Hürden der Richtlinie
Whistleblower gehören zu den wichtigen „Frühwarnsystemen“ unserer Gesellschaft und es erfordert erheblichen Mut, Missstände aufzuzeigen. Zum Schutz dieser wertvollen Whistleblower ist im Dezember 2019 die europäische Hinweisgeberschutz-Richtlinie in Kraft getreten. Sie soll Whistleblowern hinreichenden Schutz gewähren, um Missstände in Unternehmen ohne negative berufliche oder persönliche Konsequenzen aufzeigen zu können. Die EU-Mitgliedsstaaten sollen die Richtlinie bis Dezember 2021 in nationales Recht umsetzen.
Was haben eine amerikanische Topmanagerin, eine deutsche Tierärztin und ein dänischer ehemaliger Geheimdienstmitarbeiter gemeinsam? Sie alle warnten vor Missständen in ihren Organisationen und wurden zu Whistleblowern. Der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden hat zahlreiche geheime Unterlagen der NSA an Journalisten weitergegeben. Die damalige Vizepräsidentin des Enron-Konzerns Sherron Whatkins wies die Konzernleitung auf Unregelmäßigkeiten in den Bilanzen hin. Die Tierärztin Margrit Herbst machte erstmals BSE-Verdachtsfälle öffentlich. Während Zeugen helfen, Missstände im Nachhinein aufzuklären, warnen Whistleblower im Vorfeld. Sie geben Hinweise und machen darauf aufmerksam, wenn sie Missstände in Unternehmen erkennen. Diese Hinweise werden hierzulande allerdings selten als konstruktive Kritik und Chance für Verbesserungen gesehen, sondern als Zeichen der Illoyalität gedeutet. Vielmehr müssen Whistleblower oft mit Entlassungen oder persönlichen Bedrohungen rechnen.
Der ganz aktuelle Skandal um die Bilanzfälschungen des mittlerweile ehemaligen DAX-Konzerns Wirecard betont erneut die Bedeutung der Hinweisgeberschutz-Richtlinie. Der Fall lenkte den Fokus auf grundsätzliche Defizite in Systemen der Unternehmenskontrolle und offenbarte die essenzielle Rolle von Whistleblowern und Journalisten bei der Aufdeckung von Missständen. Besonders zeigten sich vorherrschende Hürden für Whistleblower, sich Behörden oder der Öffentlichkeit anzuvertrauen.
Die „Richtlinie (EU) 2019/1937 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23.10.2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen das Unionsrecht melden“ ist am 16.12.2019 in Kraft getreten. Mit dieser Richtlinie sollen sowohl aktuelle und ehemalige Mitarbeiter, Bewerber als auch weitere Unterstützer sowie Journalisten bei der Meldung von Missständen mit Bezug auf das Unionsrecht geschützt werden (Art. 4 Hinweisgeberschutz-Richtlinie). Beispiele für etwaige Missstände sind Steuerbetrug, Geldwäsche, Produkt- und Verkehrssicherheit, Umweltschutz, öffentlicher Gesundheits- sowie Verbraucher- und Datenschutz (Art. 2 Hinweisgeberschutz-Richtlinie). Dabei hat die hinweisgebende Person die Möglichkeit, Missstände entweder intern im Unternehmen oder unmittelbar bei der zuständigen Aufsichtsbehörde zu melden. Sollten trotz Meldung keine weiteren Untersuchungen veranlasst werden oder anzunehmendes öffentliches Interesse an den Missständen bestehen, so darf sie sich an die Öffentlichkeit wenden (Art. 10 Hinweisgeberschutz-Richtlinie). In allen Fällen soll den Hinweisgebern insbesondere Schutz vor Entlassung, Degradierung und sonstigen Diskriminierungen gewährleistet werden.
Die europäische Studie von Ethics and Compliance Initiative (2012) zeigte bereits vor acht Jahren, dass Vergeltung und Unterlassung die bedeutendsten Gründe für die unterlassene Meldung von Missständen sind. Um die hohen Hürden abzubauen und den Schutz für Whistleblower aufzubauen, müssen Unternehmen arbeitsrechtliche Maßnahmen treffen und Meldesysteme etablieren. Hierbei kommt speziell dem Personalmanagement eine treibende Rolle zu, da man hier am entscheidenden Punkt von Whistleblowing anknüpfen kann: an der Grenze, die Whistleblower zwischen Loyalität und Fairness ziehen.
Personalmanagement in der Pflicht
Whistleblowing stellt ein höchst sensibles Thema dar, das weitreichende Konsequenzen hat, wenn es nicht rechtzeitig und adäquat von Unternehmen adressiert wird. Dabei sollte das Thema Whistleblowing insbesondere in den Fokus des Personalmanagements von Unternehmen mit mindestens 50 Mitarbeitern oder einem Umsatz ab 10 Millionen Euro gerückt werden. Grund hierfür ist die besondere Stellung des Personalmanagements als Schnittstelle zwischen Arbeitgeber und Belegschaft.
Diese ermöglicht es, vorbeugende Maßnahmen durch notwendiges Umdenken und Umstrukturieren anzustoßen. Hierbei sollte insbesondere eine Top-down-Wertevermittlung stattfinden, die Whistleblowing nicht als einen Akt des Verrats und der Illoyalität, sondern als eine Möglichkeit, aus Fehlern zu lernen und das Unternehmen zu optimieren, versteht. Dies soll nicht zuletzt ein nachhaltiges Bewusstsein für das Thema Whistleblowing im Unternehmen schaffen.
Zusätzlich müssen Arbeitgeber zukünftig, z. B. bei Kündigungsschutzprozessen, eigenständig nachweisen, dass die Kündigung von Whistleblowern nicht im Zusammenhang mit dem Offenlegen von Missständen erfolgte. Ist dies nicht der Fall, kann eine Kündigung vor Gericht unwirksam sein. Der Bedarf nach einem Hinweisgebersystem, das rechtlich nachweisbar die Anonymität des Whistleblowers sicherstellt, ist somit nicht nur im Interesse aller Mitarbeiter, sondern wird zu einem vitalen Interesse der Personalleitung im Zuge der zukünftig geforderten Nachweispflicht.
Aktuelle Wirksamkeit und Umsetzung in Deutschland
Anhand der Studie „Verantwortungsbewusst durch die Krise“ der Technischen Universität Darmstadt aus dem Jahr 2020 konnte gezeigt werden, dass es noch an klaren Regelungen und Vorgaben zur Umsetzung der Richtlinie mangelt. Ziel der Studie war es, innerhalb von deutschen Unternehmen ein erstes Verständnis zur aktuellen Umsetzung der Hinweisgeberschutz-Richtlinie und den Schutzbedarf für Whistleblower zu identifizieren. Auf Grundlage dieser Ergebnisse wurden wichtige Ansatzpunkte zum Schutz der Whistleblower insbesondere für das Personalmanagement abgeleitet. Diese sollen helfen, Unternehmern einen Leitfaden bei der Umsetzung zu geben und so die Wirksamkeit der Richtlinie zu erhöhen.
Insgesamt wurden 500 Arbeitnehmer aus Deutschland befragt. Obwohl das Inkrafttreten der Richtlinie bereits mehr als ein halbes Jahr zurückliegt, wurden die Teilnehmer im Durchschnitt kaum von ihren Arbeitgebern über die Bedeutung der Richtlinie für das Unternehmen informiert. Insbesondere wurden nur 19 % innerhalb der Organisation die Möglichkeit geboten, über die Thematik zu diskutieren. Zudem gaben 73 % der Befragten an, nicht von ihrem Unternehmen über konkrete Meldungsprozesse informiert worden zu sein. Dies spiegelt sich insofern wider, als dass lediglich 26 % über die konkreten Ansprechpartner für Meldungen im Unternehmen informiert wurden. Dabei waren die meisten Ansprechpartner entweder der Geschäftsleitung oder dem Personalmanagement zugeordnet. Insgesamt vermitteln diese unzureichenden Maßnahmen eine schwache Umsetzung der Richtlinie in den Betrieben (siehe Grafik 1, S. 588).
Die schwache Umsetzung zeigt sich in der Einschätzung der Wirksamkeit der Richtlinie, da die Teilnehmer der Studie die schützende Wirksamkeit der Richtlinie durchschnittlich lediglich als mittelmäßig einstuften. Lediglich jeder Vierte schätzte die Richtlinien als ziemlich wirksam ein. Angesichts der Meldebereitschaft und der damit einhergehenden Schutzbedürftigkeit stuften rund die Hälfte der Befragten sowohl ihre Meldungsbereitschaft als auch den Schutzbedarf als eher hoch bis hoch ein. Dies offenbart eine essenzielle Hürde im Meldeprozess – zwar ist eine relativ hohe Bereitschaft zur Meldung vorhanden, allerdings wird diese durch die hohe Schutzbedürftigkeit gehemmt.
Wie kann die Wirksamkeit gesteigert werden?
Die Studie hat gezeigt, dass hierbei Vertrauen und Unterstützung zwei wichtige treibende Faktoren beim Verlauf des Whistleblowings darstellen. Umso bedeutender ist die Erkenntnis, dass die Studienteilnehmer dem eigenen Unternehmen und direkten Vorgesetzten im Durchschnitt kaum bis mittelmäßig bzgl. der ordnungsgemäßen Umsetzung der Richtlinie vertrauten. Dies ist insofern entscheidend, da das Vertrauen zwischen Unternehmen und Whistleblowern die Voraussetzung zur Realisierung der Richtlinie darstellt.
Was die angenommene Unterstützung durch die Unternehmenskultur, Unternehmensprozesse und Kollegen für den Schutz von Whistleblowern angeht, zeichnet sich ein positiveres Bild ab. Hier gaben etwas mehr als die Hälfte der befragten Arbeitnehmer an, die Unternehmenskultur und Unternehmensprozesse als eine Unterstützung im Schutz von Whistleblowern anzusehen. Zudem gaben 57 % an, Kollegen als eine Unterstützungsressource wahrzunehmen. Die am stärksten ausgeprägte Unterstützungsressource stellt tatsächlich das private Umfeld, wie etwa die Familie, dar. Hier gaben rund 70 % der Teilnehmer an, im privaten Umfeld eine eher umfassende bis sehr umfassende Unterstützung zu finden. Insgesamt gaben durchschnittlich lediglich 7 % an, in den genannten Ressourcen gar keine bis kaum Unterstützung zu finden (siehe Grafik 2, S. 588).
Insgesamt offenbart die Studie eine teilweise nicht vorhandene und schwache Umsetzung der aktuellen Hinweisgeberschutz-Richtlinie in deutschen Unternehmen. Es wird deutlich, dass insbesondere klar definierte Systeme fehlen. Allerdings konnten auch Chancen durch bereits vorhandene Unterstützung im beruflichen und privaten Umfeld ermittelt werden.
Personalmanagement als Treiber
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass die Hinweisgeberschutz-Richtlinie (potenziellen) Whistleblowern noch nicht den angemessenen Schutz bietet. Eine der größten Herausforderungen, die sich somit stellt, ist, die Brücke zwischen gesetzlichen Vorgaben und dem Personal zu schlagen. An dieser Stelle ist insbesondere die Rolle des Personalmanagements zu betonen.
Zur Verstärkung der Wirksamkeit der Hinweisgeberschutz-Richtlinie sollte das Personalmanagement auf persönlicher, kultureller sowie situationeller Ebene handeln. Hierbei gilt es, die Grundpfeiler Vertrauen und Unterstützung zwischen Unternehmen und Mitarbeitern zu schaffen, die einen vertrauenswürdigen und offenen Umgang miteinander eröffnen. Zunächst sollte vor allem „at the top“ auf persönlicher Ebene ein vertrauensvolles Verhältnis zwischen Vorgesetzten und dem Unternehmen aufgebaut werden. Vor allem sollten diese Whistleblowern Unterstützung und Schutz anbieten, was letztendlich zu einem vertrauensvollen Verhältnis zum Arbeitgeber führt. Dies stellt eine wichtige Voraussetzung dar, Whistleblowern die psychologische Hürde zwischen Loyalität und Fairness sowie der Angst vor Sanktionen zu nehmen. Idealerweise sollte dies auf kollektiver Ebene in der Unternehmenskultur verankert sein, sodass Offenheit und Transparenz als anzustrebende Werte betrachtet werden. Konkret kann dies durch Aufklärung und Transparenz bzgl. der Bedeutung der Hinweisgeberschutz-Richtlinie für das Unternehmen geschaffen werden. Insbesondere sollten ehrliche Verhaltensweisen wertgeschätzt und vor allem von der Führungsebene vorgelebt werden. Dies ermöglicht es auch Hinweisgebern, während des Meldungsprozesses Unterstützung zu erfahren.
Besonders hilfreich sind hierbei klare Unternehmensprozesse, die bspw. durch die Bestimmung von Zuständigkeiten, Einrichtung interner Kanäle und Verfahren für die Meldung und Weiterverfolgung von Missständen, Bestimmung von Verfahrensanforderungen im Umgang mit gemeldeten Missständen sowie Etablierung von Schutzmaßnahmen vor Vergeltung geschaffen werden können. Diese Maßnahmen sollten dann im Idealfall im Diskurs mit den Mitarbeitern geteilt werden. Durch diese Rahmenbedingungen wird der Schutz somit ebenfalls auf situationeller Ebene gewährleistet.
Als Letztes gilt es, auch Kollegen und das private Umfeld, insbesondere die Familie, in den Umsetzungsplan zu integrieren, denn diese sind eine bedeutende Ressource in der Unterstützung im Zuge des Whistleblowings. So sollten im Unternehmen insbesondere auch Kollegen ihre Funktion als unterstützende Ressource wahrnehmen. Das private Umfeld als wertvollste Unterstützungsressource sollte von negativen Folgen des Whistleblowings ebenfalls geschützt werden.
Mit dem Personalmanagement als Schnittpunkt zwischen der Belegschaft und dem Unternehmen sollten diese Ansatzpunkte es ermöglichen, sich auf den Schutz von Whistleblowern vorzubereiten und verheerende Folgen und Kosten im Falle einer Veröffentlichung interner Unternehmensinformationen vorzubeugen. Der Ansatz trägt dazu bei, potenziellen Missverständnissen sowie Eskalationen abzuhelfen und Missstände im Einvernehmen (idealerweise intern) zu klären (siehe Grafik 3).
Aufgabenverteilung
Wie die Studie gezeigt hat, existiert zum einen ein sehr großer Schutzbedarf für Hinweisgeber und zum anderen weisen Unternehmen nach wie vor Defizite in der gesetzeskonformen Richtlinienumsetzung auf. Eine Möglichkeit, diesem entgegenzuwirken und das Personalmanagement zu unterstützen, ist die Nutzung von externen Hinweisgebersystemen. Hierbei sind externe Rechtsanwälte als neutrale Mittler tätig, die Hinweise auf mögliche Verstöße entgegennehmen und auf ihre Stichhaltigkeit prüfen. Die Meldung kann dabei persönlich, telefonisch oder schriftlich in Form des klassischen Postwegs, der digitalen Kommunikation per E-Mail oder eines webbasierten Meldeportals erfolgen. Hierbei zeigt sich das digitale Meldeportal als vielversprechender Lösungsweg, da folgende Grundvoraussetzung des Hinweisgebersystems zu garantieren sind:
- Whistleblower müssen über das Hinweisgebersystem anonym kontaktiert werden, um in Dialog zu treten und die gemeldeten Informationen zu verifizieren.
- Whistleblower müssen innerhalb von sieben Tagen eine Eingangsbestätigung der Meldung erhalten sowie innerhalb von drei Monaten über die eingeleiteten Folgemaßnahmen informiert werden.
- Whistleblower dürfen nicht über das Hinweisgebersystem identifizierbar sein.
Diese Bedingungen können am zuverlässigsten mit einer digitalen Lösung erfüllt werden, da eine solche problemlos automatisch und nachweisbar Eingangsbestätigungen generieren und ein nachweisbar anonymer Austausch sowie ein Maßnahmen-Tracking gewährleisten kann.
Aus psychologischer Perspektive ist solch ein Tool insofern praktikabel und vorzugswürdig, da der gesamte Prozess für den Whistleblower erkennbar anonym erfolgen kann und somit die Hemmschwelle für die Meldung von Missständen sinkt. Im Detail würde mit Abgabe eines Hinweises automatisch ein digitales Postfach zur weiteren anonymen Kommunikation angelegt werden. Dadurch wird auch die Weiterleitung an das Unternehmen nachvollziehbar festgehalten. Bei Nutzung der klassischen Kommunikationsmittel sind persönliche Kontaktdaten notwendig, sodass die Kommunikation kaum anonym erfolgen kann und zudem Arbeitgeber nur schwer ihrer Nachweispflicht zur Anonymität der Meldung nachkommen können. Zudem offenbaren externe Hinweisgebersysteme folgende Vorteile:
- Durch das standardisierte System können auch Dritte (z. B. Kunden und Lieferanten) auf dem gleichen Weg Fehlverhalten melden.
- Durch einen gut geschützten, funktionierenden externen Kommunikationskanal zur Klärung von wichtigen Anliegenkönnen eine Kommunikation an Außenstehende wie die Presse und damit einhergehende Reputationsschäden und Skandalisierungen vermieden werden. Dafür ist der Weg für eine direkte interne Lösung geebnet.
- Durch eine ständige Verfügbarkeit mittels automatischer Annahme und Verarbeitung können Kostenvorteile gegenüber anderen Kommunikationsmedien erreicht werden.
Rechtliche Herausforderungen bei der Umsetzung
Entscheidend bei der Erstellung eines Meldeportals ist die Umsetzung sämtlicher rechtlicher Anforderungen an den Prozess. Zur Bewältigung dieser Herausforderung kann die klassische Lösung SaaS (Software as a Service) als Meldeportal genutzt werden, sodass ein drittes Unternehmen, etwa eine Softwareberatung mit umfangreicher Compliance-Erfahrung, die Verantwortung für die Sicherheit und Zuverlässigkeit des Systems übernimmt. Zudem müssen Unternehmen keine internen IT-Ressourcen zur Verfügung stellen und das Meldeportal kann mit geringem Aufwand in das bestehende Webportal vom Kunden integriert werden. Der Dienst ist DSGVO-konform und schützt Daten mit verschlüsselter Kommunikation und regelmäßigen Penetrationstests. Insgesamt kann man Arbeitgebern, die von der neuen Richtlinie betroffen sind, folgende Empfehlungen für die notwendigen Schritte zur Umsetzung mit auf den Weg geben:
- Zunächst sollten aktuelle Hinweisgebersysteme auf Konformität mit gesetzlichen Anforderungen, ggf. mit externer Rechtsberatung, geprüft werden.
- Im Falle von Defiziten sollte der Wechsel auf ein externes Hinweisgebersystem, wie es bspw. Wirtschaftsprüfer und Rechtsanwälte anbieten, in Erwägung gezogen werden. Dabei können die fachgerechte Analyse der eingehenden Aussagen, der Umgang mit diesen und die Möglichkeit des anonymen Dialogs gewährleistet werden. Zudem ist so die Neutralität und die Unabhängigkeit zu Kundenmandaten, vor allem auch in Bezug auf die Wahrnehmung von Interessen der Arbeitnehmer, sichergestellt. Denn es wird üblicherweise direkt an die Compliance-Abteilung der Kunden bzw. an die Geschäftsführung berichtet, sodass es zur angemessenen Aufmerksamkeit im Topmanagement kommt.
- Danach sollten die Verantwortlichen die Einführung in Kombination mit einem webbasierten Meldesystem als Erweiterung der Meldekanäle prüfen.
- Schließlich sollten alle intern und extern Beteiligten eine Information über die Einführung des Hinweisgebersystems erhalten.
- Zuallerletzt ist die Betreuung des Systems zu organisieren.
Fazit
Mut, Vertrauen und Unterstützung sind wichtige Faktoren bei der nachhaltigen Umsetzung der Hinweisgeberschutz-Richtlinie. Zur Etablierung dieser Faktoren bedarf es einerseits eines durch das Personalmanagement getriebenen Ansatzes, der zur Schaffung einer richtigen Unternehmenshaltung beiträgt und andererseits einer nachhaltigen Strategieentwicklung zur Regelung und Umsetzung von Whistleblowing, etwa in Form von innerbetrieblichen Compliance-Management-Systemen oder von externen Hinweisgebersystemen. Ein intelligentes Hinweisgebersystem bindet dabei wenig Ressourcen, schafft rechtliche Sicherheit gerade auch für die Personalleitung und bietet die Möglichkeit, das Unternehmen vor erheblichen wirtschaftlichen Schäden zu bewahren. Die richtige Balance zwischen dem Hinweisgeberschutz und dem Schutz vor Falschmeldung oder dem Verrat von Betriebsgeheimnissen ist essenziell, um den passenden Berichtsweg für Whistleblower zu identifizieren und i. S. d. sog. demokratischen Checks-and-Balances-Systems zu handeln.
Prof. Dr. Dr. Ruth Stock-Homburg

Mai Anh Nguyen

Dr. Matthias Bauer

Christopher Seinecke

Attachment | Size |
---|---|
Beitrag als PDF herunterladen | 916.57 KB |
· Artikel im Heft ·
Das Hinweisgeberschutzgesetz ist – im zweiten Anlauf – wohl auf der Zielgeraden. Wie sehen Sie die Zukunft des Hinweisgeberschutzes (HinSchG) in
Welche Definition des Begriffs Whistleblowing bzw. Hinweisgeber legen Sie zugrunde?
Herr Sultzer, zunächst die ganz grundlegende Frage: Was ist ein Hinweisgeber?
Ausgangslage
Die Richtlinie (EU) 2019/1937 vom 23.10.2019 zum Schutz von Personen, die Verstöße gegen Unionsrecht melden,
Problemaufriss
Vor Inkrafttreten des HinSchG sahen sich (vermeintlich) hinweisgebende Arbeitnehmer nach der Meldung tatsächlicher oder mutmaßlicher
Ausgangslage
Alle EU-Mitgliedstaaten bis auf Polen haben inzwischen die Richtlinie (EU) 2019/1937 vom 23.10.2019 zum Schutz von