Keine Krawattenpflicht im Hochsommer

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Der Gesamtbetriebsrat ist nach einer Entscheidung des LAG Baden-Württemberg vom 21.10.2015 (4 TaBV 2/15) regelzuständig für die Fragen einer einheitlichen Unternehmensbekleidung gem. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG sowie des Gesundheitsschutzes bei hohen und niedrigen Raumtemperaturen gem. § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG. Dennoch kann auch der örtliche Betriebsrat zuständig sein, wenn zwei verschiedene Mitbestimmungstatbestände, die nur in einem kleinen Teilbereich (Arbeitskleidung) Überscheidungen aufweisen, betroffen sind.

Im Großraum Stuttgart führen die Postbank Filialvertrieb AG und die Postbank Filial GmbH als Arbeitgeberin einen Gemeinschaftsbetrieb mit 86 Filialen. Hier existiert ein örtlicher Betriebsrat. Eine von den Betriebsparteien gebildete Einigungsstelle entschied, dass Mitarbeiter bei Temperaturen von unter 17 Grad in den Arbeitsräumen angepasste Pullover oder Westen tragen dürfen. Steigen die Temperaturen in den Räumlichkeiten auf über 30 Grad, kann auf das Tragen einer Krawatte verzichtet werden. Eine unternehmensweite Gesamtbetriebsratsvereinbarung sieht jedoch vor, dass die Belegschaft ausnahmslos zum Tragen der kompletten Unternehmensbekleidung, bestehend aus mindestens Hemd/Bluse sowie Hose/Rock und Krawatte, verpflichtet ist. Deshalb focht die Arbeitgeberin den Spruch der Einigungsstelle zur Lockerung der Bekleidungsvorschriften beim ArbG Stuttgart an. Der Betriebsrat habe auch im Hinblick auf den Gesundheitsschutz keine Regelungszuständigkeit über Unternehmensbekleidung, diese stehe dem Gesamtbetriebsrat zu. Das ArbG Stuttgart sah das in seinem Beschluss vom 28.5.2015 (21 BV 23/15) auch so und entsprach dem Antrag der Arbeitgeberin. Die hiergegen eingelegte Beschwerde des Betriebsrats beim LAG Baden-Württemberg hatte Erfolg, dieses änderte die Entscheidung ab und wies die Anträge der Arbeitgeberin zurück.

Zwar geht auch das LAG Baden-Württemberg davon aus, dass der Gesamtbetriebsrat für die in Rede stehenden Fragen zuständig ist. Jedoch sehen die Richter keinen Anwendungsfall des sog. Grundsatzes der Zuständigkeitstrennung. Hiernach kann innerhalb eines Mitbestimmungstatbestandes des BetrVG nur ein Gremium zuständig sein. Vorliegend handelt es sich um zwei verschiedene Mitbestimmungstatbestände, die nur in einem kleinen Teilbereich (Arbeitskleidung) Überscheidungen aufweisen. Eine solche überschneidende Zuständigkeit des örtlichen Betriebsrats ist hinzunehmen.

Die Rechtsbeschwerde zum BAG wurde zugelassen.

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