Gewerkschaftseintritt während der Nachbindung

Die normative Wirkung von Tarifverträgen verdrängt, solange sie andauert – also auch in der Zeit der Nachwirkung gemäß § 3 Abs. 3 TVG –, vorherige abweichende arbeitsvertragliche Vereinbarungen (BAG, Urt. v. 6.7.2011 – 4 AZR 424/09). 

Die beklagte Arbeitgeberin war Mitglied im Metall-Arbeitgeberverband. Die anwendbaren Metall-Tarifsysteme sahen eine Wochenarbeitszeit von 35 Stunden vor. Im Sommer 2005 schloss die Beklagte mit etlichen Mitarbeitern, u. a. auch dem nicht tarifgebundenen Kläger, Arbeitsverträge ab mit einer regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Stunden ab Januar 2006. Eine Betriebsvereinbarung von Ende 2005 bestimmte, dass die Arbeitszeitkonten auf der Basis einer 40-Stunden-Woche zu führen sind. Zum Jahresende 2005 trat die Beklagte aus dem Metall-Arbeitgeberverband aus. Im Juli 2006 wurde der Kläger Mitglied bei der IG Metall. Im Herbst 2007 verlangte er, dass die Beklagte ihm seine seit dem Gewerkschaftsbeitritt über die 35-Stunden-Woche hinaus geleisteten Arbeitsstunden auf dem Zeitkonto gutschreibt. Einige Zeit später einigte sich die Beklagte mit der IG Metall auf einen Haustarifvertrag mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 40 Wochenstunden.

 

Das BAG stellte fest, dass ab dem Beitritt des Klägers zur Gewerkschaft beide Seiten tarifgebunden i. S. v. § 4 Abs. 1 TVG waren. Die Beklagte war trotz ihres Austritts aus dem Arbeitgeberverband noch im Wege der Nachbindung gemäß § 3 Abs. 3 TVG unmittelbar und zwingend an den Tarifvertrag gebunden, bis dieser mit Abschluss des Haustarifvertrags endete. Das Gesetz unterscheidet nicht zwischen verschiedenen Bindungsarten. Daher galt für den Kläger von seinem Gewerkschaftseintritt bis zum Abschluss des Haustarifvertrags eine wöchentliche Arbeitszeit von 35 Stunden. Daran änderte auch die Vereinbarung einer 40-Stunden-Woche im Arbeitsvertrag nichts. Sie wird durch die normative Wirkung der Tarifverträge verdrängt. Der Kläger kann allerdings nur verlangen, dass ihm die Beklagte seine über eine 35-Stunden-Woche hinaus geleisteten Stunden vergütet. Eine Gutschrift auf dem Arbeitszeitkonto ist dagegen nicht möglich, da die Buchungen laut Betriebsvereinbarung auf Grundlage einer Regelarbeitszeit von 40 Wochenstunden vorzunehmen sind. Das BAG wies die Klage deshalb ab.

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