Mehrere Gerichte haben sich seit 2013 mit der Aufarbeitung der Korruptionsaffäre bei der Siemens AG beschäftigt. Sowohl das LG München (Urt. v. 10.12.2013 – 5 HK 01387/10) als auch das OLG Nürnberg (Urt. v. 30.3.2022 – 12 U 1520/19) waren mit der Frage beschäftigt, welche Compliance-Organisation ein Unternehmen aufweisen muss.
Hier wird u. a. die Einhaltung eines Vieraugenprinzips als elementarer Bestandteil genannt. Weiterhin werden die Aufarbeitung und Bekanntmachung von Richtlinien, die Umsetzung dieser Richtlinien im Unternehmen, ein konsequentes Verhalten der Geschäftsführer beim Verdacht, dass Regelverstöße vorliegen, sowie regelmäßige und anlassbezogene Prüfungen und ggf. Nachjustierungen der Richtlinien genannt.
Die Entscheidungen beider Gerichte verdeutlichen, dass die Rechtsprechung die Geschäftsführung in der Verantwortung für die Einrichtung von Compliance-Management-System-Strukturen sieht. Die Einrichtung eines Compliance-Systems und dessen Umfang richtet sich sicherlich nach der Größe des jeweiligen Unternehmens. Grundsätzlich sollte aber auch bei kleinen bzw. mittleren Unternehmen darauf geachtet werden, dass das Vieraugenprinzip gewahrt wird. Hier wird erwartet, dass bestimmte Abläufe und Aufgaben von mindestens zwei Personen entschieden oder durchgeführt werden dürfen. Im Zweifel sollte sich die Geschäftsführung eines Fachmanns bedienen, um ein entsprechendes System einzurichten. Bei einem evtl. Haftungsprozess ist der betroffene Geschäftsführer in der Situation, dass er den Entlastungsbeweis darüber führen muss, dass sorgfältig gehandelt wurde. Ein Compliance-Management-System, das sich auf die wesentlichen Grundlagen beschränkt, kann im Ernstfall den Nachweis einer sorgfältigen Geschäftsführung erleichtern.
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Rainer Kuhsel
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