Eine internationale private Ersatzschule klagte auf Zahlung einer Vertragsstrafe gegen eine irische Lehrerin, da diese die vertraglich vereinbarte Kündigungsfrist nicht eingehalten hatte. Der Arbeitsvertrag legte in Ziffer 2 a) fest, dass das monatliche Bruttogehalt 3.400 Euro beträgt. Ziffe 9 a) regelte, dass die Kündigungsfrist sechs Monate zum 31.1. oder zum 31.7. des Kalenderjahres für beide Seiten beträgt. Unter der Überschrift „Vertragsstrafe“ sah Ziffer 11 des Vertrages vor, dass eine Vertragsstrafe fällig ist, wenn die Mitarbeiterin das Arbeitsverhältnis ohne Einhaltung der vertraglichen ordentlichen Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund löst. Die Höhe der Vertragsstrafe beträgt ein Bruttomonatsgehalt gemäß Ziffer 2 a). Die Lehrerin kündigte das Arbeitsverhältnis am 3.3.2023 mit Wirkung zum 31.7.2023. Zum Zeitpunkt der Kündigung verdiente sie 4.200 Euro brutto. Die Schule behielt daher vom Juli-Gehalt einen Nettobetrag i. H. v. 1.778,76 Euro ein und klagte die Differenz zum letzten Bruttomonatsgehalt (4.200 Euro) i. H. v. 2.421,76 Euro ein.
Die Klage hatte teilweise Erfolg. Das Hessische LAG sprach der Schule eine Vertragsstrafe i. H. v. 1.621,76 Euro zu, da das Gericht den Unterschiedsbetrag vom Einstiegsgehalt von 3.400 Euro von der Klageforderung in Abzug brachte (Hessisches LAG, Urt. v. 11.12.2024 – 18 SLa 731/24).
Die Vertragsstrafenregelung hielt einer AGB-Kontrolle stand. Die Klausel war nicht überraschend. Denn Vereinbarungen von Vertragsstrafen sind im Arbeitsleben als Gestaltungsinstrument so verbreitet, dass ihre Aufnahme in Formularverträge regelmäßig nicht überraschend ist. Zudem war die Vertragsstrafe unter einer eigenen fettgedruckten Überschrift geregelt. Die Klausel verstieß auch nicht gegen das Transparenzgebot. Denn die Formulierung „ohne Einhaltung der vertraglichen ordentlichen Kündigungsfrist ohne wichtigen Grund“ ist nicht unklar. Dadurch wird ein vertragswidriges Verhalten erfasst, weil weder die Kündigungsfrist gewahrt wird noch ein Grund für eine fristlose Kündigung vorliegt. Auch die Höhe der Vertragsstrafe war klar bestimmt. Sie ergab sich aus dem Verweis von Ziffer 11 c) auf das Bruttomonatsgehalt gemäß Ziffer 2 a) des Arbeitsvertrages. Dort ist das Monatsgehalt mit 3.400 Euro ausgewiesen. Allerdings ließ das Gericht keine dynamische Auslegung von Ziffer 2 a) zu, sodass auf das aktuelle Monatsgehalt abzustellen gewesen wäre. Denn der Verweis erfasst ausdrücklich das Bruttomonatsgehalt gemäß Ziffer 2 a).
Das Gericht unterzog auch die Kündigungsfrist einer AGB-Kontrolle. Es hielt die Verbindung einer sechsmonatigen Kündigungsfrist mit der Festlegung, dass eine Kündigung nur zu zwei Zeitpunkten innerhalb eines Kalenderjahres zulässig ist für rechtens. Zwar stellt die festgelegte Kündigungsfrist eine erhebliche Einschränkung dar, die Frist gilt jedoch sowohl für die Schule als Arbeitgeberin als auch für die Lehrkraft. Die Beschränkung des Kündigungsrechts auf einen Termin pro Jahr verletzt nach der Rechtsprechung des BAG den Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin nicht in seinem Grundrecht auf Berufsfreiheit. Ein Lehrkraftwechsel während des Schuljahrs kann nach dieser Rechtsprechung erhebliche Beeinträchtigungen für die Umsetzung des Unterrichts und für die Betreuung der Schüler mit sich bringen. Außerdem bedarf die Einstellung einer Ersatzkraft eines zeitlichen Vorlaufs, insbesondere wenn muttersprachliche Lehrkräfte aus dem Ausland rekrutiert werden müssen. Durch die Kündigung vom März 2023 zum Juli 2023 war die Vertragsstrafe verwirkt, denn die Frist von sechs Monaten zum Schuljahreshalbjahr war nicht eingehalten.
Dr. Claudia Rid

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