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Betriebsratsanhörung

© PIXELIO/Uwe Steinbrich

Betriebsratsanhörung

Nimmt der Betriebsratsvorsitzende nicht an der Betriebsräteversammlung teil, bei der die Arbeitgeberin die Anhörungen für geplante Kündigungen übergeben will, ist er i. S. v. § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG verhindert, so dass sein Stellvertreter befugt ist, die Anhörung entgegenzunehmen (BAG, Urt. v. 7.7.2011 – 6 AZR 248/10). 

Die Klägerin war Verkäuferin in einem von 47 Modefachgeschäften der Beklagten in Leipzig. Im November 2008 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und die Eigenverwaltung der Insolvenzmasse unter Aufsicht eines Sachwalters angeordnet. Die Beklagte wollte 24 Filialen schließen. Der Vorsitzende des Gesamtbetriebsrats lud daher in Abstimmung mit der Beklagten die Betriebsratsvorsitzenden der Filialen und ihre Stellvertreter zu einer Betriebsräteversammlung am 17.11.2008 ein. Auf der Tagesordnung standen u. a. Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen sowie die Übergabe der Anhörungen zu den geplanten Kündigungen durch die Beklagte. Bei der Betriebsräteversammlung einigten sich Gesamtbetriebsrat und Beklagte dann mit Zustimmung des Sachwalters auf einen Interessenausgleich. Dieser sah vor, die Filiale in Leipzig zu schließen. Er führte außerdem namentlich die Angestellten auf, die entlassen werden sollten. Da der Betriebsratsvorsitzende der Filiale Leipzig nicht anwesend war, übergab die Beklagte das Anhörungsschreiben zur Kündigung der Klägerin seiner Stellvertreterin. Drei Tage später zeigte sie die Massenentlassung an und fügte den Interessenausgleich bei. Nach Eingang des Bescheids der Agentur für Arbeit kündigte sie der Klägerin am 26.11.2008 ordentlich. Diese hielt die Kündigung für unwirksam: Zum einen hätte die Beklagte das Anhörungsschreiben dem Betriebsratsvorsitzenden übergeben müssen. Zum anderen fehle bei der Massenentlassung eine Stellungnahme des örtlichen Betriebsrats der Filiale Leipzig.

 

Die Kündigungsschutzklage war in allen Instanzen erfolglos. Da der Betriebsratsvorsitzende der Filiale Leipzig an der Versammlung nicht teilnahm, durfte seine Stellvertreterin gemäß § 26 Abs. 2 Satz 2 BetrVG das Anhörungsschreiben in Empfang nehmen. Damit ging es am 17.11.2008 zu, so dass die Beklagte die Wochenfrist, innerhalb derer der Betriebsrat Bedenken gemäß § 102 Abs. 2 Satz 1 BetrVG äußern kann, eingehalten hat.

Einer Stellungnahme des örtlichen Betriebsrats der Filiale Leipzig bedurfte es bei der Massenentlassungsanzeige nicht. Ein Insolvenzverfahren mit Eigenverwaltung folgt gemäß § 270 Abs. 1 Satz 2 InsO grundsätzlich den gleichen Bestimmungen wie ein Regelinsolvenzverfahren. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 BetrVG durfte der Gesamtbetriebsrat den betriebsübergreifenden Interessenausgleich mit Namensliste abschließen. Dieser ersetzt gemäß § 125 Abs. 2 InsO die Stellungnahme des Betriebsrats nach § 17 Abs. 3 Satz 2 KSchG.

Redaktion (allg.)