Vererblichkeit einer Abfindung

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 Bild: pixabay.com
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Eine tragische Verkettung von Umständen liegt einer Entscheidung des LAG Baden-Württemberg (Urt. v. 15.12.2021 – 2 Sa 11/21) zugrunde. Ein über zehn Jahre beschäftigter Projektleiter war schwer krank, sodass die Arbeitsvertragsparteien – anwaltlich vertreten – über einen Aufhebungsvertrag verhandelten. Der Anwalt des Projektleiters übersandte dem Anwalt des Unternehmens am 23.12.2019 eine aktuelle Fassung des Aufhebungsvertragsentwurfs mit dem expliziten Hinweis, dass in Anbetracht der Erkrankung aufgenommen werden solle, dass der Abfindungsanspruch bereits jetzt entstanden und vererblich ist. Nachdem darüber Einvernehmen erzielt war, übersandte der Anwalt am 16.1.2020 die vom schwer kranken Arbeitnehmer unterzeichneten Exemplare des Aufhebungsvertrags an die Gegenseite. Am 25.1.2020 verstarb der Mitarbeiter. Der Geschäftsführer der Beklagten unterschrieb den Aufhebungsvertrag spätestens am 27.1.2020. Das Original ging dem Klägervertreter am 31.1.2020 zu. Der Vertrag sah eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.6.2020 vor gegen Zahlung einer Abfindung i. H. v. 34.500 Euro. Nachdem das Unternehmen vom Tod des Mitarbeiters erfahren hatte, verweigerte es die Zahlung der Abfindung an dessen Witwe.

Während die erste Instanz dieser den Abfindungsanspruch zusprach, wies das LAG Baden-Württemberg die Klage ab. Es geht davon aus, dass ein wirksamer Aufhebungsvertrag zustande gekommen ist. Der Mitarbeiter hatte einen wirksamen Antrag abgegeben, der Tod des Erklärenden stand dem wirksamen Zugang der Erklärung nicht entgegen. Der dem Unternehmen zugegangene Antrag war auch noch annahmefähig, sodass der Aufhebungsvertrag durch Unterzeichnung und Übersendung an den Rechtsanwalt am 27.1.2020 wirksam zustande gekommen ist. Allerdings wurde die Beklagte von der Verpflichtung zur Zahlung der Abfindung befreit, da der Verstorbene die von ihm geschuldete Leistung – nämlich die Aufgabe des Arbeitsplatzes – im Zeitpunkt des Zustandekommens des Aufhebungsvertrags nicht mehr erbringen konnte. Denn er war bereits am 25.1.2020 verstorben. Das Gericht betont, dass die vorliegende Fallkonstellation von einem Sachverhalt zu unterscheiden ist, wo ein Arbeitnehmer nach wirksamem Zustandekommen des Aufhebungsvertrags vor dem vereinbarten Beendigungszeitpunkt verstirbt. Wenn die Parteien in einem solchen Fall vereinbart haben, dass der Anspruch auf Abfindung mit Abschluss des Aufhebungsvertrags entsteht und vererblich ist, kann sich der Arbeitgeber dem Anspruch der Erben nicht entziehen.

Das Gericht ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zum BAG zu.

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