Keine Suchpflicht des Dienstherrn, wenn der Beamte eine (amts-)ärztliche Untersuchung verweigert

Bild: jozefmicic/stock.adobe.com
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Wird aus der Verweigerung einer – rechtmäßig angeordneten – ärztlichen Begutachtung auf die Dienstunfähigkeit eines Beamten geschlossen, entfällt die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendung. Dies hat das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig entschieden.

Die Klägerin war Lehrerin im Dienst des beklagten Landes. Aufgrund verschiedener dienstlicher Konflikte, die aus Sicht des Dienstherrn Anlass zu Zweifeln an ihrer Dienstfähigkeit gaben, ordnete dieser wiederholt die amtsärztliche Untersuchung der Klägerin an. Die Klägerin kam den Untersuchungsanordnungen nicht nach. Der Beklagte versetzte die Klägerin daraufhin wegen Dienstunfähigkeit vorzeitig in den Ruhestand, ohne eine anderweitige Verwendbarkeit der Klägerin zu prüfen. Die nach erfolglos durchgeführtem Vorverfahren erhobene Klage ist in beiden Instanzen ohne Erfolg geblieben.

Das Bundesverwaltungsgericht hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen: Auch dann, wenn die Folgen der Verweigerung einer ärztlichen Untersuchung nicht ausdrücklich gesetzlich geregelt sind, kann nach dem Rechtsgedanken der §§ 427, 444 und 446 ZPO von der Verweigerung, sich ärztlich untersuchen zu lassen, auf die Dienstunfähigkeit des Beamten geschlossen werden. Die Annahme der Beweisvereitelung setzt aber voraus, dass die Untersuchungsanordnung rechtmäßig ist. Hierfür ist u. a. erforderlich, dass die tatsächlichen Anhaltspunkte, die Zweifel an der Dienstfähigkeit des Beamten begründen, in der Anordnung aufgeführt sind. Der Beamte muss in die Lage versetzt werden zu entscheiden, ob er das Risiko, sich der ärztlichen Untersuchung nicht zu unterziehen, in Kauf nehmen oder ggf. ein gerichtliches Eilverfahren anstrengen möchte. Art (Fachrichtung) und Umfang der Untersuchung sind in der Anordnung vom Dienstherrn zu bestimmen. Die Festlegung des Umfangs (etwa orientierende Untersuchung/fachärztliche Zusatzbegutachtungen) dient der Beschränkung der Untersuchung auf das für die Feststellung der Dienstunfähigkeit erforderliche Maß. Einer Festlegung des Untersuchungsablaufs oder einzelner Untersuchungsmethoden bedarf es dabei nicht. Ist die Untersuchung rechtmäßig angeordnet worden und hat der Beamte ihr nicht Folge geleistet, darf der Dienstherr von dessen Dienstunfähigkeit ausgehen. In diesem Fall entfällt auch die Pflicht zur Suche nach einer anderweitigen Verwendbarkeit, weil mangels jeglicher ärztlicher Erkenntnisse von einem fehlenden Restleistungsvermögen des Beamten auszugehen ist.

BVerwG, Urt. v. 27.6.2024 – 2 C 17.23

Vorinstanzen: OVG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 14.3.2023 – OVG 4 B 6/20 sowie VG Potsdam, Urt. v. 18.10.2017 – VG 2 K 4177/17

Pressemitteilung Nr. 34/2024 des BVerwG vom 27.6.2024

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