Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts im Sinne von § 41 Satz 3 SGB VI
Sieht eine Vereinbarung die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze vor, können die Arbeitsvertragsparteien durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt, ggf. auch mehrfach, hinausschieben (§ 41 Satz 3 SGB VI). Umstritten ist, inwieweit anlässlich des „Hinausschiebens“ auch weitere Arbeitsvertragsbedingungen, z. B. die Arbeitszeit, geändert werden dürfen.
Ein Mitarbeiter einer diakonischen Einrichtung, der am 30.4.2018 das Regelrentenalter erreichte und daher nach dem einschlägigen Tarifvertrag ausgeschieden wäre, vereinbarte im November 2017, dass das Arbeitsverhältnis bis zum 30.4.2019 fortgesetzt wird. Im September 2018 vereinbarten die Parteien eine Verlängerung bis 30.4.2020. Zugleich veränderten sie die Jahresarbeitszeit auf 77,5 % der tariflichen Arbeitszeit. Da der Mitarbeiter noch gern länger gearbeitet hätte, beantragte er, gerichtlich festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis nicht am 30.4.2020 beendet worden ist.
Die Klage hatte in zweiter Instanz vor dem LAG Schleswig-Holstein Erfolg (Urt. v. 14.10.2021 – 4 Sa 342 öD/20). Das Gericht entschied, dass die Beklagte sich nicht auf § 41 Satz 3 SGB VI berufen kann, da sie zugleich auch die Jahresarbeitszeit geändert hatte. Als Begründung zitiert das Urteil die Ausführungen der BAG-Richterin Dr. Maren Rennpferdt in einem Aufsatz in der NZA 2021, S. 1285 und macht sich diese zu eigen.
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Darin führt die BAG-Richterin, die dem für das Befristungsrecht zuständigen 7. Senat des BAG angehört, aus, dass die Gesetzesbegründung nahelegt, dass mit der Vereinbarung i. S. v. § 41 Satz 3 SGB VI nur der Beendigungszeitpunkt hinausgeschoben werden kann und der Vertragsinhalt ansonsten unverändert bleiben muss. Von einem gleitenden Übergang in den Ruhestand sei nicht die Rede, vielmehr habe der Gesetzgeber an Fälle wie die Übergangsregelung bis zu einer Nachbesetzung und den Abschluss laufender Projekte gedacht. Dem Wunsch nach einer Änderung weiterer Arbeitsvertragsbedingungen, etwa der Arbeitszeit, könne dadurch Rechnung getragen werden, dass die Änderung losgelöst von der Vereinbarung über das Hinausschieben des Beendigungstermins vereinbart wird. Damit ist der Arbeitnehmer davor geschützt, dass der Arbeitgeber die Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses von der Änderung sonstiger Arbeitsvertragsbedingungen abhängig macht.
Das Gericht wies allerdings darauf hin, dass die gleichzeitige Veränderung der Jahresarbeitszeit unschädlich sein könnte, wenn der Kläger auf die Arbeitszeitreduzierung einen Anspruch gehabt und er diesen konkret geltend gemacht hätte. Im vorliegenden Fall hatten die Parteien allerdings nicht vorgetragen, dass der Kläger anlässlich der Vereinbarung der Verlängerung einen Teilzeitanspruch nach § 8 TzBfG geltend gemacht hatte.
Das Gericht ließ die Revision zum BAG zu, die dort unter dem Az. 7 AZR 509/21 anhängig ist.
Dr. Claudia Rid

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