Frankfurt muss schwerbehindertem Bewerber Entschädigung zahlen

Quelle: pixabay.com
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Wird ein schwerbehinderter Bewerber trotz offensichtlicher fachlicher Eignung nicht zum Vorstellungsgespräch eingeladen, steht ihm ein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. AGG zu. Das galt nach einem Urteil des BAG vom 11.8.2016 (8 AZR 375/15) auch für einen Kandidaten in Hessen.

Mitte 2013 wurde von der beklagten Stadt Frankfurt am Main die Stelle eines „Techn. Angestellte/n für die Leitung des Sachgebiets Betriebstechnik“ ausgeschrieben. Der Text enthielt u. a. folgende Passage: „Wir erwarten: Dipl.- Ing. (FH) oder staatl. Gepr. Techniker/in oder Meister/in im Gewerk Heizungs-/Sanitär-/Elektrotechnik oder vergleichbare Qualifikation“. Hierauf bewarb sich ein mit einem Grad der Behinderung von 50 schwerbehinderter ausgebildeter Zentralheizungs- und Lüftungsbauer, der zugleich staatlich geprüfter Umweltschutztechniker im Fachbereich „Alternative Energien“ ist. Zu einem Vorstellungsgespräch wurde er von der Stadt nicht eingeladen. Deshalb verlangte er die Zahlung einer Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG mit der Begründung, man habe ihn wegen seiner Schwerbehinderung diskriminiert. Die Stadt sei ihrer Verpflichtung nach § 82 SGB IX, ihn zum Gespräch einzuladen, nicht nachgekommen. Die Stadt meint hingegen, dass der Bewerber für die Stelle offensichtlich fachlich ungeeignet sei und deshalb kein Vorstellungsgespräch mit ihm vereinbart werden müsse. Hiergegen wandte sich der Betroffene und klagte erfolgreich vor dem Arbeitsgericht. Dieses sprach ihm eine Entschädigung i. H. v. drei Bruttomonatsverdiensten zu. Das Hessische LAG hat auf die Berufung der Beklagten das Urteil abgeändert und die Entschädigungssumme auf einen Bruttomonatsverdienst i. H. v. 2.861,96 Euro reduziert. Mit ihrer Revision wendet sich die Stadt Frankfurt am Main auch gegen dieses Urteil. Das blieb ohne Erfolg.

Die Arbeitgeberin hatte durch die Nichteinladung zum Vorstellungsgespräch die Vermutung begründet, dass der Bewerber wegen seiner Schwerbehinderung frühzeitig aus dem Stellenbesetzungsverfahren ausgeschieden und so benachteiligt worden ist. Eine Einladung war nach § 82 Satz 3 SGB IX nicht entbehrlich, denn aufgrund der Angaben des Klägers musste die Beklagte davon ausgehen, dass dieser die erforderliche fachliche Eignung besitzt.

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