Kein allgemeines Fragerecht nach Vorstrafen

§§ 123, 142 BGB; § 22 BBiG; § 53 BZRG

1. Die wahrheitswidrige Beantwortung einer zulässigen Frage nach Vorstrafen bzw. Ermittlungs- oder Strafverfahren berechtigt jedenfalls dann zur Anfechtung des zugrundeliegenden Vertrags wegen arglistiger Täuschung, wenn diese kausal für den Vertragsabschluss war.

2. Pauschale, unspezifische Fragen nach Vorstrafen bzw. Ermittlungs- oder Strafverfahren jedweder Art sind demgegenüber regelmäßig unzulässig – insoweit besteht für (potenzielle) Arbeitgeber kein allgemeines Fragerecht.

3. Das bloße Verschweigen von nicht nachgefragten Tatsachen qualifiziert sich zumindest beim Vorliegen einer Offenbarungspflicht des Bewerbers als eine zur Anfechtung berechtigende Täuschung.

(Leitsätze des Bearbeiters)

ArbG Bonn, Urteil vom 20.5.2020 – 5 Ca 83/20

1106
Bild: bennetsteiner/stock.adobe.com
Bild: bennetsteiner/stock.adobe.com

Problempunkt

Im vorliegenden Fall wurde der Kläger aufgrund eines schriftlichen Ausbildungsvertrags mit Wirkung ab dem 1.8.2018 bei der Beklagten zur Fachkraft für Lagerlogistik ausgebildet. Im zeitlich vorgelagerten Einstellungsverfahren hatte der Kläger auf einem bei der Beklagten verwendeten „Personalblatt“ die dort enthaltene Frage nach „Gerichtliche[n] Verurteilungen/schwebende[n] Verfahren“ wahrheitswidrig mit der Ankreuzmöglichkeit „Nein“ beantwortet. Nur kurze Zeit später – mithin bereits am 4.7.2018 – wurde der Kläger zu einer mehrjährigen Freiheitsstrafe wegen eines Raubdelikts verurteilt.

Weiterlesen mit AuA-PLUS

Um den kompletten Artikel zu lesen benötigen Sie AuA-PLUS.

 

Falls Sie Fragen zu unseren Produkten oder Ihrem Bezugsstatus haben, können Sie unseren Leserservice kontaktieren »

David Johnson

David Johnson
MBA, LL.M. (Stellenbosch), Compliance Officer (Univ.), Rechtsanwalt, München

· Artikel im Heft ·

Kein allgemeines Fragerecht nach Vorstrafen
Seite 684
Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Problempunkt

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung zur Aufhebung einer Versetzung des vorbestraften Arbeitnehmers A. Der

Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Die Corona-Pandemie hatte auch 2021 den Ausbildungsmarkt fest im Griff. Die Zahlen sprechen eine eindeutige Sprache. Bereits im ersten

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Problempunkt

Gegenstand des Rechtsstreits ist der Bestand des Arbeitsverhältnisses. Der Kläger ist seit mehreren Jahren bei der

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Ausgangslage

„Sachgrundlose Arbeitszeitverringerung für mehr Flexibilität“ (vgl. Plenarprotokoll, 19/58, S. 6392f., 2018). Diese

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Problempunkt

Die Klägerin ist in der von der Beklagten betriebenen Oberschule als Lehrerin beschäftigt. Nach Erteilung von zwei

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

● Problempunkt

Der Kläger ist seit April 2016 bei dem Arbeitgeber als Verkehrsflugzeugführer beschäftigt. Er absolvierte im Mai 2018 einen Lehrgang