Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat

1105
 Bild: FAMILY STOCK/stock.adobe.com
Bild: FAMILY STOCK/stock.adobe.com

Gem. § 23 Abs. 1 BetrVG kann u. a. der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht den Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat wegen grober Verletzung seiner gesetzlichen Pflichten beantragen. Der Ausschluss setzt voraus, dass unter Berücksichtigung aller Umstände die weitere Amtsausübung des Betriebsratsmitglieds untragbar erscheint.

Ein Unternehmen der metallverarbeitenden Industrie hatte am 22.12.2020 ein Verfahren zum Ausschluss eines Betriebsratsmitglieds eingeleitet. Der Vorwurf lag in der groben Verletzung der Verschwiegenheitsverpflichtung, da das Mitglied persönliche Verhältnisse und Angelegenheiten von Arbeitnehmern, die ihm im Rahmen der Beteiligung nach § 99 BetrVG mitgeteilt worden waren, ausposaunt hatte. Das Arbeitsgericht gab dem Antrag im August 2021 statt. Das Betriebsratsmitglied legte dagegen Beschwerde ein. Am 30.11.2021 fand eine Neuwahl des Betriebsrats statt und das ausgeschlossene Mitglied wurde zum Betriebsratsvorsitzenden gewählt. In der Beschwerdeinstanz erweiterte der Arbeitgeber seinen Antrag auf Ausschluss auch aus dem am 30.11.2021 neu gewählten Betriebsrat.

In dieser Broschüre sind alle zentralen aushangpflichtigen Gesetze sowie eine Auswahl weiterer wichtiger Vorschriften in ihrer jeweils aktuellen Fassung zusammengestellt.
Als Aushangpflichtiger sind Sie damit auf der sicheren Seite!

Das Unternehmen unterlag in der Beschwerdeinstanz. Der Antrag, das Betriebsratsmitglied aus dem bis zur Neuwahl im Jahr 2021 amtierenden Betriebsrat auszuschließen, war unzulässig, weil das Rechtschutzinteresse an der begehrten Entscheidung entfallen ist. Mit dem Ende der Amtszeit des Betriebsrats kann sich ein Antrag auf Ausschluss des Mitglieds aus diesem Betriebsrat nicht mehr auswirken, da der gestaltende Beschluss nach § 23 Abs. 1 BetrVG keine Rückwirkung entfaltet, sondern nur für die Zukunft wirkt. Nachdem die Amtszeit des Betriebsrats mit der Neuwahl am 30.11.2021 geendet hatte, war das Rechtschutzinteresse entfallen.

Aber auch der Antrag auf Ausschluss aus dem neu gewählten Betriebsrat war nicht erfolgreich. Denn das BAG hat bereits im Juli 2016 entschieden, dass eine Pflichtverletzung, die während einer vorangegangenen Amtszeit des Betriebsrats begangen wurde, den Ausschluss des Betriebsratsmitglieds aus dem neu gewählten Betriebsrat nicht rechtfertigen kann (BAG, Urt. v. 27.7.2016 – 7 ABR 14/15). Das LAG Thüringen (Urt. v. 14.4.2022 – 2 TaBV 8/21) folgt dieser Rechtsprechung und verweist auf die Ausführungen des BAG.

Dr. Claudia Rid

Dr. Claudia Rid
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, München
AttachmentSize
Beitrag als PDF herunterladen105.28 KB

· Artikel im Heft ·

Ausschluss eines Mitglieds aus dem Betriebsrat
Seite 53
Frei
Bild Teaser
Body Teil 1

Die Betriebsverfassung fußt auf dem Ehrenamtsprinzip. Wie ist dieses im deutschen Arbeitsrecht verankert

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Nichtigkeit der Betriebsratswahl

Zunächst stellt sich – nicht nur für den Arbeitgeber – die Frage, ob die Wahl überhaupt wirksam ist. War sie

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Rechtliche Einordnung

Während die Beantwortung der eingangs aufgeworfenen Fragen grundsätzlich einen vertieften Blick in die Systematik des § 37

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Aktuelle gesetzliche Grundlagen der Betriebsratsvergütung

Nach § 37 Abs. 1 BetrVG führen die Mitglieder des Betriebsrats ihr Amt

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Vergütung nach der (richtigen) Vergleichsgruppe

Ausgangspunkt für die Bestimmung einer rechtskonformen Betriebsratsvergütung ist die

Premium
Bild Teaser
Body Teil 1

Rechtsverhältnis zum Betriebsrat

In Betrieben mit i. d. R. mindestens fünf Arbeitnehmern, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet