Rückruf aus dem Homeoffice qua Direktionsrecht

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 Bild: pixabay.com
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Vor dem LAG München (Urt. v. 26.8.2021 – 3 SaGa 13/21, rk.) stritten die Parteien im Rahmen eines einstweiligen Verfügungsverfahrens darüber, ob der Arbeitgeber berechtigt ist, den Mitarbeiter aus dem Homeoffice zurückzuholen und seine Tätigkeit im Büro anzuordnen.

Der Kläger ist als Grafiker in Vollzeit beschäftigt und arbeitete seit Dezember 2020 wie die übrigen Mitarbeiter auch von zu Hause aus. Er führte seine Tätigkeiten – ohne Kenntnis des Arbeitgebers – an dem im Eigentum der Ehefrau stehenden Laptop und unter Nutzung einer auf die Ehefrau zugelassenen Grafiklizenz aus. Die Gattin ist freiberufliche Grafikerin. Während die Software auf dem häuslichen PC auf aktuellem Stand war, nutzte der Arbeitgeber noch eine Software mit Stand 2010. Daher kam es bei der Speicherung der vom Kläger erbrachten Grafikleistungen zu technischen Problemen bis zu einem Verlust bestimmter Eigenschaften. Während der Grafiker sich zu Beginn der Homeoffice-Zeit zur Arbeit elektronisch an- und abmeldete und an virtuellen Mitarbeitermeetings teilnahm, stellte er dies ab Ende Januar 2021 ohne Angabe von Gründen ein. Als der Arbeitgeber erfuhr, dass der Kläger das Laptop seiner Ehefrau benutzt, ordnete er im Februar 2021 die Anwesenheitspflicht zu den Bürozeiten 9 bis 18 Uhr mit entsprechender Mittagspause im Büro an. Der Kläger hatte mit seinem Antrag, ihm weiterhin zu gestatten, im Homeoffice zu arbeiten, in beiden Instanzen keinen Erfolg.

Das Gericht befand, dass die Weisung, die Arbeitsleistung im Büro zu erbringen, wirksam war und billigem Ermessen entsprach. Nach § 106 GewO kann der Arbeitgeber u. a. den Ort der Arbeitsleistung bestimmen, soweit diese Bedingungen nicht durch

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  • den Arbeitsvertrag,
  • die Bestimmungen einer Betriebsvereinbarung,
  • eines anwendbaren Tarifvertrags oder
  • gesetzliche Vorschriften

festgelegt sind.

Nach der Rechtsprechung des BAG umfasst das Weisungsrecht auch das Recht, eine einmal erteilte Weisung mit Wirkung für die Zukunft wieder zurückzunehmen oder zu ändern. Der Arbeitgeber ist daher grundsätzlich berechtigt, eine Homeoffice-Tätigkeit durch Weisung zu beenden. Die Anordnung entsprach im konkreten Fall auch billigem Ermessen. Die Darlegungs- und Beweislast für die Einhaltung dieser Grenze trägt der Arbeitgeber. Hier erkannte das Gericht zwingende betriebliche Gründe an, die der Ausübung der Tätigkeit in der Wohnung entgegenstanden. Die technische Ausstattung am häuslichen Arbeitsplatz entsprach nicht der am Bürostandort, wo die Dateien jeweils umformatiert werden mussten. Auch musste der Arbeitgeber nicht hinnehmen, dass der Kläger das Laptop und die Softwarelizenz seiner Ehefrau, die überdies als freiberufliche Grafikerin in Konkurrenz steht, nutzte, was auch datenschutzrechtlich nicht hinzunehmen war. Auch die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung vom 21.1.2021 (ausführlich zur aktuellen Regelung: Stück/Wein, AuA 10/21, S. 14 f.) gewährt keinen unbedingten Anspruch auf eine Tätigkeit im Homeoffice. Vielmehr gehören einschränkende technische Faktoren zu den dort genannten zwingenden betriebsbedingten Gründen, die gegen die Erledigung von Arbeiten im Homeoffice sprachen.

Lesen Sie zu diesem Thema folgenden Artikel aus AuA 11/21:

1. Ein Arbeitgeber, der einem Arbeitnehmer gestattet hat, seine Tätigkeit als Grafiker von zuHause aus zu erbringen, ist nach § 106 Satz 1 GewO grundsätzlich...

Dr. Claudia Rid

Dr. Claudia Rid
Rechtsanwältin, Fachanwältin für Arbeitsrecht, CMS Hasche Sigle, München
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· Artikel im Heft ·

Rückruf aus dem Homeoffice qua Direktionsrecht
Seite 50
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