Klagefrist gilt auch bei Unanwendbarkeit von § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB

Ist es nicht möglich, eine falsche Kündigungsfrist so auszulegen, dass sich die richtige Frist ergibt, sondern muss das Gericht die Frist hierfür umdeuten, ist die dreiwöchige Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG zu beachten. Verstreicht sie, gilt die Kündigung gemäß § 7 KSchG als rechtswirksam und beendet das Arbeitsverhältnis zum „falschen“ Zeitpunkt (BAG, Urt. v. 1.9.2010 – 5 AZR 700/09). 

Der Kläger ist im November 1972 geboren. Seit August 1995 war er an einer Tankstelle angestellt, zunächst bei seiner Arbeitgeberin, ab Januar 1999 bei deren Rechtnachfolgerin und seit Frühjahr 2007 durch Betriebsübergang bei der Beklagten. Im April 2008 kündigte die Beklagte dem Kläger zu Ende Juli. Daraufhin klagte dieser im November 2008 auf Zahlung der Annahmeverzugsvergütung für August und September.

 

Das Arbeitsgericht wies die Klage ab, das LAG gab ihr statt. Das BAG folgte dem Arbeitsgericht. Zwar bemängelte es, dass die Beklagte lediglich die Beschäftigungszeit des Klägers bei ihrer unmittelbaren Rechtsvorgängerin seit Januar 1999 berücksichtigt hatte, obwohl er bereits seit August 1995 bei deren Rechtsvorgängerin tätig war. Damit betrug die Kündigungsfrist schon allein aufgrund der Beschäftigungsdauer seit dem 25. Geburtstag des Klägers vier Monaten zum Monatsende und lief bis Ende August 2008.

Außerdem hatte der EuGH Anfang des Jahres (Urt. v. 19.1.2010 (C-555/07 - Kücükdeveci, s. AuA-Urteilsticker v. 20.1.2010) § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB, wonach bei der Berechnung der Beschäftigungsdauer Zeiten vor dem 25. Lebensjahr unberücksichtigt bleiben, als altersdiskriminierend verworfen. Das erhöhte die Kündigungsfrist auf fünf Monate zum Monatsende, also Ende September 2008.

Die Klage war jedoch trotzdem nicht erfolgreich. Da die Beklagte die Kündigung ausdrücklich für Ende Juli 2008 erklärt hatte, war es dem BAG nicht möglich, sie als eine zu Ende September auszulegen. Der Kläger hätte die falsche Kündigungsfrist deshalb innerhalb der dreiwöchigen Klagefrist des § 4 Satz 1 KSchG gerichtlich geltend machen müssen. Dies tat er nicht. Daher beendete die Kündigung gemäß § 7 KSchG das Arbeitsverhältnis Ende Juli 2008. Anspruch auf Annahmeverzugsvergütung für August und September bestehen folglich nicht.

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