaft erkrankt. Das Arbeitsverhältnis endete aufgrund Eigenkündigung zum 19.4.2021. Die Arbeitgeberin hatte zu Beginn des Urlaubsjahres 2019 nicht darauf hingewiesen, dass der Jahresurlaub einzubringen ist. In dem Unternehmen wurden regelmäßig zu Beginn der großen Sommerferien drei Wochen Betriebsferien angeordnet. Auch darauf hatte die Arbeitgeberin nicht hingewiesen.
Das Gericht gab der Klage auf Abgeltung des Jahresurlaubs 2019 statt. Nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist Urlaub abzugelten, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann. Ist der Arbeitnehmer infolge krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit daran gehindert, seinen Urlaub bis zum Ende des Urlaubsjahres zu nehmen, kann der Anspruch bei fortdauernder Arbeitsunfähigkeit mit Ablauf des 31. März des zweiten Folgejahres (15 Monate nach Beendigung des Urlaubsjahres) untergehen. Dies ist allerdings nur dann der Fall, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer rechtzeitig in die Lage versetzt hat, seinen Urlaubsanspruch auszuüben. Dazu muss er den Arbeitnehmer erforderlichenfalls förmlich auffordern, seinen Urlaub zu nehmen und ihm klar und rechtzeitig mitteilen, dass der Urlaub verfällt, wenn er ihn nicht nimmt. Bei einer früh im Urlaubsjahr eintretenden Erkrankung kann es tatsächlich unmöglich sein, den Arbeitnehmer rechtzeitig in die Lage zu versetzen, seinen Urlaub zu nehmen. Im entschiedenen Fall hätte der Arbeitgeber den Arbeitnehmer jedoch unverzüglich nach Entstehung des Urlaubsanspruchs am 1.1.2019 darauf hinweisen können, dass er seinen Urlaub nehmen muss und er anderenfalls verfällt. Da die Erkrankung erst am 21.3.2019 eingetreten war, hätte die Klägerin ihren Anspruch von 30 Urlaubstagen noch rechtzeitig ausüben können. Steht bereits zu Beginn des Urlaubsjahres fest, dass ab dem Montag nach Beginn der Sommerferien Betriebsferien durchgeführt werden, umfasst die Mitwirkungsobliegenheit des Arbeitgebers nach Auffassung des Gerichts auch den Hinweis darauf. Nur dann kann ein Arbeitnehmer überblicken, wie viele Urlaubstage ihm überhaupt zur freien Verfügbarkeit zustehen. Um das Erlöschen des Urlaubsanspruchs wegen Ablaufs des 15-monatigen Übertragungszeitraums bei Erkrankung zu bewirken, muss der Arbeitgeber daher im Rahmen seiner Mitwirkungsobliegenheit auch darauf hinweisen, dass Betriebsferien geplant sind. Wenn der betroffene Mitarbeiter sich gegen diese Festsetzung nicht wirksam wendet, kann davon ausgegangen werden, dass er in diesem Umfang seinen Urlaubsanspruch nicht bereits vor der Erkrankung hätte geltend machen wollen. Das Gericht ließ die Revision für die Beklagte zu (LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 11.10.2023 – 10Sa23/23).
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