Fristlose Kündigung wegen Anzeige gegen Arbeitgeber

Zeigt ein Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber an, ohne zuvor eine interne Klärung zu versuchen, kann dies eine außerordentliche Kündigung rechtfertigen (LAG Köln, Urt. v. 5.7.2012 – 6 Sa 71/12).

Eine Hauswirtschafterin hatte zwei Kinder im Alter von zehn Monaten und zwei Jahren zu betreuen. Nachdem die Arbeitgeber ihr ordentlich in der Probezeit kündigten, zeigte sie diese beim Jugendamt wegen Verwahrlosung der Kinder an. Ein kinderärztliches Attest wies dagegen aus, dass die Tochter einen altersgemäß unauffälligen Untersuchungsbefund habe. Zeichen von Verwahrlosung lägen nicht vor. Die Hauswirtschafterin klagte gegen die fristlose Kündigung.

Das LAG Köln wies die Klage ab. Es verwies auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, wonach Anzeigen gegen den Arbeitgeber dem Recht der freien Meinungsäußerung nach Art. 10 EMRK unterfallen. Allerdings muss der Arbeitnehmer grundsätzlich auch den Ruf des Arbeitgebers schützen. Wesentlich ist dabei u. a., ob der Arbeitnehmer die Offenlegung in gutem Glauben und in der Überzeugung vorgenommen hat, dass die Information wahr sei, dass sie im öffentlichen Interesse liege und dass keine anderen, diskreteren Mittel existierten, um gegen den angeprangerten Missstand vorzugehen.

Hier war die Anzeige eine unverhältnismäßige Reaktion auf die zuvor ausgesprochene Kündigung. Selbst dann, wenn die Vorwürfe als richtig unterstellt würden, hätte die Hauswirtschafterin unter Beachtung der Loyalitätspflicht zunächst eine interne Klärung versuchen müssen. Erst nach Scheitern eines solchen Versuchs hätte sie eine Behörde einschalten dürfen. Ob die Behauptungen der Hauswirtschafterin stimmten, hat das Gericht dahinstehen lassen.

Das Buch geht auf die realen Arbeitssituationen, die im Umbruch sind, ein und zeigt sowohl arbeitsrechtliche Herausforderungen als auch erste, bereits in der Unternehmenspraxis umgesetzte Lösungsansätze auf.

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