Sexuelle Belästigung führt nicht stets zur außerordentlichen Kündigung

(c) Rainer Sturm / pixelio.de
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Grundsätzlich stellt die sexuelle Belästigung eines Arbeitskollegen einen wichtigen Grund für eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses dar. Die konkreten Umstände des Einzelfalls können aber dazu führen, dass bereits eine Abmahnung als Reaktion auf das pflichtwidrige Verhalten ausreicht. Dann ist eine Kündigung des Arbeitgebers unverhältnismäßig, entschied das LAG Baden Württemberg in einem am 30.8. veröffentlichten Urteil vom 17.7.2013 (13 Sa 141/12).

Der klagende Angestellte eines weltweit tätigen Maschinenbauunternehmens hatte am Rande eines Abendessens während einer Konferenz den Mitarbeiter einer Tochterfirma seines Arbeitgebers zunächst in der Magengegend angefasst und anschließend von hinten auf gleicher Höhe mit seinen Armen umschlungen und an sich gepresst. Der Mitarbeiter der Tochterfirma wandte sich daraufhin an den Vorgesetzten des Klägers und beschwerte sich über das Verhalten, da ihn dieses angewidert habe. Einen sexuellen Bezug stellte er dabei aber nicht her. Als das beklagte Maschinenbauunternehmen dem Angestellten wegen sexueller Belästigung außerordentlich kündigte, erhob er Kündigungsschutzklage. Er ist der Ansicht, die Kündigung beruhe weder auf einem wichtigen noch auf einem sozial rechtfertigenden Grund.

Die Landesrichter schlossen sich dem ebenso wie das Arbeitsgericht an. Es ist schon fraglich, ob die Schwelle zur sexuellen Belästigung überhaupt überschritten wurde. Dies unterstellt, rechtfertigt eine sexuelle Belästigung aber nicht stets eine außerordentliche Kündigung. § 3 Abs. 4 und § 7 AGG sehen ein solches Verhalten als Pflichtverletzung, nicht aber als absoluten Kündigungsgrund. Der allumfassende Verhältnismäßigkeitsgrundsatz ist zu wahren und im Einzelfall abzuwägen, ob eine Abmahnung oder Versetzung ein milderes Mittel darstellen kann. Vorliegend fällt diese Abwägung zugunsten des Klägers aus. Es handelte sich um einen einmaligen Pflichtverstoß mit geringer Intensität, der ohne vorherige Abmahnung nicht zu einer verhältnismäßigen Kündigung führen kann.
Im Laufe des Verfahrens einigten sich die Parteien jedoch auf die Auflösung des Arbeitsverhältnisses und die Zahlung einer Abfindung.

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