Anscheinsbeweis Privatnutzung

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 Bild: Sung Hwan Kim/stock.adobe.com
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Der Vorteil aus der privaten Nutzung eines Fahrzeugs, das zu mehr als 50 %betrieblich genutzt wird, ist für jeden Kalendermonat mit 1 %des inländischen Bruttolistenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zu ermitteln und steuerlich zu berücksichtigen (§ 6Abs. 1Nr. 4Satz 2Halbsatz 1 EStG). Abweichend davon kann die private Nutzung auch mit dem Anteil der auf die Privatfahrten entfallenden Gesamtaufwendungen angesetzt werden, wenn die für das Fahrzeug insgesamt im Kalenderjahr entstehenden Aufwendungen durch entsprechende Nachweise und zudem das Verhältnis der privaten zu den weiteren Fahrten durch ein ordnungsgemäß geführtes Fahrtenbuch nachgewiesen werden (§ 6Abs. 1Satz 3Halbsatz 1 EStG).

In einem kürzlich veröffentlichten Urteil des BFH vom 16.1.2025 (IIIR34/22) ging es um die private Nutzung eines betrieblichen Pick-up-Fahrzeugs. Das Fahrzeug gehörte zum Fuhrpark des Betriebs des Klägers, daneben gab es noch einen Dienstwagen eines Vorarbeiters und einen BMW. Fahrtenbücher wurden nicht geführt. Im Privatvermögen gab es drei Kleinwagen, die dem Kläger sowie dessen Familienmitgliedern ebenfalls zur Verfügung standen. Das Finanzamt setzte aufgrund des Beweises des ersten Anscheins für den Pick-up mangels Fahrtenbuchs einen geldwerten Vorteil nach der 1- %-Regelung an und erhöhte dadurch den Gewinn des Klägers. Die dagegen gerichtete Klage vor dem FG Münster (Urt. v. 16.8.2022 – 6K2688/19 E) hatte Erfolg. Die Richter des BFH folgten dieser Entscheidung aber nicht, sondern hoben das FG-Urteil auf und wiesen die Klage ab. Zwar kann der Beweis des ersten Anscheins durch einen Gegenbeweis entkräftet bzw. erschüttert werden. Ein Nachweis, dass keine private Nutzung des betr. Fahrzeugs stattgefunden hat, ist nicht erforderlich. Allerdings ist die bloße Behauptung, dass keine Privatfahrten durchgeführt wurden, ebenfalls nicht ausreichend. Ob der Gegenbeweis wirksam erbracht wurde, entscheidet das FG unter Berücksichtigung der Gesamtumstände des Einzelfalls nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Nach Auffassung des BFH entspricht die Entscheidung des FG Münster (a. a. O.) diesen Grundsätzen nicht, da nur solche Tatsachen festgestellt wurden, aus denen weder bei einer Einzel- noch bei einer Gesamtbetrachtung die Möglichkeit eines untypischen Nutzungsverhaltens des Pick-ups abgeleitet werden kann. Das FG ist somit zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Anscheinsbeweis erschüttert sei und das Finanzamt deshalb die Behauptungen der Kläger widerlegen und eine Privatnutzung des Pick-ups beweisen müsse.

Sandra Peterson

Sandra Peterson
Steuerberaterin, Referent Lohnsteuer, ZF Group, München
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Anscheinsbeweis Privatnutzung
Seite 60
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