Sie sind seit mehr als zehn Jahren in leitenden Positionen in der Payment-Industrie tätig. Welche Erkenntnisse konnten Sie auf Ihrem Weg gewinnen?
Schaffe und führe ein eng verbundenes Team. Für mich müssen sich in einer gesunden Unternehmenskultur Mitarbeitende aufeinander verlassen können. Sich trauen, Fehler zuzugeben, und einander helfen. Und sie sollten sich auch nicht zu schade sein, einmal die Kaffeemaschine zu bedienen. Das funktioniert aber nur, wenn die Führungsebene das vorlebt. Ein prägendes Beispiel für mich war der Börsengang eines Unternehmens, den ich begleitet habe. Da haben die unterschiedlichsten Abteilungen zusammengearbeitet, sich untergehakt und den Blick auf ein gemeinsames Ziel gerichtet, statt unterschiedliche Agenden zu verfolgen. Gegenseitige Wertschätzung und die Erfahrung, dass sich echte Teamarbeit lohnt, haben das Unternehmen nochmal näher zusammengerückt.
Ein erfolgreiches Team muss auch mit unangenehmen Situationen zurechtkommen. Was waren die prägendsten Erfahrungen, die Sie gesammelt haben?
Ich erinnere mich noch gut an zwei einschneidende Herausforderungen in meiner Karriere, die mich nachhaltig geprägt haben: Zum einen habe ich eine Kündigung erlebt, die auf unschöne Weise abgewickelt wurde. Eine Kündigung ist immer eine schmerzvolle Erfahrung. Umso wichtiger ist es, dass der Arbeitgeber in dieser Situation respektvoll und fair handelt. So lebe ich das in meiner eigenen Führungskultur – suche das offene Gespräch mit meinen Mitarbeitenden und suche gemeinsam nach Lösungen, wenn es knirscht. Echte Professionalität hält auch Krisen aus. Aber: Es müssen alle an einem Strang ziehen. Ich habe leider schon erlebt, wie das Verhalten einer Mitarbeiterin den Rest des Teams belastete. Und das ist für mich ein absolutes No-Go. Ich stehe immer hinter meinem Team. Ich bin aber, wenn nötig, auch bereit, klare Entscheidungen zu treffen.
Wie wichtig ist aus Ihrer Sicht das richtige Mindset für den Erfolg als Führungskraft und welche Einstellung hat Ihnen persönlich geholfen, Ihre Ziele zu erreichen?
Offen und positiv zu sein. Als Optimistin denke ich lösungsorientiert. Es gibt bei jedem Problem verschiedene Lösungswege und wenn man wirklich will, findet man den richtigen für sich. Wichtig ist für mich außerdem, Feedback anzunehmen und bereit für neue Perspektiven zu sein. Das erfordert ein ehrliches Interesse an den Mitarbeitenden. Wer seinem Team auf Augenhöhe begegnet, hat auch die Chance, Talente zu erkennen und gezielt zu fördern. Und, für mich ist ganz wichtig, das Potenzial eines jeden Mitarbeitenden voll auszuschöpfen. Ich denke, dass es Führungskräfte mit diesem Mindset schaffen, ihr Team zu motivieren. Mir hilft das auf jeden Fall auch im Stress oder Konflikt sachlich und lösungsorientiert zu bleiben.
Was sind für Sie die wesentlichen Merkmale eines erfolgreichen Führungsstils?
Ein erfolgreicher Führungsstil bedeutet für mich, klar und zuverlässig zu sein. Probleme früh anzusprechen, ohne um den heißen Brei zu reden. Und, ganz wichtig: immer Ruhe zu bewahren. Ein sachlicher und lösungsorientierter Umgang mit schwierigen Situationen hilft, Konflikte zu entschärfen und den Blick aufs Wesentliche zu lenken. Gleichzeitig gehören für mich auch Humor und Vertrauen zu einer erfolgreichen Führung. Sie schaffen eine Basis für eine positive Arbeitseinstellung, kreative Ideen und Zusammenhalt.
Wie definieren Sie Female Empowerment und wie setzen Sie diesen Ansatz in Ihrer Position um?
Female Empowerment bedeutet für mich, Frauen zu ermutigen, ihre Fähigkeiten zu nutzen und selbstbewusst neue Herausforderungen anzunehmen. Ich habe im Laufe meiner Karriere selbst erfahren, wie wichtig dabei die Unterstützung von Führungskräften ist. Zum Beispiel als ein Vorgesetzter mir eine Rolle zutraute, die ich selbst nicht direkt in Erwägung gezogen hätte. Dieser ermutigende „Schubs“ hat meinen Karriereweg nachhaltig beeinflusst. Und das möchte ich weitergeben. Derzeit begleite ich in meiner Position Frauen auf ihrem Weg in Führungsrollen. Ich gebe ihnen Verantwortung und stehe als Sparringspartnerin zur Seite. Nicht nur, um ihnen Chancen aufzuzeigen und zu bieten, sondern um sie langfristig zu stärken und Selbstbewusstsein aufzubauen.
Welche Ansätze halten Sie für besonders wirksam, um Frauen für Karrieren in männerdominierten Branchen zu begeistern?
Ehrlich gesagt sind ja auf Führungsebene tatsächlich fast alle Branchen männerdominiert. Das macht die Hürde für Frauen noch größer. Ich finde Vorbilder deshalb unglaublich wichtig. Frauen brauchen Mentor:innen, die sie gezielt fördern. Darüber hinaus haben Unternehmen die Aufgabe, flexible Strukturen für ihre Mitarbeiterinnen zu schaffen. Eine individuelle Arbeitszeitenregelung, ein Zuschuss zur Kinderbetreuung oder Homeoffice-Möglichkeiten. Nur so können Frauen Karriere und Familie unter einen Hut bringen.
Inwieweit spielt hier der Begriff „gläserne Decke“ für Sie eine Rolle?
Die gläserne Decke ist eine der größten kulturellen Hürden, die Frauen überwinden müssen. Sie begrenzt nicht nur die beruflichen Aufstiegsmöglichkeiten, sondern hinterlässt oft das Gefühl, gegen unsichtbare Barrieren anzukämpfen. Diese zu durchbrechen erfordert viel Kraft. Das weiß ich aus eigener Erfahrung. Meiner Meinung nach helfen natürlich strukturelle Reformen. Aber noch wichtiger wäre ein Umdenken in Führungskulturen. Frauen müssen gezielt ermutigt werden, klassische Rollenmuster zu durchbrechen und ihre eigenen Wege zu gehen.
Inwiefern müssen sich traditionelle Führungsstile ändern, um sich an den wandelnden Arbeitsmarkt und die Ansprüche jüngerer Generationen anzupassen?
Meine Erfahrung der letzten Jahre hat gezeigt, dass junge Mitarbeitende eine empathische, flexible Führung erwarten. Heute ist es wichtiger denn je, auf die individuellen Bedürfnisse der Mitarbeitenden einzugehen und sinnstiftendes Arbeiten zu ermöglichen. Entsprechend müssen sich traditionelle Führungsstile anpassen. Das gilt für mich aber auch umgekehrt: Ich erwarte von meinen Mitarbeitenden, dass sie aktiv Feedback geben, konstruktiv an Lösungen mitarbeiten und Eigenverantwortung übernehmen. Das zahlt sich aus. Nur in einem guten Zusammenspiel können Teams so performen, dass das Ergebnis stimmt und beide Seiten happy sind.
Wie können Führungskräfte in einer hybriden Arbeitswelt eine Kultur der Zusammenarbeit und des Vertrauens schaffen?
Mit klaren Kommunikationsstrukturen und regelmäßiger Interaktion müssen Führungskräfte hier als Vorbilder für Offenheit und Vertrauen vorangehen. Ein Beispiel: Mir ist es wichtig, dass Führungspersonen – auch ich als Geschäftsführerin – nicht nur Feedback geben, sondern auch selbst welches annehmen. Bei uns gibt es Schulungen, um Führungskräfte für diese neuen Anforderungen fit zu machen. So wollen wir eine Atmosphäre schaffen, in der sich alle wertgeschätzt fühlen – auch Mitarbeitende, die in einem hybriden Arbeitsmodell arbeiten oder einen Remote-Arbeitsvertrag haben. Ich denke, dass Vertrauen dann entsteht, sobald Führungskräfte zeigen, dass sie für ihr Team da sind.
Wie können weibliche Führungskräfte als „Hidden Champions“ Strategien entwickeln, um ihre Erfolge sichtbarer zu machen und dadurch ihr Selbstbewusstsein sowie ihre Position im Unternehmen nachhaltig zu stärken?
Wege gibt es sicherlich viele. Was ich hier gerne nochmal betonen möchte: Frauen sollten nicht darauf warten, dass ihre Leistungen von selbst gesehen werden. Es ist wichtig, die eigenen Erfolge klar zu kommunizieren, ob in Meetings, bei Präsentationen oder im Gespräch mit Vorgesetzten. Netzwerke helfen dabei enorm. Mir hat der Austausch mit anderen Frauen, die ähnliche Erfahrungen gemacht haben, sehr gut getan. Das stärkt das Selbstvertrauen. Und es hat mir in der Vergangenheit geholfen, Schritt für Schritt sichtbarer zu werden, ohne dabei die eigene Authentizität zu verlieren.
Wie kombinieren sich für Sie der Wert von Mentoring und professionellen Netzwerken in der beruflichen Weiterentwicklung?
Mentoring und Netzwerke gehen für mich Hand in Hand. Als Mentee habe ich von erfahrenen Führungskräften profitiert, die mir neue Perspektiven eröffnet und mir den Rücken gestärkt haben. Heute gebe ich dieses Wissen als Mentorin weiter. In einem vertrauensvollen Austausch bei dem beide Seiten wachsen können. Professionelle Netzwerke wie das Pulse Women Economic Network sind für mich Orte des Austauschs und der Inspiration. Sie verbinden Frauen und schaffen ein unterstützendes Umfeld. Ich engagiere mich dort, weil ich an die Kraft von Netzwerken glaube: Sie eröffnen neue Perspektiven, bieten wertvolle Kontakte und geben die Möglichkeit, von den Erfahrungen anderer zu lernen.
Frau Mantow, vielen Dank für das Gespräch!
Nicole Mantow

Attachment | Size |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 171.12 KB |
· Artikel im Heft ·
Ein Orientierungsrahmen
Wenn Sie bei einer Literaturrecherche in einschlägigen Onlinekatalogen oder wissenschaftlichen Datenbanken die
Was bedeutet „toxisch“ und woran erkennt man eine toxische Unternehmenskultur?
Liebe Frau Dransfeld-Haase, was macht eine gute Employer Brand heutzutage aus?
Von Jahr zu Jahr kommen immer mehr Post-Millennials auf den Arbeitsmarkt. ChatGPT übernimmt die Rolle der Privatassistenten. Die globale
Studie zur fairen Arbeitswelt
In einer Zeit, in der sich viele Arbeitnehmer ihren Job aussuchen können, rückt das Thema Fairness in den Fokus. Ob ein