Grundlagen der Vertragsgestaltung

Fallstricke und Stolpersteine bei Teilzeit und Befristung

„Arbeitgeber und Arbeitnehmer können Abschluss, Inhalt und Form des Arbeitsvertrages frei vereinbaren, soweit nicht zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung entgegenstehen“. So steht es in § 105 Satz 1 GewO. Die uns an die Hand gegebene „Vertragsfreiheit“ klingt an dieser Stelle ein wenig nach dem „arbeitsvertraglichen Schlaraffenland“, in dem wir tun und lassen können, was wir wollen. Doch hier sollten Praktiker sensibel auf Fallkonstellationen schauen, bei denen wir zwingend Formerfordernisse einhalten müssen.

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Grenzen der Vertragsfreiheit

Im Arbeitsrecht gilt grundsätzlich Vertragsfreiheit. Dennoch geht man davon aus, dass im Arbeitsverhältnis ein echtes Aushandeln der Arbeitsbedingungen wegen der vermeintlichen Unterlegenheit des Arbeitnehmers gegenüber dem Arbeitgeber faktisch kaum möglich ist (vgl. Link,in: Schaub, Arbeitsrechts-Handbuch, 18. Aufl. 2019, Rn. 2).

Fraglich ist in der arbeitsrechtlichen Praxis, wo wir an die Grenzen der Vertragsfreiheit stoßen.

Nach BeckOK ArbR/Tillmanns, 59. Ed. v. 1.3.2021, GewO § 105 Rn. 3–8 lässt sich das wie folgt darstellen: Die Vertragsfreiheit umfasst

  • den Abschluss,
  • den Inhalt und
  • die Form des Vertrags.

Als Grenzen dieser Freiheit nennt § 105 Satz 1 GewO „zwingende gesetzliche Vorschriften, Bestimmungen eines anwendbaren Tarifvertrages oder einer Betriebsvereinbarung“.

Die Freiheit zum Abschluss des Vertrags bezieht sich insbesondere auf die freie Wahl des Vertragspartners. Echte Kontrahierungszwänge für den Arbeitgeber sind im Arbeitsrecht selten, kommen aber vor (vgl. § 10 Abs. 1 AÜG, § 613a Abs. 1 Satz 1 BGB, § 24 BBiG, § 15 Abs. 5 TzBfG; vgl. weiter BeckOGK/Maschmann, Rn. 6ff.).

Echte Verbote zum Abschluss eines Arbeitsvertrags finden sich noch seltener (vgl. § 5 Abs. 1 JArbSchG).

Es wird allgemein davon ausgegangen, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine „gestörte Vertragsparität“ bestehe, die es erfordere, die Inhaltsfreiheit der Vertragsparteien durch AGB-Kontrolle zu begrenzen (Dieterich, RdA 1995, S. 130, 134 ff.; krit. Zöllner, AcP 176, S. 221, 229 ff. m. w. N.).

Für den Arbeitsvertrag gilt weiter der Grundsatz der Formfreiheit.

Während ein Rechtsgeschäft, welches zum Ende des Arbeitsvertrags führt, der Schriftform bedarf, um wirksam zu sein (§ 623 BGB), gilt dies für die Begründung des Arbeitsvertrags gerade nicht. Soweit in Gesetzen, Tarifverträgen oder im Arbeitsvertrag selbst die Schriftform gefordert wird, bedarf es der Klärung, ob es sich tatsächlich um ein konstitutives oder um ein deklaratorisches Schriftformerfordernis handelt. Bei einem konstitutiven Erfordernis ist die rechtsgeschäftliche Vereinbarung bei Nichterfüllung des Formerfordernisses unwirksam (vgl. § 125 BGB). Bei einem deklaratorischen Erfordernis kann der Vertrag wirksam formfrei geschlossen werden; es besteht lediglich ein Anspruch auf Einhaltung der Schriftform.

Bei der Frage, ob eine konstitutive oder eine deklaratorische Formvorschrift vorliegt, ist zwischen dem Erfordernis der Schriftform für den Abschluss des Arbeitsvertrags sowie einem Erfordernis für spätere Änderungen des Arbeitsvertrags zu unterscheiden.

Wie § 612 Abs. 1 BGB deutlich macht, will das Gesetz die Wirksamkeit des Arbeitsvertrags möglichst nicht hindern. Soweit durch Gesetz Formvorschriften für den Arbeitsvertrag begründet werden, sind diese nur deklaratorischer Natur (§ 24 BBiG, § 11 AÜG, §§ 28,29 SeeArbG; für landesrechtlich vorgeschriebene Schriftformregeln vgl. MHdB ArbR I/Benecke, § 36 Rn. 32 f.). Ob vor diesem Hintergrund in Tarifverträgen tatsächlich für den Arbeitsvertrag konstitutive Schriftformerfordernisse begründet werden können, wie die herrschende Meinung annimmt (MüKoBGB/Spinner, BGB § 611a Rn. 562), ist fraglich. Das BAG geht regelmäßig davon aus, dass die entsprechenden tariflichen Normen nur deklaratorische Schriftformerfordernisse vorsehen (BAG, Urt. v. 15.12.2016 – 6 AZR 603/15, NZA-RR 2017, S. 604).

Formerfordernisse, die für eine vertragliche Änderung des Arbeitsvertrags durch Gesetz, Tarifvertrag (vgl. MHdB ArbR I/Benecke, § 36 Rn. 38 f., 41) oder im Arbeitsvertrag angeordnet werden, können demgegenüber durchaus auch konstitutiver Natur sein (MüKoBGB/Spinner, BGB § 611a Rn. 562).

Für vertragliche Schriftformklauseln gilt gem. § 125 Satz 2 BGB im Zweifel sogar, dass sie konstitutiv sein sollen. Im Ergebnis sind mündliche Änderungen dennoch vielfach wirksam. Denn bei einer sog. einfachen Schriftformklausel wird vielfach davon auszugehen sein, dass die Vertragsparteien auch die Schriftformklausel durch ihre mündliche Abrede aufheben wollten (BAG, Urt. v. 14.9.2011 – 10 AZR 526/10, AuA 7/12, S. 437). Sogenannte doppelte Schriftformklauseln, die eine solche mündliche Aufhebung des Schriftformerfordernisses verhindern sollen, können demgegenüber gem. § 307 Abs. 1 BGB unwirksam sein (BAG, Urt. v. 20.5.2008 – 9 AZR 382/07, AuA 1/09, S. 52).

Nach der Rechtsprechung des BAG (Urt. v. 20.5.2008, a. a. O.) ist eine doppelte Schriftformklausel im Arbeitsvertrag aber nicht generell unwirksam. Die qualifizierte Schriftformklausel muss jedoch klarstellen, dass eine mündliche individuelle Vereinbarung trotzdem noch möglich ist.

Das Nachweisgesetz

Das deklaratorische Nachweisgesetz (NachwG) gilt für alle Arbeitnehmer, es sei denn, dass sie nur zur vorübergehenden Aushilfe von höchstens einem Monat eingestellt werden. Praktikanten, die gem. § 22 Abs.1 MiLoG als Arbeitnehmer gelten, sind Arbeitnehmer im Sinne dieses Gesetzes. So regelt es § 1 NachwG.

Nach dem seit 16.8.2014 geltenden Wortlaut des § 2 NachwG hat der Arbeitgeber spätestens einen Monat nach dem vereinbarten Beginn des Arbeitsverhältnisses die wesentlichen Vertragsbedingungen schriftlich niederzulegen, die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen.

In die Niederschrift sind mindestens aufzunehmen:

  • der Name und die Anschrift der Vertragsparteien,
  • der Zeitpunkt des Beginns des Arbeitsverhältnisses,
  • bei befristeten Arbeitsverhältnissen: die vorhersehbare Dauer des Arbeitsverhältnisses,
  • der Arbeitsort oder, falls der Arbeitnehmer nicht nur an einem bestimmten Arbeitsort tätig sein soll, ein Hinweis darauf, dass der Arbeitnehmer an verschiedenen Orten beschäftigt werden kann,
  • eine kurze Charakterisierung oder Beschreibung der vom Arbeitnehmer zu leistenden Tätigkeit,
  • die Zusammensetzung und die Höhe des Arbeitsentgelts einschließlich der Zuschläge, der Zulagen, Prämien und Sonderzahlungen sowie anderer Bestandteile des Arbeitsentgelts und deren Fälligkeit,
  • die vereinbarte Arbeitszeit,
  • die Dauer des jährlichen Erholungsurlaubs,
  • die Fristen für die Kündigung des Arbeitsverhältnisses,
  • ein in allgemeiner Form gehaltener Hinweis auf die Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarungen, die auf das Arbeitsverhältnis anzuwenden sind.

Das NachwG greift hier in die Formfreiheit des § 105 GewO ein und sichert dem Arbeitnehmer zu, vom Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses zumindest ein „Schriftstück“ in der Hand zu halten. Dies ist aber nicht mit einem „Arbeitsvertrag“ zu verwechseln, denn dieser entsteht i. S. d. §§ 145 ff. BGB durch die Abgabe von zwei übereinstimmenden Willenserklärungen. Diese können vorher abgegeben worden sein, sodass der Arbeitsvertrag formfrei durch ein Angebot und dessen Annahme entstanden ist.

Das NachwG verpflichtet nun allerdings den Arbeitgeber, die mit dem Arbeitnehmer im Rahmen des Vertragsabschlusses vereinbarten Arbeitsbedingungen schriftlich „niederzulegen“.

Dieser Nachweis, hier die „Niederschrift über die wesentlichen Arbeitsbedingungen“, muss „schriftlich“ erfolgen. § 2 Abs. 1 Satz 3 NachwG schließt die elektronische Form ausdrücklich aus.

Somit können Kommunikationsmittel wie eine E-Mail, Fax oder sonstige digitale Kommunikationsmittel für die Übermittlung der wesentlichen Arbeitsbedingungen seitens des Arbeitgebers nicht genutzt werden. Schon der Gesetzeswortlaut des § 2 Abs. 1 Satz 1 NachwG spricht explizit davon, „die Niederschrift zu unterzeichnen und dem Arbeitnehmer auszuhändigen“. Somit können wir an dieser Stelle von einer Schriftform ausgehen, die nach § 126 BGB die eigenhändige Namensunterschrift – hier des Arbeitgebers – vorsieht.

Beispiel: Bewerber B und Arbeitgeber A sitzen Freitag, 21.5.2021 im Vorstellungsgespräch. A äußert sich wie folgt: „Ich habe unser Gespräch als sehr angenehm empfunden und würde mich sehr freuen, wenn Sie am 1.10.2021 als Kreditorenbuchhalter bei uns starten. Als Gehalt lassen Sie uns 3.500 Euro brutto vereinbaren.“

Da die wesentlichen Bestandteile eines Angebots (essentialia negotii) enthalten sind, können wir hier von einem bindenden Angebot i. S. d. § 145 BGB ausgehen.

Bewerber B äußert sich wie folgt: „Das freut mich sehr. Vielen Dank für Ihr Angebot. Ich komme gerne zum 1.10.2021.“ Hier gehen wir von einer Annahme des Angebots durch B aus, sodass in diesem Moment ein Arbeitsvertrag entstanden ist.

Aufgrund der o. g. Formfreiheit bedarf es nun keinerlei Einhaltung einer Form, um den Arbeitsvertrag entstehen zu lassen.

Was ist dennoch gem. § 2 NachwG zu tun? Der Arbeitgeber ist nun in der Verpflichtung bzw. der Arbeitnehmer hat einen Anspruch darauf, vom Arbeitgeber spätestens einen Monat nach Beginn des Arbeitsverhältnisses die Niederschrift der wesentlichen Arbeitsbedingungen ausgehändigt zu bekommen. Das Arbeitsverhältnis beginnt am 1.10.2021, sodass A dem B die Niederschrift spätestens am 1.11.2021 aushändigen muss.

Fallstrick „Teilzeit“

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten als Führungskraft am Freitag, 21.5.2021 eine E-Mail mit folgendem Inhalt:

„Liebe Chefin,

ich spiele schon lange mit dem Gedanken, meine Arbeitszeit zu reduzieren. Ich möchte daher gerne ab 1.10.2021 meine Arbeitszeit von 40 auf 20 Wochenstunden reduzieren. Hierbei stelle ich mir vor, Montag bis Donnerstag jeweils fünf Stunden am Vormittag zu arbeiten.

Ich hoffe hier auf dein Wohlwollen und bitte um Bestätigung über die Arbeitszeitänderung ab 1.10.2021.

Danke und Gruß

Birgit“

Gibt es hier rechtlich etwas zu beachten? Was passiert, wenn ich nicht reagiere oder es vergesse? Hier liegt ein „klassischer Fallstrick“ vor, der bei „Nichtstun“ schnell zu unerwarteten Rechtfolgen führen kann. Relevant ist ein Blick in § 8 Abs. 1–5 TzBfG.

Was ist bisher passiert? Zunächst hat die Arbeitnehmerin am 21.5.2021 Teilzeit beantragt. Dies kann sie gem. § 8 Abs. 1 TzBfG verlangen, wenn ihr Arbeitsverhältnis länger als sechs Monate bestanden hat, wovon wir hier ausgehen wollen.

Der Arbeitnehmer muss hierbei gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor deren Beginn in Textform geltend machen. Er soll dabei gem. § 8 Abs. 2 Satz 2 TzBfG die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit angeben.

Im vorliegenden Sachverhalt hat die Arbeitnehmerin die Frist von drei Monaten eingehalten. Das Antragsdatum ist der 21.5., der Teilzeitwunsch gilt ab 1.10. und sie hat zudem den Umfang mit 20 Wochenstunden sowie die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit (Montag bis Donnerstag je fünf Stunden) angegeben.

Damit hat die Arbeitnehmerin die Anspruchsvoraussetzungen des § 8 Abs. 2 TzBfG – mit Ausnahme der noch nicht geprüften Textform – erfüllt. Um einen Teilzeitanspruch i.S. d. § 8 Abs. 2 Satz 1 TzBfG geltend zu machen, müsste die Arbeitnehmerin nun auch das Formerfordernis der Textform erfüllen. Diese ist in § 126b BGB wie folgt definiert:

„Ist durch Gesetz Textform vorgeschrieben, so muss eine lesbare Erklärung, in der die Person des Erklärenden genannt ist, auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden. Ein dauerhafter Datenträger ist jedes Medium, das

  1. es dem Empfänger ermöglicht, eine auf dem Datenträger befindliche, an ihn persönlich gerichtete Erklärung so aufzubewahren oder zu speichern, dass sie ihm während eines für ihren Zweck angemessenen Zeitraums zugänglich ist, und
  2. geeignet ist, die Erklärung unverändert wiederzugeben.“

Hiernach erfüllt eine E-Mail die Textform i. S. d. § 126b BGB, denn die „telekommunikative Übermittlung“ wird der Textform zugeordnet. Zu der telekommunikativen Übermittlung wird neben dem Fax grundsätzlich auch die E-Mail gezählt. Das OLG München hat entschieden (Urt. v. 26.2.2012 – 23 U 3798/11), dass dazu nicht erforderlich ist, dass ein eingescanntes unterzeichnetes Schreiben übermittelt wird. Vielmehr soll es bei der vertraglich vereinbarten Form im Zweifel genügen, wenn die Erklärung im Body der E-Mail mitgeteilt wird.

Somit hat die Arbeitnehmerin im Beispielfall mit ihrer E-Mail die erforderliche Textform gewahrt und alle Tatbestandsmerkmale des § 8 Abs. 2 TzBfG erfüllt.

Dem Arbeitgeber ist nun dringend zu raten, das Gespräch mit der Arbeitnehmerin zu suchen und hier seiner Erörterungspflicht aus § 8 Abs. 3 TzBfG nachzukommen. Egal ob er das tut oder nicht bzw. zu welchem Ergebnis er kommt, entscheidend ist, dass der Arbeitgeber gem. § 8 Abs. 4 TzBfG der Verringerung der Arbeitszeit zuzustimmen hat und ihre Verteilung entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers festlegen muss, soweit betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Ein betrieblicher Grund liegt insbesondere vor, wenn die Verringerung der Arbeitszeit die Organisation, den Arbeitsablauf oder die Sicherheit im Betrieb wesentlich beeinträchtigt oder unverhältnismäßige Kosten verursacht.

Achtung bei Ablehnung des Teilzeitwunschs: Möchte (und darf) der Arbeitgeber den Teilzeitanspruch ablehnen, so muss dieser gem. § 8 Abs. 5 Satz 1 TzBfG seine Entscheidung über die Verringerung der Arbeitszeit und ihre Verteilung spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Verringerung in Textform an den Arbeitnehmer mitteilen.

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Der Arbeitgeber müsste im Beispiel somit spätestens am 1.9.2021, also einen Monat vor dem gewünschten Beginn am 1.10.2021, seine Entscheidung in Textform mitteilen. Als Textform genügt, wie wir oben schon festgestellt haben, auch die E-Mail, sodass man formgerecht auf den per E-Mail mitgeteilten Teilzweitwunsch auch die Entscheidung durch den Arbeitgeber auf gleichem Wege kommunizieren kann.

Frist und Form dürfen wir nicht unterschätzen, denn die Rechtsfolge ihrer Missachtung kommt gnadenlos gem. § 8 Abs. 5 Satz 3 TzBfG auf uns zu. Haben sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer nicht nach § 8 Abs. 3 Satz 1 TzBfG über die Verringerung der Arbeitszeit geeinigt und hat der Arbeitgeber die Arbeitszeitverringerung nicht spätestens einen Monat vor deren gewünschtem Beginn in Textform abgelehnt, verringert sich die Arbeitszeit in dem vom Arbeitnehmer gewünschten Umfang. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer über die Verteilung der Arbeitszeit kein Einvernehmen nach § 8 Abs. 3 Satz 2 TzBfG erzielt und hat der Arbeitgeber nicht spätestens einen Monat vor dem gewünschten Beginn der Arbeitszeitverringerung die gewünschte Verteilung der Arbeitszeit in Textform abgelehnt, gilt die Verteilung der Arbeitszeit entsprechend den Wünschen des Arbeitnehmers als festgelegt.

Zusammengefasst gilt also Folgendes: So haben wir vermutlich im Kopf, dass „Schweigen“ kein Handeln im rechtlichen Sinne ist und finden hier eine Ausnahme. Das Schweigen auf einen Teilzeitantrag des Arbeitnehmers wird sodann gem. § 8 Abs. 5 Satz 4 TzBfG zu dessen Wünschen festlegt. Die Mitteilung des Arbeitgebers muss bei Teilzeitwünschen in Textform (§ 126b BGB) erfolgen. In der Erklärung muss hinreichend deutlich werden, dass der Arbeitgeber einen Teilzeitwunsch ablehnen will (BAG, Urt. v. 20.1.2015 – 9 AZR 860/13, AuA 5/16, S. 312). Ein klarer Bezug zum Teilzeitwunsch ist danach unerlässlich. Eine mündliche Ablehnung (vgl. BAG, Urt. v. 18.5.2004 – 9 AZR 319/03, NZA 2005, S. 108, 110) hindert den Fiktionseintritt nicht. Die Textform ist nach dem Willen des Gesetzgebers erforderlich, obgleich die geforderte Mitteilung keine Willenserklärung darstellt, sondern nur kundtut, dass das Angebot des Arbeitnehmers nicht angenommen werde und somit, dass gerade keine Willenserklärung abgegeben werden soll (vgl. BeckOK ArbR/Bayreuther, 59. Ed. v. 1.3.2021, TzBfG § 8 Rn. 65, 66).

Fallstrick „Befristung“

Ein besonderes Augenmerk soll hier auch auf die Schriftformerfordernis bei befristeten Arbeitsverträgen gelegt werden. Zum Einstieg wieder ein Beispiel: Der Personalleiter des Arbeitgebers A möchte nach mehreren Vorstellungsgesprächen mit Bewerbern nun dem geeigneten Kandidaten B für die Stelle als Bilanzbuchhalter ein Vertragsangebot machen. Die Stelle ist als Elternzeitvertretung gem. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 TzBfG ausgeschrieben und soll von Bewerber B für den Zeitraum vom 1.10.2021 bis 31.3.2023 befristet besetzt werden.

Es ist kurz vor Monatsende und der Personalleiter möchte den Vertrag noch vor dem Monatswechsel abschließen. A übergibt den „Fall“ seinem Personalreferenten P und bittet diesen, den von der Geschäftsführung bereits im Original unterschriebenen sachgrundbefristeten Arbeitsvertrag schnellstmöglich dem Bewerber B zu dessen Unterschrift zu übersenden.

P ist der Auffassung, dass der schnellste Weg hier sein könnte, den befristeten Vertrag zu scannen und als E-Mail-Anlage dem B mit der Bitte um Unterschrift und Rücksendung per E-Mail zu übersenden. So setzt es P auch um. B sendet dem P eine von ihm unterschriebene Fassung ebenfalls als Scankopie per E-Mail zurück.

Wie ist das rechtlich zu würdigen? Zunächst schauen wir auf § 14 Abs. 4 TzBfG. Dieser besagt, dass die Befristung eines Arbeitsvertrags zur Wirksamkeit der Schriftform bedarf (vgl. BeckOK ArbR/Bayreuther, 59. Ed. v. 1.3.2021, TzBfG § 14 Rn. 1–150e).

Um zu wissen, wie die Schriftform definiert ist, schauen wir auf § 126 Abs. 1 und 2 BGB. Abs. 1 verlangt, wenn durch Gesetz schriftliche Form vorgeschrieben ist, dass die Urkunde – hier der befristete Arbeitsvertrag – von dem Aussteller – hier dem Arbeitgeber – eigenhändig durch Namensunterschrift oder mittels notariell beglaubigten Handzeichens unterzeichnet wird. Bei einem Vertrag – hier beim befristeten Arbeitsvertrag – muss gem. Abs. 2 die Unterzeichnung der Parteien – sprich Arbeitgeber und Arbeitnehmer – auf derselben Urkunde erfolgen (vgl. Mansel, in: Jauernig, Bürgerliches Gesetzbuch, 18. Aufl. 2021, BGB § 126). Wir haben somit als Voraussetzungen zur Erfüllung der Schriftform zu prüfen, ob der Arbeitgeber im vorliegenden Fall die Schriftform gewahrt hat. Eigenhändig i. S. d. § 126 Abs. 1 BGB hat die Geschäftsführung den Vertrag wohl unterschrieben. Doch wie ist § 126 Abs. 2 BGB hier zu verstehen? Man spricht auch von der sog. „Urkundeneinheit“ (vgl. BGH, Urt. v. 5.7.2000 – XII ZR 70/98; BVerwG, Beschl. v. 28.1.2010 – 9 B 46.09). Das heißt, dass die vertragsschließenden Parteien zur Erfüllung der Schriftform auf „derselben“ Urkunde unterschreiben müssen (vgl. Mansel, a. a. O.).

Da P den Vertrag scannt und per E-Mail an B sendet, verbleibt die Originalausfertigung inkl. der eigenhändigen Unterschrift des Arbeitgebers bei P. B, der den Vertrag ausdruckt, unterschreibt und scannt, unterschreibt ebenfalls eigenhändig, doch allerdings neben einer Kopie der eigenhändigen Unterschrift des Arbeitgebers. Die eigenhändige Unterschrift des B verbleibt bei ihm. Beim Austausch von Scankopien wird es somit im vorliegenden Fall keine Vertragsausfertigung geben, auf der beide Vertragsparteien eigenhändig unterschrieben haben. Wir haben am Ende somit beide Unterschriften zwar auf der „gleichen“ Urkunde. Es fehlt aber an der Anspruchsvoraussetzung des § 126 Abs. 2 BGB, dass beide Vertragsparteien eigenhändig auf „derselben“ Urkunde unterschreiben.

Nun könnte man mit § 126 Abs. 3 BGB argumentieren, der ermöglicht, dass die aus § 14 Abs. 4 TzBfG verlangte schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden kann. Doch auch so kann die E-Mail des P an B nicht die „elektronische Form“ erfüllen, denn die elektronische Form ist in § 126a BGB wie folgt definiert:

(1) Soll die gesetzlich vorgeschriebene schriftliche Form durch die elektronische Form ersetzt werden, so muss der Aussteller der Erklärung dieser seinen Namen hinzufügen und das elektronische Dokument mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen.

(2) Bei einem Vertrag müssen die Parteien jeweils ein gleichlautendes Dokument in der in Absatz 1 bezeichneten Weise elektronisch signieren.

Im vorliegenden Fall ist die elektronische Form nicht gewahrt, denn § 126a BGB verlangt, dass das elektronische Dokument – hier der befristete Arbeitsvertrag – mit einer qualifizierten elektronischen Signatur nach dem Signaturgesetz versehen wird. Diesem Erfordernis wird eine einfache E-Mail nicht gerecht.

Was ist somitdieRechtsfolge? Nun, fassen wir zusammen, dass A zur wirksamen Befristung des Arbeitsvertrags mit B die Schriftform gem. § 14 Abs. 4 TzBfG i. V. m. § 126a BGB hätte erfüllen müssen. Dies hat er durch die Versendung des befristeten Vertrags als Scankopie aber nicht (keine Urkundeneinheit). Die Rechtfolge leiten wir aus § 16 Satz 1 TzBfG ab. Ist hiernach die Befristung rechtsunwirksam, so gilt der befristete Arbeitsvertrag als auf unbestimmte Zeit geschlossen. A hat somit mit B einen unbefristeten Arbeitsvertrag abgeschlossen (vgl. BeckOK ArbR/Bayreuther, 59. Ed. v. 1.3.2021, TzBfG § 16 Rn. 1–12).

Die Nichterfüllung des Schriftformerfordernisses aus § 14 Abs. 4 TzBfG führt somit nicht zur Unwirksamkeit des Arbeitsvertrags, sondern zur Unwirksamkeit der Befristungsabrede.

Wie kann A reagieren? Grundsätzlich kann der nun unbefristet geschlossene Arbeitsvertrag vom Arbeitgeber frühestens zum vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden, sofern nicht nach § 15 Abs. 3 TzBfG die ordentliche Kündigung zu einem früheren Zeitpunkt möglich ist. § 16 Satz 2 TzBfG regelt allerdings, dass sofern die Befristung nur wegen des Mangels der Schriftform unwirksam ist, der Arbeitsvertrag auch vor dem vereinbarten Ende ordentlich gekündigt werden kann.

A kann somit auf Basis von § 16 Satz 2 TzBfG den „ungewollt“ unbefristet abgeschlossenen Arbeitsvertrag mit B ordentlich kündigen.

Hier ist dem Arbeitgeber dringend zu empfehlen, sofern er den Umstand des unbefristeten Vertrags innerhalb der sechsmonatigen Wartezeit des Kündigungsschutzgesetzes feststellt, die Kündigung innerhalb der Wartezeit zu erklären.

Fazit

Die Vertragsfreiheit ist für den Abschluss von Arbeitsverträgen in Bezug auf die Abschlussfreiheit, Inhaltsfreiheit und Formfreiheit ein durchaus beachtenswertes und wichtiges Rechtsgut.

Es ist aber anzuraten, sich mit den Formerfordernissen im Arbeitsrecht detailliert auseinanderzusetzen, um Fallstricke zu vermeiden und Stolpersteine zu umgehen. So existieren bspw. weitere Formvorschriften im Rahmen der Beendigung von Arbeitsverhältnissen durch Kündigung oder Aufhebungsvertrag (§ 623 BGB).

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· Artikel im Heft ·

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Seite 26 bis 30
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