Windhund-Prinzip bei Abfindung zulässig

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Arbeitgeber können in Abstimmung mit dem Konzernbetriebsrat Teilen der Belegschaft das Ausscheiden aus dem Unternehmen gegen eine Abfindung anbieten. Die Anzahl der Berechtigten kann begrenzt werden und die Auswahl nach zeitlichem Eingang der Meldungen erfolgen. Das geht aus einem Urteil des LAG Düsseldorf vom 12.4.2016 (14 Sa 1344/15) hervor.

Ein Gruppenleiter im Bereich IT war bei der Beklagten vom Personalabbau von 1.600 der 9.100 Beschäftigten betroffen. Hierzu entwickelte die Arbeitgeberin ein sog. „Offenes Abfindungsprogramm“. Unter Punkt c. hieß es u. a.: „Es wird eine externe Koordinationsstelle (…) eingerichtet. Der Mitarbeiter sendet seine verbindliche Erklärung zur Teilnahme am Offenen Abfindungsprogramm in der bekannt gegebenen Form (per E-Mail mit angehängter unterschriebener Erklärung, Formblatt) an die bekannt gegebene Externe Koordinationsstelle.“ Punkt d. enthielt folgende Aussage: „Für den Fall, dass es mehr Interessenten als Plätze im Kontingent gibt, werden die zeitlich früheren Eingänge berücksichtigt.“ Im Bereich IT wurde das Abbaukontingent auf sieben Stellen festgelegt. Die Meldungen für das Abfindungsprogramm nahm man auf einer Webseite entgegen. Der Gruppenleiter machte von der Möglichkeit Gebrauch und erhielt eine Anmeldebestätigung mit dem Eingangsvermerk 13:07:53:560 Uhr. Nachdem die Arbeitgeberin ihm mitgeteilt hat, dass er nicht berücksichtigt werden könne, verlangte er im Klagewege den Abschluss eines Aufhebungsvertrags sowie die Zahlung einer Abfindung i. H. v. 298.777 Euro. Es sei ein technischer Fehler bei der Anmeldung aufgetreten, sodass nicht die exakte Zeit Berücksichtigung gefunden habe. Er habe um Punkt 13:00 Uhr vergeblich versucht, sich auf der Webseite einzuwählen. Um 13:04 Uhr sei ihm die folgende Mitteilung zugegangen: „The service is una-vailable.“ Er bestreitet, dass um 13:07:53:560 Uhr das Kontingent bereits erschöpft gewesen sei und meint, die Beklagte hätte seinen Antrag mit dem Eingangszeitpunkt 13:00 Uhr berücksichtigen müssen. Jedenfalls sei sie schadensersatzpflichtig, weil sie das technische Problem zu verantworten habe. Zudem führe das Abstellen auf Millisekunden zu willkürlichen Ergebnissen. Die Beklagte beruft sich bei ihrer Entscheidung hingegen darauf, dass es keine freien Plätze mehr im zur Verfügung stehenden Kontingent gegeben habe. Die letzte Vergabe sei 13:01:09:603 Uhr erfolgt. Das System habe man zuvor ausgiebig getestet und Fehlerfreiheit festgestellt. Etwaige Unstimmigkeiten beim Anmeldeprozess könne man ihr nicht zurechnen.

Die Klage hatte sowohl vor dem ArbG Düsseldorf (Urt. v. 5.10.2015 – 4 Ca 3698/15), als auch vor dem LAG Düsseldorf (a. a. O.) keinen Erfolg. Das von der Beklagten angewandte Verfahren begegnet keinen rechtlichen Bedenken. Selbst das Abstellen auf Millisekunden, wodurch nach menschlichem Ermessen die Eingangszeit nicht bis ins Letzte zu beeinflussen ist, ist zulässig. Die Arbeitgeberin konnte – eine unzulässige Diskriminierung ist nicht ersichtlich – die Auswahl frei gestalten. Der IT-Mitarbeiter hatte keinen Anspruch auf Ausscheiden gegen eine Abfindung. Das Softwareprogramm wurde im Vorfeld getestet, ein Belastungstest für jede denkbare Situation war nicht erforderlich. Eine willkürliche Schlechterstellung des Betroffenen liegt nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, dass aufgrund des technischen Fehlers bestimmte Kollegen einen schnelleren Zugriff auf die Webseite gewährt bekommen haben. Der Beklagten ist kein Verschulden vorzuwerfen; ein Schadensersatzanspruch besteht nicht. Der Kläger konnte nicht nachweisen, dass er bei fehlerfreier Funktion zu den Abfindungsberechtigten gehört hätte.

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