Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen
Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen
Bei der Insolvenzanfechtung von Lohnzahlungen nach § 130 Abs. 1 InsO reicht es für die positive Kenntnis des Arbeitnehmers von der Zahlungsunfähigkeit des Arbeitgebers nicht aus, wenn er weiß, dass dieser nicht nur mit der Zahlung seines eigenen Gehalts, sondern auch der Gehälter eines Großteils der Belegschaft mehrere Monate im Rückstand war (BAG, Urt. v. 6.10.2011 – 6 AZR 262/10). Der Beklagte ist Insolvenzverwalter der Schuldnerin. Diese hatte im Juli 2007 Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt, was zwei Monate später auch geschah. Der Kläger war bei der Schuldnerin als handwerklicher Betriebsleiter angestellt. Seit 2006 traten Unregelmäßigkeiten bei den Lohn- und Gehaltszahlungen auf. Anfang Mai 2007 ging beim Kläger ein Teil seines Januar-Gehalts ein. Drei Tage später kamen der Rest und sein Februar-Gehalt. Weitere drei Tage später folgte das März-Gehalt. Der Beklagte focht Anfang Oktober 2007 die Zahlungen an und verlangte vom Kläger, sie an die Insolvenzmasse zurückzuzahlen. Dieser erhob Feststellungsklage, dass er die Gehälter nicht zu erstatten braucht.
Die Klage war in allen Instanzen erfolgreich. Die Gehaltszahlungen im Mai für Januar, Februar und März waren als Bargeschäft i. S. v. § 142 InsO nicht nach § 130 Abs. 1 InsO anfechtbar, weil sie in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Gegenleistung standen. Eine Anfechtung nach § 133 Abs. 1 InsO verneinte das Gericht ebenfalls. Der Beklagte hatte keine Tatsachen vorgetragen, aus denen sich schließen ließ, dass der Kläger positive Kenntnis von der Zahlungsunfähigkeit der Schuldnerin hatte. Die Kenntnis der Gehaltsrückstände bei sich selbst sowie einem Großteil der Belegschaft seit mehreren Monaten reichte hierfür nicht aus. Da dem Kläger keine Leitungsaufgaben im kaufmännischen Bereich oblagen und Material noch auf Rechnung geliefert worden war, konnte er sich allein daraus noch kein eindeutiges Urteil über die Liquiditäts- und Zahlungslage der Schuldnerin machen. Auch die Kenntnis von einer drohenden Zahlungsunfähigkeit verneinte das Gericht.
