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Ergänzende Vertragsauslegung einer Bezugnahmeklausel

Ergänzende Vertragsauslegung einer Bezugnahmeklausel

Eine Bezugnahmeklausel im Arbeitsvertrag, die auf den „Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT) in der jeweils gültigen Fassung“ verweist, ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend auszulegen, dass dies auch Tarifverträge einschließt, die den BAT ersetzen, und zwar diejenigen, die bei einer Tätigkeit im öffentlichen Dienst gelten würden (BAG, Urt. v. 19.5.2010 – 4 AZR 796/08). 

Der Kläger ist bei der nicht tarifgebundenen Beklagten angestellt. Der Arbeitsvertrag verweist auf die Bestimmungen des jeweils gültigen BAT, nicht jedoch auf Tarifverträge, die diesen ersetzen. Die Beklagte wendet auch nach dem Inkrafttreten des Tarifvertrags für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L) weiterhin die Bestimmungen des BAT an. Der Kläger war der Ansicht, auf sein Arbeitsverhältnis finde der TV-L Anwendung.

 

Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich. Die Bezugnahmeklausel ist lediglich zeitdynamisch ausgestaltet, erfasst aber nicht die Nachfolgetarifverträge des BAT. Sie lässt jedoch darauf schließen, dass die Parteien das Arbeitverhältnis dynamisch an der Tarifentwicklung des öffentlichen Dienstes ausrichten wollten. Damit entspricht die statische Weitergeltung des BAT mit seinen Normen aus dem Jahr 2003 nicht dem Sinn und Zweck der Bezugnahme und den Interessen der Parteien. Die Klausel ist daher mit Inkrafttreten des TV-L lückenhaft geworden. Im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ist davon auszugehen, dass nach dem Willen der Parteien auch Tarifregelungen, die den BAT ersetzen, Anwendung finden sollten. Das ist hier der TV-L, da die Arbeitgeberin in Hamburg sitzt und keinen Grund hat, sich am Tarifrecht des Bundes oder der Kommunen zu orientieren.

Redaktion (allg.)