Nimmt der Betriebsrat für sich ein Mitbestimmungsrecht in Anspruch und kann sich dazu mit dem Arbeitgeber nicht einigen, kann er die gerichtliche Einsetzung einer Einigungsstelle beantragen. Dieser Antrag ist nur dann zurückzuweisen, wenn die Einigungsstelle offensichtlich unzuständig ist, da ein Mitbestimmungsrecht unter keinem denkbaren rechtlichen Gesichtspunkt in Frage kommt.
Vor dem LAG Baden-Württemberg stritten die Betriebsparteien über die Einsetzung einer Einigungsstelle zum Regelungsgegenstand „Clean Desk/Desk Sharing Policy“. Das Planungskonzept des Arbeitgebers sah vor, dass keine festen Arbeitsplätze mehr bestehen und der Arbeitsplatz nach Arbeitsende aufgeräumt werden muss. Ein Buchungstool war nicht Bestandteil des Konzepts. Während das ArbG den Antrag auf Einsetzung einer Einigungsstelle zurückwies, sah die zweite Instanz den Antrag teilweise als begründet an. Zwar unterliegen das Desk Sharing Modell und die Clean Desk Policy als solche nicht der Mitbestimmung des Betriebsrats, das Konzept enthielt jedoch zwei Teilbereiche, die das Ordnungsverhalten im Betrieb i. S. v. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG berühren können: Dabei handelt es sich um die Anweisung, wie mit persönlichen Gegenständen in der Arbeit umzugehen ist. Diese sollten in einen sog. „Locker“ geräumt werden. Der zweite Teilbereich betraf das Verhalten auf Flächen mit überlagernder Nutzung (Arbeiten und Pausen). Das Ordnungsverhalten ist berührt, wenn die Maßnahme des Arbeitgebers auf die Gestaltung des kollektiven Miteinanders und das betriebliche Zusammenleben abzielt. Maßnahmen, die das sog. Arbeitsverhalten regeln sollen, sind demgegenüber nicht mitbestimmungspflichtig. Die Regelungen darüber, welche privaten Gegenstände mitgebracht werden dürfen und wie diese, wenn der Arbeitnehmer sie nicht mit nach Hause nimmt, vor Beginn und nach dem Ende der Arbeitszeit im Betrieb aufzubewahren sind, können das Ordnungsverhalten tangieren. Dies betrifft insbesondere die Weisung dazu, dass die Gegenstände in einem „Locker“ untergebracht werden sollen. Der zweite Bereich, der einer Mitbestimmung unterliegen kann, ist die Nutzung der Bürofläche nach den Bereichen Ankommen, Arbeiten, Community und Austausch. Diese Bereiche sollen sich räumlich überlappen, sodass auch in einem Küchenbereich, der für die Pausengestaltung gedacht ist, spontane Arbeitsmeetings abgehalten werden können. Damit sei es nicht ausgeschlossen, dass das betriebliche Zusammenleben und kollektive Zusammenwirken der Arbeitnehmer betroffen sind, soweit solche Arbeitnehmer, die den Pausenraum zu Erholungszwecken aufsuchen unweigerlich nicht nur ein fachbezogenes Pausengespräch miterleben, sondern reguläre Arbeit ihrer eigenen Abteilung, die die Küche ebenfalls nutzen darf.
Das Gericht setzte eine Einigungsstelle mit zwei (statt wie beantragt vier) Beisitzern für jede Seite ein (LAG Baden-Württemberg, Beschl. v. 6.8.2024 – 21 TaBV 7/24, rk.).
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Können sich die Betriebsparteien in einer mitbestimmungspflichtigen Angelegenheit nicht auf die Einsetzung einer Einigungsstelle
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