Das Thema, welche geldwerten Leistungen einem Betriebsratsmitglied gewährt werden dürfen, beschäftigt die Gerichte immer wieder. Vor dem LAG Nürnberg ging es um den Vorsitzenden des Betriebsrats, der zugleich Mitglied im KBR und im europäischen Betriebsrat ist. Er wechselte als Projektingenieur Produktdatenmanagement zum 1.10.2008 in den AT-Bereich mit einem monatlichen AT-Gehalt von 7.100 Euro brutto. Der Änderungsvertrag sah vor, dass ihm ein Firmen-Pkw nach der jeweils gültigen Firmenrichtlinie – auch zur Privatnutzung – zur Verfügung gestellt wird. Im Juni 2016 wechselte das Betriebsratsmitglied auf eigenen Wunsch zurück in den Tarifbereich mit regelmäßiger wöchentlicher Arbeitszeit und einer Vergütung nach EG 12 B ERA-TV. Die Parteien schlossen einen neuen Anstellungsvertrag, der die bisherigen Regelungen ersetzte. Dieser Vertrag sah vor, dass der Mitarbeiter einen Firmen-Pkw nach der aktuell gültigen Firmenrichtlinie – auch zur Privatnutzung – erhält. Im Betrieb gab es eine Betriebsvereinbarung 2008, die die Zuteilung eines Dienstwagens auf die Mitarbeitergruppen Außendienst, technischer Dienst im Außendienst und sonstige Mitarbeiter bei Bedarf nach Genehmigung durch die Geschäftsführung beschränkte. Mit BV 2011 wurde dieser Kreis erweitert auf Bereichsleiter und den Betriebsratsvorsitzenden bei Bedarf. Zuletzt stand dem Betriebsratsvorsitzenden ein VW Passat zur Verfügung. Hierüber hatten die Parteien eine Dienstwagen-Überlassungsvereinbarung geschlossen. Im Jahr 2020 kündigte das Unternehmen diese Vereinbarung unter Hinweis darauf, dass sie einen Verstoß gegen § 78 Satz 2 BetrVG darstellt. Danach darf ein Mitglied des Betriebsrats wegen seiner Tätigkeit nicht benachteiligt und nicht begünstigt werden. Eine untersagte Begünstigung ist jede Besserstellung im Vergleich zu anderen Arbeitnehmern, die nicht auf sachlichen Gründen, sondern auf der Tätigkeit als Betriebsratsmitglied beruht. Der Betriebsratsvorsitzende gab den Wagen zwar zurück, klagte dann aber auf Herausgabe bzw. Überlassung eines gleichwertigen Fahrzeugs. Seine Klage war in beiden Instanzen ohne Erfolg (LAG Nürnberg, Urt. v. 5.4.2022 – 7 Sa 238/21).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Überlassung eines Dienstwagens auch zur privaten Nutzung, weder aus der BV 2011 noch aus seinem Arbeitsvertrag noch aus der Dienstwagen-Überlassungsvereinbarung. Die Regelung in der BV 2011 über die Zuteilung eines Dienstwagens für den Betriebsratsvorsitzenden bei Bedarf stellt einen Verstoß gegen das Begünstigungsverbot dar und ist damit nichtig (§ 134 BGB). Die Regelung im Arbeitsvertrag hinsichtlich der Überlassung eines Dienstwagens ist ebenfalls nichtig. Denn der Kläger zählt unstreitig nicht zum Kreis der berechtigten Arbeitnehmer. Er gehört weder dem Vertriebsaußendienst noch dem Kundendienstteam an und zählt auch nicht zu den Bereichsleitern. Er zählt auch nicht mehr zum Kreis der AT-Mitarbeiter. Mit dem Wechsel in den AT-Bereich hatte er eine Erhöhung seiner Bezüge durchgesetzt, indem er sich den Dienstwagen herausverhandelt hatte. Mit dem Wechsel zurück in den Tarifbereich auf eigenen Wunsch muss diese Gehaltserhöhung konsequenterweise wieder in Wegfall geraten.
#ArbeitsRechtKurios: Amüsante Fälle aus der Rechtsprechung deutscher Gerichte - in Zusammenarbeit mit dem renommierten Karikaturisten Thomas Plaßmann (Frankfurter Rundschau, NRZ, Berliner Zeitung, Spiegel Online, AuA).
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