Beteiligung an Kosten der Lebensführung
Das Vorliegen einer steuerlich anzuerkennenden beruflich begründeten doppelten Haushaltsführung, das steuerfreie Erstattungen durch den Arbeitgeber von Aufwendungen in dem Zusammenhang oder alternativ den Abzug von Werbungskosten zulässt, ist oftmals nicht einfach zu bestimmen. Eine doppelte Haushaltsführung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer außerhalb des Ortes seiner ersten Tätigkeitsstätte einen eigenen Hausstand unterhält und auch am Ort der ersten Tätigkeitsstätte wohnt (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 5 Satz 2 EStG). Der Unterhalt eines eigenen Hausstands setzt somit das Innehaben einer Wohnung sowie eine finanzielle Beteiligung an den dortigen Kosten der Lebensführung voraus.
Der BFH hatte darüber zu urteilen, ob das Innehaben einer Wohnung ein eigenes Recht im Sinne eines entgeltlichen Nutzungsrechts, das wie bei Eigentum oder einem Mietverhältnis ein zur Ausschließung berechtigendes Hausrecht gewährt, erfordert oder ob es ausreichend ist, dass dem Steuerpflichtigen ein abgrenzbarer Teil eines Wohnhauses unentgeltlich, aber mit der Vereinbarung eines Nutzungsausschlusses durch die den Wohnraum Überlassenden, überlassen wird.
Im zu Grunde liegenden Sachverhalt studierte der Kläger zunächst in einem Bachelorstudiengang. Nach diesem Abschluss folgte ein Masterstudiengang an einer anderen Hochschule. Im Anschluss an den Masterstudiengang promovierte der Kläger. An den jeweiligen Studienorten wohnte der ledige Kläger in angemieteten Räumlichkeiten. Während der Studienzeit erzielte er Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Werkstudent, studentische Hilfskraft und wissenschaftlicher Mitarbeiter. Darüber hinaus erhielt er Leistungen nach dem BAföG.
Sein Lebensmittelpunkt lag während der streitigen Jahre weiterhin am Wohnort der Eltern. In deren Wohnhaus bewohnte er unentgeltlich das gesamte Obergeschoss, das einer abgeschlossenen Wohnung entsprach.
In den Einkommensteuererklärungen beantragte der Kläger u. a. den Abzug von Mehraufwendungen wegen einer beruflich veranlassten doppelten Haushaltsführung sowie Verpflegungsmehraufwendungen als Werbungskosten. Das Finanzamt (FA) erkannte lediglich die Aufwendungen für die Familienheimfahrten an, den Abzug weiterer Aufwendungen lehnte es ab. Das FG folgte der Ansicht des FA und lehnte die erhobene Klage mit der Begründung, dass am heimatlichen Wohnort kein eigener Hausstand geführt würde, sondern weiterhin eine Eingliederung in den Haushalt der Eltern bestehen würde, ab.
Dieser Entscheidung folgten die BFH-Richter in ihrem Urteil vom 29.4.2025 (VI R 12/23) nicht. Vielmehr stellten sie die Prüfungsreihenfolge bei einer doppelten Haushaltsführung klar: In einem ersten Schritt ist die Wohnsituation des Steuerpflichtigen am Ort des Lebensmittelpunktes zu bestimmen. Wird der Haushalt – wie im vorliegenden Sachverhalt – in einer in sich abgeschlossenen Wohnung geführt, die eigenständiges Wohnen und Wirtschaften erlaubt, kann davon ausgegangen werden, dass ein eigener Hausstand vorliegt. In einem zweiten Schritt wird die finanzielle Beteiligung an den Kosten der Lebensführung am heimatlichen Wohnsitz geprüft. Diese kann entfallen, wenn am Ort des Lebensmittelpunktes ein Ein-Personen-Haushalt geführt wird. In so einem Fall liegt immer eine finanzielle Kostentragung durch den einen Haushaltsführenden vor. Nur wenn mehrere Personen einen gemeinsamen Haushalt führen, kann sich der einzelne an den Kosten des Haushalts und damit auch an den Kosten der Lebensführung dort „beteiligen“. Aus welchen Quellen die Mittel zur Finanzierung des heimatlichen Wohnsitzes stammen – eigene Einkünfte, staatliche Transferleistungen, Darlehen, familiäre Geldgeschenke – ist unerheblich.
Der Sachverhalt wurde zur neuerlichen Beurteilung an das FG zurückverwiesen.
