Wird Urlaub während der Elternzeit automatisch gekürzt? Grundsätzlich nicht, denn der Arbeitgeber muss die Kürzung gemäß § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG gegenüber den betroffenen Beschäftigten erklären. Das ArbG Emden sah dies für das streitbefangene TVöD-Arbeitsverhältnis anders, denn § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD enthalte eine Minderungsvorschrift für ruhende Arbeitsverhältnisse. Einer weiteren Erklärung des Arbeitgebers bedürfe es danach nicht.
Dies sah das LAG Niedersachsen in seinem Urteil vom 17.5.2022 (10 Sa 954/21; Revision eingelegt unter dem Az. 9 AZR 207/22) anders. § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD ersetze nicht die gem. § 17 Abs. 1 Satz 1 BEEG erforderliche Erklärung des Arbeitgebers, den Erholungsurlaub für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel zu kürzen. Dies gelte – so das LAG – auch für den den gesetzlichen Urlaub übersteigenden Tarifurlaub. Auch dafür enthalte § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD keine Kürzungserklärung i. S. d. § 17 Abs. 1 BEEG. Dabei unterscheidet das LAG zwischen Ruhenstatbeständen, die von vornherein zu einer Urlaubsminderung gem. § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD führen, und der Elternzeit. Denn während der Elternzeit behalten die Beschäftigten ihren Anspruch auf Urlaub. Die Tarifnorm regele nichts Ungünstigeres als das Gesetz.
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Dies gelte nach Auffassung des LAG auch für den Tarifurlaubsteil, der den gesetzlichen Urlaub übersteigt. Der Arbeitgeber habe es für alle Bestandteile des Erholungsurlaubs gleichermaßen in der Hand, eine wirksame Kürzungserklärung abzugeben, sofern und soweit er Urlaub für die Elternzeit nicht gewähren möchte. Für eine Aufspaltung des Anspruchs in Mindest- und sonstigen Erholungsurlaub besteht daher keine Notwendigkeit und das Gesetz sehe ebenso keine Unterscheidung vor.
Die Entscheidung des LAG Niedersachsen ist kritikwürdig und das BAG wird klären müssen, wie § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD zu verstehen ist. Der TVöD ordnet in § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD gerade die automatische Verminderung des Tarifurlaubs an. Soweit es sich im TVöD um einen einheitlichen Urlaubsanspruch i. H. v. 30 Tagen (5-Tage-Woche) handelt, besteht in § 26 Abs. 2 Buchst. c TVöD keine Unterscheidung in ruhende Arbeitsverhältnisse z. B. wegen Sonderurlaubs oder wegen Elternzeit.
Sebastian Günther
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