Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG). Beispiele für sachliche Gründe („insbesondere“) sind in § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG aufgeführt. Ausnahmsweise ist die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags ohne Vorliegen eines sachlichen Grundes bis zu einer Dauer von zwei Jahren zulässig (§ 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG). Nach ständiger Rechtsprechung des BAG betrifft die zulässige Höchstdauer von zwei Jahren den Zeitraum für das Arbeitsverhältnis, nicht die Zeit vom Vertragsabschluss bis zum Ende des Arbeitsverhältnisses (BAG, Urt. v. 28.4.2021 – 7 AZR 212/20, Rz. 15; v. 29.6.2011 – 7 AZR 674/09, Rz.13).
Diese Grundsätze sind auch auf die kalendermäßige Befristung eines Arbeitsvertrags i.S. v. § 14 Abs. 2 Satz 1 TzBfG anzulegen.
Allerdings ist die sachgrundlose Befristung eines Arbeitsvertrags unzulässig, wenn „bereits zuvor“ ein Arbeitsverhältnis bei demselben Arbeitgeber bestanden hat (§ 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG). Im Wege der verfassungskonformen Auslegung dieser Vorschrift ist sie bei solchen Fällen auszuschließen, in denen dies für die Parteien unzumutbar wäre. Die dies aussprechende Entscheidung des BVerfG (Urt. v. 6.6.2018 – 1BvL7/14, 1BvL7/14, 1BvR1375/14, BVerfGE 149, S. 126) ist für die Gerichte bindend.
Die Vorschrift des § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG schränkt die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit und die Vertragsfreiheit von Arbeitnehmern und Arbeitgebern erheblich ein. Diese Beeinträchtigungen erweisen sich in der Abwägung mit dem Schutz der Beschäftigten im Arbeitsverhältnis (Art. 12 Abs. 1 GG) und dem Sozialstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG verankerten sozial- und beschäftigungspolitischen Zielsetzungen grundsätzlich als zumutbar. Dies gilt jedenfalls insoweit, als die Arbeitnehmer des mit § 14 Abs. 2 TzBfG bezweckten Schutzes vor einer Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung ihrer strukturellen Unterlegenheit und auch einer Gefahr für die soziale Sicherung durch eine Abkehr vom unbefristeten Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigung tatsächlich bedürfen. Die mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG einhergehenden Beeinträchtigungen der Rechte der Arbeitsplatzsuchenden und der Arbeitgeber, erneut einen Arbeitsvertrag sachgrundlos zu befristen, stehen auch nicht außer Verhältnis zu den angestrebten Zwecken, denn die Arbeitsgerichte können und müssen die Anwendung der Norm in verfassungskonformer Auslegung auf Fälle ausschließen, in denen dies für die Beteiligten unzumutbar wäre.
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Die Anwendung des Verbots der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung bei demselben Arbeitgeber ist unzumutbar, soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform zu erhalten. Der mit § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG verfolgte Schutzzweck kann in diesen Fällen das Verbot einer sachgrundlos befristeten Wiedereinstellung nicht rechtfertigen, soweit das legitime Interesse der Arbeitsuchenden an einer auch nur befristeten Beschäftigung und das ebenfalls legitime Flexibilisierungsinteresse der Arbeitgeber entgegenstehen.
Das kann insbesondere der Fall sein, wenn eine Vorbeschäftigung
- sehr lange zurückliegt oder
- ganz anders geartet war oder
- von sehr kurzer Dauer gewesen ist
(vgl. BAG, Urt. v. 15.12.2021 – 7 AZR 530/20).
Im Streitfall des BAG lag die Vorbeschäftigung allerdings 13 Jahre zurück und war auf eine Dauer von acht Wochen beschränkt. Dass ein solcher Sachverhalt die Unzumutbarkeit der Anwendung von § 14 Abs. 2 Satz 2 TzBfG bedingt, liegt auf der flachen Hand.
Dr. jur. Günter Schmitt-Rolfes
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Die Befristung eines Arbeitsvertrags ist zulässig, wenn sie durch einen sachlichen Grund gerechtfertigt ist (§ 14 Abs. 1 Satz 1 TzBfG)
Problempunkt
Vorliegend stritten die Parteien über die rechtliche Wirksamkeit einvernehmlich getroffener Befristungsabreden. Der
Schriftform und Nachweis
In Deutschland ist der Abschluss eines Arbeitsvertrags formfrei möglich, allerdings ist der Arbeitgeber
Nach ständiger Rechtsprechung des BAG ist der unbefristete Arbeitsvertrag der Grundtypus des Vertragsverhältnisses zwischen Arbeitgebern
Vor dem Thüringer LAG stritten die Parteien über die Wirksamkeit eines sachgrundlos befristeten Arbeitsvertrags.
Der
Ausgangslage
„Sachgrundlose Arbeitszeitverringerung für mehr Flexibilität“ (vgl. Plenarprotokoll, 19/58, S. 6392f., 2018). Diese