Der BFH hat sich mit Urteil vom 14.9.2023 (VI R 27/21) zu den Voraussetzungen einer steuerlich wirksamen Zuordnung eines Arbeitnehmers geäußert. Im zugrunde liegenden Sachverhalt ging es um einen Bauleiter, der bei einem international tätigen Bauunternehmen angestellt war. Das Bauunternehmen hatte eine Niederlassung in Z. Gemäß Arbeitsvertrag war der Einstellungsort ebenfalls Z. Das veranlagende Finanzamt leitete daraus das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte in Z ab. Dagegen wehrte sich der Kläger.
Nach der Legaldefinition in § 9 Abs. 4 Satz 1 EStG ist eine erste Tätigkeitsstätte die ortsfeste betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, eines verbundenen Unternehmens oder eines vom Arbeitgeber bestimmten Dritten, der der Arbeitnehmer dauerhaft zugeordnet ist. Die Bestimmung erfolgt vorrangig anhand der arbeitsvertraglichen Zuordnung des Arbeitgebers, hilfsweise unter Heranziehung quantitativer Kriterien. Die Zuordnungsentscheidung kann insbesondere im Arbeitsvertrag oder durch Ausübung des Direktionsrechts des Arbeitgebers erfolgen. Erfolgt die Zuordnung zu einer betrieblichen Einrichtung, weil der Arbeitnehmer dort seine Arbeitsleistung erbringen soll, ist diese Zuordnung auch steuerrechtlich maßgeblich. Auf den qualitativen Schwerpunkt der Tätigkeit kommt es nicht an; erforderlich, aber ausreichend ist, dass zumindest in geringem Umfang Tätigkeiten erbracht werden, die arbeitsrechtlich geschuldet sind und die zu dem ausgeübten Berufsbild des jeweiligen Arbeitnehmers gehören.
Ein Überblick über die drei Teilbereiche des „Kollektiven Arbeitsrechts“: Betriebsverfassungsrecht (BetrVG, SprAuG, EBRG), Unternehmensmitbestimmungsrecht (DrittelbG, MitbestG, Montan-MitbestG), Tarifvertrags- und Arbeitskampfrecht (TVG, Artikel 9 III GG)
Im zu beurteilenden Sachverhalt war die Angabe des Einstellungsorts im Arbeitsvertrag gemäß Zeugenaussagen so zu verstehen, dass der Bauleiter einem Gruppenleiter in Z zugeordnet bzw. unterstellt war. Diese Zuordnung ist aus organisatorischen Gründen erfolgt. Nach Ansicht der BFH-Richter entspricht es zwar regelmäßig der Lebenswirklichkeit, dass ein Arbeitnehmer der betrieblichen Einrichtung zugeordnet ist, in der er tatsächlich tätig ist oder werden soll. Soll der Arbeitnehmer aber nicht nur an einer bestimmten betrieblichen Einrichtung tätig werden, sondern bspw. an unterschiedlichen betrieblichen Einrichtungen oder ganz überwiegend außerhalb solcher betrieblicher Einrichtungen, ergibt sich entgegen der Ansicht des Finanzamtes keine (stillschweigende) Zuordnung eines Arbeitnehmers zu einer ortsfesten betrieblichen Einrichtung des Arbeitgebers allein daraus, dass der Arbeitnehmer diese betriebliche Einrichtung nur gelegentlich zur Ausübung seiner beruflichen Tätigkeit aufsuchen muss, im Übrigen die Arbeitsleistung aber überwiegend außerhalb dieser festen Einrichtung erbringt.
Die BFH-Richter verneinten somit das Vorliegen einer ersten Tätigkeitsstätte.
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