Direkt zum Inhalt

Whistleblowing kann zu Kündigung führen

©PIXELIO/Rike

Whistleblowing kann zu Kündigung führen

Zeigt ein Arbeitnehmer den Arbeitgeber bei einer Behörde an, ohne vorher eine Klärung versucht zu haben, so kann das Arbeitsverhältnis gerichtlich nach § 9 KSchG gegen Zahlung einer Abfindung aufzulösen sein (LAG Schleswig-Holstein, Urt. v. 20.3.2012 – 2 Sa 331/10).

Der Kläger war als Vertriebsingenieur bei der Beklagten tätig. 2009 war er einige Monate arbeitsunfähig erkrankt. Nach seiner Genesung war er in Kurzarbeit Null tätig. Der Kläger hatte diesbezüglich im November 2009 gegenüber der Bundesagentur für Arbeit geäußert, er werde durch die Arbeitgeberin mit Kurzarbeit gestraft, da er einer Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht zugestimmt habe. 2011 kündigte ihm die Beklagte, da zwei eng mit dem Kläger zusammenarbeitende Kollegen aus dem Vertrieb gedroht hätten, bei einer Weiterbeschäftigung des Klägers selbst zu kündigen. Die dagegen gerichtete Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht hatte Erfolg, da die Beklagte konkrete Maßnahmen hätte ergreifen müssen, um die Drucksituation zu beseitigen.


Vor dem LAG Schleswig-Holstein beantragte die Beklagte jedoch, das Arbeitsverhältnis wegen der Anzeige bei der Bundesagentur für Arbeit nach §§ 9, 10 KSchG aufzulösen. Das LAG gab dem Auflösungsantrag statt. Der Kläger hätte zunächst eine Klärung mit der Beklagten im Unternehmen versuchen müssen. Eine gedeihliche weitere Zusammenarbeit sei in diesem Fall aber nicht zu erwarten, wenn der sog. Whistleblower sofort eine Anzeige erstatte. Es sei außerdem nicht notwendig gewesen, dass die Strafanzeige an die Staatsanwaltschaft gerichtet sei. Vielmehr reiche es aus, wenn die Anzeige zu Ermittlungen gegen den Arbeitgeber führe.
 
Der EGMR hatte hingegen zuletzt entschieden, dass die fristlose Kündigung einer Mitarbeiterin, die Missstände gegen eine Klinik publik machte, gegen die Menschenrechtskonvention (EMRK) verstößt.

Redaktion (allg.)