Minderung des privaten Nutzungsvorteils im Rahmen der 1%-Regelung
Problempunkt
Der Arbeitgeber stellte seinem im Außendienst tätigen Arbeitnehmer einen Dienstwagen mit einem Bruttolistenpreis von 52.300 Euro zur dienstlichen und privaten Nutzung zur Verfügung. Vereinbarungsgemäß trug der Mitarbeiter die Kraftstoffkosten für die privaten und die beruflichen Fahrten, im Streitjahr 2012 insgesamt 5.599 Euro. Die übrigen Kosten übernahm der Arbeitgeber. Das Finanzamt setzte den geldwerten Vorteil für die Privatnutzung nach der 1%-Regelung mit monatlich 523 Euro an. Das Begehren des Klägers, die Kraftstoffkosten zu berücksichtigen, lehnte es unter Hinweis auf die Rechtsprechung des BFH ab. Dementgegen erkannte das FG Düsseldorf die Kraftstoffkosten i. H. v. 5.599 Euro in dem folgenden Klageverfahren als Werbungskosten an.
Entscheidung
Der BFH wies die hiergegen gerichtete Revision des Finanzamts als unbegründet zurück. Die vom Kläger aufgewendeten Kraftstoffkosten waren steuerlich zu berücksichtigen. Sein durch die Überlassung des Dienstwagens entstehender, der Höhe nach im Wege der 1%-Regelung (§ 8 Abs. 2 Satz 2 EStG) bewerteter Nutzungsvorteil führte zu einem Zufluss von Arbeitslohn. Genauso wie bei der Zahlung eines Nutzungsentgelts bewirkte die Übernahme der Kraftstoffkosten eine Minderung des Nutzungsvorteils auf der Einnahmenseite. Dies hatte zur Folge, dass nur die Differenz der Besteuerung zu unterwerfen war. Der nutzungswertmindernden Berücksichtigung der individuellen Kfz-Kosten stand die1%-Regelung als pauschalierende Bewertungsvorschrift nicht entgegen. Demgemäß war von dem monatlichen Nutzungsvorteil von 523,00 Euro (= 1 % des Bruttolistenpreises von 52.300 Euro) der monatliche Kraftstoffaufwand von 466,58 Euro (= 5.599 Euro : 12) in Abzug zu bringen, sodass ein monatlich zu versteuernder Nutzungs-vorteil von 56,42 Euro p. M. (= 523,00 Euro ./. 466,58 Euro) verblieb.
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Konsequenzen
Überlässt der Arbeitgeber einen betrieblichen Pkw auch zur privaten Nutzung, führt der hierdurch entstehende Nutzungsvorteil zu einer Bereicherung des Mitarbeiters und damit zum Zufluss von Arbeitslohn i. S. d. § 19 EStG (std. Rspr. BFH, Urt. v. 20.3.2014 – VI R 35/12, BFHE 245, S. 192). Der Wert der privaten Nutzung ist nach § 8 Abs. 2 Satz 2 EStG entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG mittels der sog. 1%-Regelung zu ermitteln. Hiernach ist der Nutzungsvorteil bei einem Kraftfahrzeug, das zu mehr als 50 % betrieblich genutzt wird, für jeden Kalendermonat mit 1 % des inländischen Listenpreises im Zeitpunkt der Erstzulassung zuzüglich der Kosten für Sonderausstattung einschließlich Umsatzsteuer anzusetzen. Zahlt der Angestellte an das Unternehmen ein Nutzungsentgelt für die außerdienstliche Nutzung, mindert dies den Wert des geldwerten Vorteils aus der Nutzungsüberlassung (BFH, Urt. v. 7.11.2006 – VI R 95/04, BFHE 215, S. 252). In Höhe der Zuzahlung fehlt es an einer Bereicherung und damit an einer Grundvoraussetzung für das Vorliegen von Arbeitslohn i. S. d. § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 EStG. Der steuerbare Vorteil des Arbeitnehmers besteht in einem solchen Fall lediglich in der Differenz zwischen dem Wert der Nutzungsüberlassung und dem vom Mitarbeiter zu zahlenden Nutzungsentgelt.
Gleiches gilt, wenn der Mitarbeiter im Rahmen der privaten Nutzung einzelne (individuelle) Kosten, wie Kraftstoffkosten, des betrieblichen Pkw trägt. Aufgrund einer solchen Kostenübernahme wird der Vorteil auf der Einnahmenseite gemindert, da es in Höhe der übernommenen nutzungsabhängigen Kfz-Kosten an einem lohnsteuerbaren Vorteil fehlt. Dem steht der Umstand, dass mit der 1%-Regelung eine stark vereinfachende, typisierende und pauschalierende Bewertungsvorschrift geschaffen werden sollte, nicht entgegen. Hierdurch wird die vorteilsmindernde Berücksichtigung individueller Kfz-Kosten nicht ausgeschlossen. Liegen allerdings die Eigenleistungen des Arbeitnehmers über dem privaten Nutzungsvorteil, führt der übersteigende Betrag weder zu negativem Arbeitslohn noch zu Werbungskosten (BFH, Urt. v. 30.11.2016 – VI R 49/14).
Praxistipp
Nach der bisherigen Rechtsprechung des BFH (Urt. v. 18.10.2007 – VI R 57/06, BFHE 219, S. 206), der die Finanzverwaltung folgt (BMF-Schreiben v. 19.4.2013, BStBl. I 2013, S. 513), kam ein Abzug einzelner vom Arbeitnehmer selbst getragener Kfz-Kosten nicht in Betracht, wenn der Nutzungsvorteil nach der1%-Regelung ermittelt wurde. Diesen Standpunkt hat der BFH ausdrücklich aufgegeben, sodass nunmehr individuell vom Arbeitnehmer getragene Kosten den privaten Nutzungsvorteil entsprechend senken. Beachten sollte man jedoch, dass derartige Zuzahlungen nur zu einer Minderung auf der Einnahmenseite und damit niemals zu negativen Einkünften führen können.Zudem stellt der BFH ausdrücklich klar, dass eine vorteilsmindernde Berücksichtigung derartiger Aufwendungen nur dann in Betracht kommt, wenn der Mitarbeiter den geltend gemachten Pkw-bezogenen Aufwand im Einzelnen darlegt und belastbar nachweist. Dies hat seinen Grund zum einen darin, dass den Arbeitnehmer die objektive Feststellungslast für die behaupteten Aufwendungen trifft. Zum anderen besteht an der Grenzlinie zwischen Berufs- und Privatsphäre ein Anreiz für den Steuerpflichtigen, Privataufwendungen der Erwerbssphäre zuzuordnen, um so einen Abzug zu erreichen. Diesem Bestreben haben Finanzgerichte und -verwaltung bei der Sachverhaltsaufklärung und Rechtsanwendung besonders Rechnung zu tragen. Deshalb sollten die Beteiligten bedenken, dass im Streitfall nicht allein auf die Darstellung des Steuerpflichtigen abzustellen ist, sondern entsprechende schriftliche Vereinbarungen und Belege über die aufgewendeten Kosten vorzulegen sind.
Dr. Ralf Laws
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