BVerfG kassiert teilweise Abzugsverbot für Arbeitszimmer

Die Neuregelung in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG, wonach Berufstätige seit 2007 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch abziehen können, wenn es den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet, ist teilweise verfassungswidrig (BVerfG, Beschl. v. 6.7.2010 – 2 BvL 13/09). 

Der Kläger ist als Hauptschullehrer tätig. Der Schulträger hat es abgelehnt, ihm in der Schule einen Arbeitplatz zur Verfügung zu stellen. Der Kläger unterhält deshalb zuhause ein Arbeitszimmer. Das Finanzamt ließ die hierfür geltend gemachten Aufwendungen nach § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG unberücksichtigt. Danach können Berufstätige seit dem Steueränderungsgesetz 2007 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nur noch abziehen, wenn es den Mittelpunkt ihrer gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet. Der Lehrer klagte vor dem Finanzgericht. Dieses rief das Bundesverfassungsgericht an.

 

Die Karlsruher Richter entschieden, dass die fehlende Abzugsmöglichkeit in Fällen, in denen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht, gegen den allgemeinen Gleichheitssatz verstößt. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG ist insoweit verfassungswidrig. Das Gericht verpflichtete den Gesetzgeber, die Vorschrift rückwirkend zum 1.1.2007 entsprechend anzupassen. Bis dahin ist sie in diesen Fällen nicht mehr anzuwenden. Laufende Verfahren sind auszusetzen.

Grundsätzlich sind alle betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten von der Bemessungsgrundlage abziehbar. Ausnahmen hiervon bedürfen eines besonderen sachlichen Grundes, um den Gleichheitsgrundsatz zu wahren. Das hier vorgebrachte Ziel des Gesetzgebers, die Einnahmen zu steigern, genügt nicht. Dieses lässt sich auch durch eine willkürliche steuerliche Mehrbelastung erreichen.

Dass kein anderweitiger Arbeitsplatz vorhanden ist, kann der Steuerpflichtige außerdem einfach durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers nachweisen. Damit ist auch eine typisierende Abgrenzung von Erwerbs- und Privatsphäre nicht notwendig.

Steht dem Steuerpflichtigen allerdings ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung, verstößt es nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz, dass er das häusliche Arbeitszimmer nicht absetzen darf, selbst wenn er es zu mehr als 50 % beruflich nutzt. Allein der Umfang der Nutzung sagt dann nämlich kaum etwas darüber aus, ob das Arbeitzimmer tatsächlich notwendig ist. Darüber hinaus lassen sich die zeitlichen Angaben nicht ohne Weiters anhand von objektiven Anhaltspunkten überprüfen.

 

#ArbeitsRechtKurios: Amüsante Fälle aus der Rechtsprechung deutscher Gerichte - in Zusammenarbeit mit dem renommierten Karikaturisten Thomas Plaßmann (Frankfurter Rundschau, NRZ, Berliner Zeitung, Spiegel Online, AuA).

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