Im Zuge der Umsetzung der Richtlinie über transparente und vorhersehbare Arbeitsbedingungen der EU (sog. Nachweis-Richtlinie) führte der deutsche Gesetzgeber in § 15 Abs. 3 TzBfG die Regelung ein, wonach die Probezeit für ein befristetes Arbeitsverhältnis im Verhältnis zu der erwarteten Dauer der Befristung und Art der Tätigkeit stehen muss. Ein konkretes Verhältnis von Befristungs- und Probezeitdauer legt weder die Richtlinie noch § 15 Abs. 3 TzBfG fest.
Über die Angemessenheit der Probezeit eines auf ein Jahr befristeten Arbeitsvertrags stritten die Parteien vor dem LAG Berlin-Brandenburg. Der Anstellungsvertrag trat am 22.8.2022 in Kraft und war befristet bis zum 21.8.2023. Die ersten vier Monate der Tätigkeit (bis zum 21.12.2022) galten als Probezeit, in der die beiden Vertragsparteien mit einer Frist von zwei Wochen kündigen können. In einem eigenen Absatz regelten die Parteien, dass unbeschadet der Befristung des Vertrags beiden Parteien vorbehalten bleibt, das Arbeitsverhältnis nach der Probezeit ordentlich unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfristen des § 622 BGB kündigen können. Der Arbeitgeber kündigte, das Arbeitsverhältnis am 9.12.2022 innerhalb der Probezeit ordentlich zum nächstzulässigen Zeitpunkt. Das war nach seiner Auffassung der 28.12.2022.
Die gegen die Kündigung erhobene Klage war nur teilweise erfolgreich. Das LAG stellte fest, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die Kündigung vom 9.12.2022 zum 28.12.2022 aufgelöst worden ist, jedoch am 15.1.2023 geendet hat. Die Probezeitdauer verstoße gegen § 15 Abs. 3 TzBfG, wonach die in einem befristeten Arbeitsverhältnis vereinbarte Probezeit in einem angemessenen Verhältnis zu der Dauer der Befristung und der Art der Tätigkeit stehen muss. Auch wenn das Gesetz keine festen Angaben zur Befristungs- und Probezeitdauer festlegt, hindert dies nicht daran, aus Gründen der Handhabbarkeit ein gewisses Quorum regelmäßig als angemessen anzusehen, mit der Möglichkeit, dass der Arbeitgeber darlegen muss, dass die Probezeitdauer insbesondere aufgrund der Art der Tätigkeit länger sein muss. Dem Gericht erschien ebenso wie der ersten Instanz ein Quorum von 25 % als Regelfall jedenfalls bei einer einjährigen Befristung angemessen.
Allerdings teilte das LAG nicht die Auffassung der Klägerin, dass mit der Vereinbarung der Probezeit auch die Wartezeit nach dem KSchG abweichend von den gesetzlichen Regelungen vereinbart sei. Gemäß § 1 Abs. 1 KSchG tritt der Kündigungsschutz erst bei längerem Bestand des Arbeitsverhältnisses als ein halbes Jahr in Kraft. Diese Bestandsdauer lag hier bei Ausspruch der Kündigung vom 9.12.2022 noch nicht vor. Eine ausdrückliche Vereinbarung über die Abkürzung der Wartezeit haben die Parteien nicht getroffen. Auch eine Auslegung des Vertrages in diesem Sinne kam nicht in Betracht. Die Abweichung von der gesetzlich klar geregelten Wartezeit – ohne deren gesonderte rechtsgeschäftliche Abkürzung – würde contra legem einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 KSchG darstellen. Außerdem kann die erleichterte Lösungsmöglichkeit in der Wartezeit auch einer Unsicherheit des Arbeitgebers geschuldet sein, ob der Personalbedarf nach Ablauf der ersten sechs Monate noch besteht, ohne dass dies mit der Vereinbarkeit der Stelle mit den Fähigkeiten des eingestellten Mitarbeiters primär zusammenhinge. Das Gericht ließ die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zu. Sie ist beim BAG unter dem Az. 2 AZR 160/24 anhängig (LAG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 2.7.2024 – 19 Sa 1150/23).
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Schriftform und Nachweis
In Deutschland ist der Abschluss eines Arbeitsvertrags formfrei möglich, allerdings ist der Arbeitgeber
Erheblich verschärfte Anforderungen
Die EU-Mitgliedstaaten waren verpflichtet, bis zum 31.7.2022 Rechts- und Verwaltungsvorschriften zu erlassen
Problempunkt
Vorliegend stritten die Parteien über die rechtliche Wirksamkeit einer arbeitsvertraglich vereinbarten Befristungsabrede
Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG)
Vor dem Thüringer LAG stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags.
Der
Die Klägerin arbeitete bei einem Produktionsunternehmen über eine Zeitarbeitsfirma von Dezember 2017 bis 1.6.2018. Ab dem 1.6.2018 schloss