Häusliches Arbeitszimmer muss für die Tätigkeit nicht erforderlich sein

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 Bild: pixabay.com
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Der BFH hat mit Urteil vom 3.4.2019 (VIR46/17) entschieden, dass ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Arbeitnehmers nicht erforderlich sein muss. Das Gericht stellt zunächst auf den Begriff des häuslichen Arbeitszimmers ab. Der Begriff setzt voraus, dass der jeweilige Raum ausschließlich oder nahezu ausschließlich für betriebliche/berufliche Zwecke genutzt wird. Ob ein häusliches Arbeitszimmer für die Tätigkeit des Arbeitnehmers erforderlich ist, ist dabei unerheblich.

Das Gericht weist darauf hin, dass nach § 9 Abs. 5 i. V. m.§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG ein Steuerpflichtiger grundsätzlich die Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Werbungskosten geltend machen kann. Die Ausnahme von diesem Grundsatz ist die jährliche Deckelung auf einen Betrag von 1.250 Euro, wenn für die berufliche oder betriebliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Diese Abzugsbeschränkung gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen oder beruflichen Betätigung darstellt. Eine Abzugsfähigkeit scheidet aber insgesamt aus, wenn der genutzte Raum sowohl für die Erzielung von Einkünften als auch nicht lediglich untergeordneten privaten Zwecken dient. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG legt anschließend die Voraussetzung für die steuerliche Berücksichtigung fest. Das Merkmal der Erforderlichkeit beinhaltet diese gesetzliche Regelung aber gerade nicht.

Im konkreten Fall stand der Klägerin nach den Feststellungen des FG Düsseldorf in der Vorinstanz kein anderer Arbeitsplatz für die Erledigung von Bürotätigkeiten zur Verfügung. Nach dem Gesetzeswortlaut sei es unerheblich, ob sie diese Arbeiten auch am Küchentisch, im Esszimmer oder in einem anderen Raum hätte erledigen können. Der Rechtsstreit wurde allerdings an die Vorinstanz zurückverwiesen. Diese hat nun Feststellungen zu treffen, ob die Klägerin den Raum nicht in schädlicher Weise auch zu privaten Zwecken benutzt hat. Wenn eine solche private Mitbenutzung wie die Erledigung privater Korrespondenz oder die Aufbewahrung privater Unterlagen in nicht unerheblichem Umfang dort stattfinde, könnten die Aufwendungen insgesamt nicht als Werbungskosten anerkannt werden. Die Beweislast trägt nunmehr die Steuerpflichtige, die zu beweisen hat, dass ihr Arbeitszimmer ausschließlich beruflich oder nur in unerheblichem Umfang privat mitbenutzt wird.

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Rainer Kuhsel

Rechtsanwalt, Wirtschaftsprüfer, Steuerberater, Köln
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