„Grünes Licht für 44-Euro-Sachbezugskarten“
Was sind grundsätzlich die Vorteile des 44-Euro-Sachbezugs und warum sollten Unternehmen auf diese Art der Mitarbeitermotivation setzen?
Sicherlich zählt der 44-Euro-Sachbezug im Bereich der Mitarbeiterbenefits zu den beliebtesten Formen. Denn als attraktive Zusatzleistung trägt das steuer- und sozialabgabenfreie Gehaltsextra nicht nur zur Zufriedenheit und Motivation von Mitarbeitern bei, Unternehmen zeigen dadurch Wertschätzung und Anerkennung und positionieren sich zudem als attraktive Arbeitgeber. Neben dem 44-Euro-Sachbezug zählen aber auch folgende Gehaltsextras zu den beliebtesten unter Mitarbeitern:
- Betriebliche Altersvorsorge,
- Verpflegungszuschuss bzw. Essensgutscheine,
- Kinderbetreuungszuschüsse und
- Dienstwagen, aber auch
- das Jobticket,
- Gesundheitsleistungen (bis zu 600 Euro pro Jahr) oder
- Geschenke für persönliche Anlässe wie Geburtstag, Hochzeit oder Dienstjubiläum
sind hier zu nennen. Bei Letzterem dürfen die Aufwendungen jedoch 60 Euro pro Anlass nicht überschreiten.
Für den gesetzeskonformen Einsatz des 44-Euro-Sachbezugs ist unbedingt darauf zu achten, dass die monatliche Freigrenze nicht überschritten wird. Andernfalls wird der komplette Betrag steuer- und sozialversicherungspflichtig.
Gibt es weitere wichtige Details, die man zum steuerfreien Sachbezug nennen sollte?
Aus meiner Sicht ist es immer wieder wichtig zu betonen, dass der steuerfreie Sachbezug allen Mitarbeitern zur Verfügung steht. Für eine Zuteilung ist nicht relevant, welche Vertragsart mit dem Mitarbeiter geschlossen wurde – egal ob Vollzeit, Teilzeit, Minijobber, Aushilfe, Werkstudent oder Praktikant. Und ist ein Mitarbeiter in mehreren Arbeitsverhältnissen, darf der Sachbezug – der Anzahl der Arbeitsverhältnisse entsprechend – sogar mehrmals in Anspruch genommen werden.
Es bleibt noch zu erwähnen: Arbeitgeber sollten in der Lage sein nachzuweisen, wann und in welcher Form der Sachbezug geflossen ist. Dies gilt in erster Linie im Falle einer Überprüfung durch das zuständige Finanzamt. Dabei ist es nicht notwendig, über den Grund der Gewährung Aufschluss zu geben. Vielmehr muss der steuerfreie Sachbezug auf der Lohn- oder Gehaltsabrechnung des Mitarbeiters als eigener Bruttogehaltsbaustein ausgewiesen werden. Beim Nettogehalt ist der Sachbezug dann wieder in Abzug zu bringen, da der Arbeitnehmer sonst den geldwerten Vorteil und zusätzlich den Geldbetrag erhalten würde. Als erfüllt gilt die Dokumentationspflicht weiterhin, wenn der Arbeitgeber Belege oder Rechnungen zum angewandten Sachbezug in digitaler Form oder Kopie aufhebt. Dies gilt auch, wenn die Freigrenze nicht überschritten wird.
In den letzten Monaten kam es zu Unsicherheiten in Bezug auf den 44-Euro-Sachbezug, insbesondere auf die künftige Verwendung von Gutscheinkarten. Wie ist hier der aktuelle Stand?
Nachdem die bereits 2019 beschlossenen Neuregelungen zum Sachbezug zu zahlreichen Auslegungsfragen geführt haben, hat das Bundesfinanzministerium (BMF) mit seinem lang erwarteten Schreiben vom 13.4.2021 nun endlich Klarheit geschaffen. In diesem ist nun verbindlich geregelt, wie die steuerfreien Sachbezugskarten gem. § 8 EStG definiert sind.
Die zwei wesentlichen Entscheidungen des Bundesfinanzministeriums möchte ich Ihnen an dieser Stelle kurz zusammenfassen: Noch bis Ende des Jahres, also bis zum 31.12.2021, werden weiterhin alle Gutscheinkarten vom Finanzamt als steuerfreier Sachbezug anerkannt, wenn diese ausschließlich zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen. Ab dem 1.1.2022 gelten dann jedoch nur diese Sachbezugskarten als steuerfreier Sachbezug, wenn sie darüber hinaus, also zusätzlich, die Kriterien von § 2 Abs. 1 Nr. 10 des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG) erfüllen. Arbeitgeber, die ihren Mitarbeitern auch nach dem 1.1.2022 den steuerfreien Sachbezug mithilfe von rechtskonformen Gutscheinkarten auszahlen möchten, müssen also unbedingt auf die Erfüllung dieser Kriterien achten.
Was besagen die neuen und anzuwendenden Kriterien nach § 2 Abs. 1 Nr. 10a, b oder c des ZAG, die Sachbezugskarten ab dem kommenden Jahr erfüllen müssen?
Hier lohnt sich zunächst ein kurzer Rückblick, wie diese neuen Regelungen zustande gekommen sind. Bereits im November 2019 wurde beschlossen, die Gewährung von Sachbezügen künftig nur noch mithilfe bestimmter Gutscheinkarten zuzulassen. Um als Sachbezug anerkannt zu werden, müssen die Karten sog. ZAG-Kriterien erfüllen. Diese beschlossene Regelung hat jedoch zu zahlreichen Auslegungsfragen geführt. So forderten die Koalitionsfraktionen von CDU/CSU und SPD die Bundesregierung und Bundesländer auf, bis zum 31.12.2021 weiterhin alle Gutscheinkarten als Sachbezug zuzulassen, die nur zum Bezug von Waren und Dienstleistungen berechtigen und keine Bargeldauszahlfunktion besitzen. Dies ist nun geschehen und aktuell der Fall.
Mit dem 31.12.2021 endet dann die Nichtbeanstandungsregel und Gutscheinkarten müssen zusätzlich die Kriterien von § 2 Abs. 1 Nr. 10a, b oder c ZAG erfüllen. Damit sind nur noch folgende drei Kategorien von Gutscheinkarten für den steuerfreien Sachbezug erlaubt:
- § 2 Abs. 1 Nr. 10a: Begrenztes Netzwerk – Gutscheinkarten vom Einzelhandel, von Einzelhandelsketten oder regional begrenzte CityCards
- § 2 Abs. 1 Nr. 10b: Begrenzte Produktpalette – Gutscheinkarten für nur eine Produktkategorie. So z. B. eine Tankkarte, die ausschließlich den Erwerb von Waren und Dienstleistungen ermöglicht, die das Auto bewegen (Treibstoff, Motoröl, AdBlue etc.).
- § 2 Abs. 1 Nr. 10c: Instrumente zu steuerlichen und sozialen Zwecken – Gutscheinkarten für einen bestimmten steuerlichen oder sozialen Zweck (z. B. Essensgutscheine, Karten für betriebliche Gesundheitsmaßnahmen)
Gibt es ab dem 1.1.2022 weitere nennenswerte Neuerungen zur Gewährung von Sachbezügen?
Ja, die gibt es. Die Freigrenze für Sachbezüge, die in § 8 Abs. 2 Satz 11 EstG geregelt ist, wird ab dem 1.1.2022 von 44 Euro auf 50 Euro pro Monat angehoben. In Zukunft können Arbeitgeber ihren Mitarbeitern also auch mithilfe von Gutscheinkarten Sachbezüge von bis zu 50 Euro monatlich gewähren.
Ab dem 1.1.2022 gilt mit § 2 Abs. 1 Nr. 10a ZAG für Sachbezugskarten eine stärkere regional begrenzte Fokussierung. Wie genau funktionieren dann die neuen regionalen Gutscheinkarten und worin liegen ihre Vorteile?
Die neuen Gutscheinkarten haben einen stärkeren regionalen Fokus. In der Regel können diese Sachbezugskarten bei vielen verschiedenen regionalen Akzeptanzstellen eingesetzt werden, mit denen ein Akzeptanzvertrag geschlossen wurde. Zu den Akzeptanzstellen gehören meist Einzelhändler, aber auch Tankstellen, Supermärkte und viele weitere Geschäfte. Eine technische Einstellung der Karte kann dafür sorgen, dass diese ausschließlich bei den vertraglich angeschlossenen Akzeptanzstellen eingesetzt wird. Dies führt zu einem klaren positiven Effekt: Die Kaufkraft bleibt vor Ort erhalten. Mitarbeiter, die solche Karten nutzen, können alle Geschäfte in ihrer Umgebung durch die Einlösung der Gutscheinkarte unterstützen. Dies macht regionale Gutscheinkarten zu einer wichtigen Stütze für den stationären Einzelhandel.
Wie sollten Arbeitgeber vorgehen, wenn sie sich bzgl. der Rechtskonformität ihrer verwendeten Gutscheinkarten unsicher sind?
Unternehmen, die sich derzeit unsicher sind, sollten zeitnah Kontakt zu ihrem Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer aufnehmen. Denn eines ist klar: Erfüllt die 44-Euro-Gutscheinkarte nicht alle gesetzlichen Anforderungen, kann diese nicht für den steuer- und sozialabgabefreien Sachbezug gewährt werden. Eine lohnsteuerrechtliche Anrufungsauskunft, die gem. § 42e EstG bei der zuständigen Finanzbehörde kostenlos einzuholen ist, bietet für den individuellen Fall Rechtssicherheit. Spätestens zum 1.1.2022 sollten Arbeitgeber auf eine Karte umgestiegen sein, die den vorgegebenen ZAG-Kriterien entspricht. Auch bei generellen Fragen zur Anwendung des Sachbezugs (z. B. ob eine Leistung zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht wird) kann ein Steuer- oder Rechtsberater, der die jeweilige Unternehmenssituation überblickt, jederzeit eine gezielte Einschätzung abgeben.
Ein wichtiger Hinweis an dieser Stelle: Als Nachweis für das Finanzamt sollten Arbeitgeber grundsätzlich die Rechnungen über die monatliche Aufladung der Gutscheinkarten für ihre Mitarbeiter aufbewahren.
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Auf unserer Homepage bieten wir übrigens Arbeitgebern eine Checkliste an, mit der man den rechtskonformen Einsatz von Karten prüfen kann und die eine Hilfestellung bei Unsicherheit bietet.
Welche aktuellen Regelungen bestehen beim steuerbegünstigten Zuschuss zur Mittagsverpflegung?
Die Sachbezugswerte für Verpflegung werden jährlich vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) erlassen, angepasst und orientieren sich an der Entwicklung der Verbraucherpreise. Der Bundesrat muss dieser Verordnung zustimmen. Dabei gibt es unterschiedliche Werte für Frühstück, Mittag- und Abendessen. Für 2021 können Arbeitgeber z. B. das Mittagessen ihrer Mitarbeiter mit maximal 6,57 Euro pro Arbeitstag bezuschussen. Die Höchstwerte des staatlich gewährten Verpflegungszuschusses setzen sich aus zwei Komponenten zusammen:
- Amtlicher Sachbezugswert: Für ein Mittagessen gilt 2021 der Sachbezugswert i. H. v. 3,47 Euro (für ein Frühstück 1,83 Euro und für ein Abendessen 3,47 Euro). Der amtliche Sachbezugswert bildet den Pflichtteil und muss versteuert werden – mit 25 % pauschaler Lohnsteuer (LSt) zzgl. Solidaritätszuschlag (Soli) und Kirchensteuer (KiSt) oder getragen aus dem Nettolohn des Arbeitnehmers.
- Arbeitgeberzuschuss: Arbeitgeber, die Essensgutscheine an ihre Mitarbeiter ausgeben, können die Mahlzeit zusätzlich mit bis zu 3,10 Euro bezuschussen. Dieser Betrag ist komplett steuer- und sozialabgabenfrei, kann jedoch erst ausgeschöpft werden, nachdem der zu versteuernde Pflichtanteil ausgegeben wurde. Die Höhe bestimmt der Arbeitgeber.
Wichtig zu wissen: Es besteht eine Aufzeichnungspflicht seitens der Arbeitgeber. Das bedeutet, dass der Zuschuss zur Verpflegung nur an Arbeitstagen ausgegeben werden darf, an denen der Mitarbeiter auch tatsächlich anwesend ist. Krankheits- und Urlaubstage müssen ausgenommen und protokolliert werden. Es existieren aber auch Lösungen für Arbeitgeber, bei denen keine Aufzeichnungspflicht besteht, solange sie maximal 15 Essensgutscheine pro Monat und Mitarbeiter ausgeben. Erst wenn diese Anzahl überschritten wird, tritt die vorgeschriebene Nachweispflicht über Urlaub und Krankheit in Kraft.
Spätestens seit dem Ausbruch der Corona-Pandemie hat sich das Arbeiten im Homeoffice mittlerweile flächendeckend etabliert. Es wird deutlich, dass sich damit auch die Welt der Arbeitgeberzuwendungen wandelt. Welche Auswirkungen hat das auf Angebote im Rahmen des 44-Euro-Sachbezugs?
Die Corona-Pandemie hat in fast allen gesellschaftlichen, sozialen und wirtschaftlichen Bereichen zu einschneidenden Veränderungen geführt. Auch die Arbeitswelt hat sich gewandelt und wird immer digitaler – sei es durch Arbeiten im Homeoffice, hybride Arbeitsmodelle oder virtuelle Meetings. Demzufolge müssen sich auch die Mitarbeiterbenefits an den neuen Bedürfnissen orientieren und mit der Zeit gehen. Nicht zuletzt habendie pandemiebedingten Einschränkungen die Inanspruchnahme von Benefits auf Mitarbeiterseite komplizierter werden lassen. Hier sind digitale und zukunftsfähige Lösungen gefragt. Wir beobachten ganz klar eine Verlagerung des Einlöseverhaltens hin zur Onlinenutzung – auch weil die Ladentüren des stationären Handels in der Corona-Krise lange Zeit geschlossen waren.
Der klare Trend im Bereich Mitarbeiterbenefits geht außerdem weg von der Nutzung von Universalkarten und Gutscheinen hin zu Karten mit begrenztem Akzeptanznetz, also Karten, die sich auf eine Produktpalette wie Fashion oder Beauty fokussieren, oder noch stärker hin zu regional begrenzten City Cards, die die Wirtschaft vor Ort unterstützen.
Des Weiteren geht die Entwicklung deutlich hin zu cloudbasierten Benefit-Management-Plattformen. Diese ermöglichen es den Unternehmen, ihre Zusatzleistungen digital, einfach und ohne zusätzlichen Aufwand an Beschäftigte auszuschütten. Die Vorteile dieser Plattformen liegen auf der Hand: Sie reduzieren nicht nur den manuellen Verwaltungsaufwand für Arbeitgeber, sondern spiegeln auch dessen Zusatzleistungen wider, während sie gleichzeitig Arbeitnehmern ein attraktives, weil individuell auf sie zugeschnittenes Benefit-Paket anbieten – vom Dienstrad über den Essenszuschuss bis hin zur betrieblichen Gesundheitsvorsorge.
In Zukunft wird es für Arbeitgeber auch wichtig bleiben, die Kommunikation zu den Mitarbeiterbenefits zu stärken. Denn es besteht – auch für Arbeitgeber, die hier viel für die Beschäftigten anbieten – immer die Gefahr, dass Mitarbeiter mehr wollen oder Benefits als selbstverständlich wahrnehmen. Eine gute Kommunikation verhindert, dass Mitarbeiterbenefits im Alltag „untergehen“.
Herr Aubry, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Andreas Krabel.
Christian Aubry
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