Zuordnung des Arbeitnehmers im steuerlichen Reisekostenrecht

1105
 Bild: DOC RABE Media/stock.adobe.com
Bild: DOC RABE Media/stock.adobe.com

Der BFH hat sich mit Urteil vom 14.9.2023 (VI R 27/21) zu den Voraussetzungen einer steuerlich wirksamen Zuordnung eines Arbeitnehmers geäußert. Im zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um einen Bauleiter, der bei einem international tätigen Bauunternehmen angestellt war. Das Bauunternehmen hatte eine Niederlassung in Z. Gemäß Arbeitsvertrag war der Einstellungsort ebenfalls Z. Das veranlagende Finanzamt leitete daraus das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte in Z ab. Dagegen wehrte sich der Kläger.

Nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG ist eine erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Bestimmung erfolgt vorrangig anhand der arbeitsvertraglichen Zuordnung des Arbeitgebers, hilfsweise unter Heranziehung quantitativer Kriterien. Die Zuordnungsentscheidung kann insbesondere im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers erfolgen. Erfolgt die Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung, weil der Arbeitnehmer dort seine Arbeitsleistung erbringen soll, ist diese Zuordnung auch steuerrechtlich maßgeblich. Auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit kommt es nicht an; erforderlich, aber ausreichend ist, dass zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbracht werden, die arbeitsrechtlich geschuldet sind und die zu dem ausgeübten Berufsbild des jeweiligen Arbeitnehmers gehören.

#ArbeitsRechtKurios: Amüsante Fälle aus der Rechtsprechung deutscher Gerichte - in Zusammenarbeit mit dem renommierten Karikaturisten Thomas Plaßmann (Frankfurter Rundschau, NRZ, Berliner Zeitung, Spiegel Online, AuA).

Im zu beurteilenden Sachverhalt war die Angabe des Einstellungsorts im Arbeitsvertrag gemäß Zeugenaussagen so zu verstehen, dass der Bauleiter einem Gruppenleiter in Z zugeordnet bzw. unterstellt war. Diese Zuordnung ist aus organisatorischen Gründen erfolgt. Nach Ansicht der BFH-Richter entspricht es zwar regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass ein Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll. Soll der Arbeitnehmer aber nicht nur an einer bestimmten betrieblichen Einrichtung tätig werden, sondern bspw. an unterschiedlichen betrieblichen Einrichtungen oder ganz überwiegend außerhalb solcher betrieblicher Einrichtungen, ergibt sich entgegen der Ansicht des Finanzamtes keine (stillschweigende) Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers allein daraus, dass der Arbeitnehmer diese betriebliche Einrichtung nur gelegentlich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsuchen muss, im Übrigen die Arbeitsleistung aber überwiegend außerhalb dieser festen Einrichtung erbringt.

Die BFH-Richter verneinten somit das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte.

AttachmentSize
Beitrag als PDF herunterladen116.03 KB

· Artikel im Heft ·

Zuordnung des Arbeitnehmers im steuerlichen Reisekostenrecht
Seite 49
Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Sind die materiell-rechtlichen Fragen des Zivilprozesses entschieden oder entscheidungsreif – Gleiches gilt für den Arbeitsgerichtsprozess

Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Regelmäßig taucht die Frage auf, inwiefern auch schon im Vorfeld von Beschlussverfahren Kosten für die Rechtsberatung von der Dienststelle

Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Am 6. und 7. Juni 2024 fand in Erfurt das 11. Europarechtliche Symposion des Bundesarbeitsgerichts und des Deutschen

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Einführung

Der djb ist ein unabhängiger frauenpolitischer Verband, in dem sich Juristinnen, Volks- und Betriebswirtinnen zusammengeschlossen haben

Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Die Zeit ist reif

Die meisten Studien und Annahmen, die wir heute treffen, beziehen wir auf ein industrielles Wirtschaftsmodell, ein

Wie mittlerweile viele Branchen leiden auch der Tourismus, das Gast- und Hotelgewerbe unter dem Mangel an Arbeitskräften. Die Denkfabrik Zukunft der