„Ich weiß es nicht.“ Vier Worte mit großer Wirkung, aber leider auch vier Worte, die viele von uns im Job lieber nicht in den Mund nehmen.
Wir kennen sie wahrscheinlich alle: die Momente in Meetings oder Company-Updates, in denen wir auf unsere Frage kein offen und ehrliches„Das weiß ich nicht, aber ich kümmere mich darum“, sondern eine Buzzword-gefüllte Antwort bekommen. Es wird viel gesagt, ohne wirklich etwas zu sagen.
In solchen Momenten scheint es fast so, als gäbe es eine unausgesprochene Vereinbarung, die besagt: „Fake it till you make it – wenn du die Antwort nicht kennst, tue zumindest so, als hättest du eine Ahnung.“ Zu groß ist die Angst, als inkompetent, unfähig oder ignorant zu gelten. Zu etabliert die Idee des unfehlbaren Experten.
Doch wenn unser Wunsch, „nicht dumm dazustehen“ über unser Bedürfnis, eine Frage zu stellen, siegt, raubt uns das Möglichkeiten, in die Tiefe zu gehen, neue Ideen zu erforschen und blinde Flecken aufzudecken. Es hindert uns daran, Bedenken zu äußern und kritisch eine andere Meinung zu vertreten – Merkmale, die innovative Teams von nichtinnovativen Teams unterscheiden.
Was diesen Teamkulturen fehlt, ist Learner Safety. Die Sicherheit, uns auf alle Aspekte des Entdeckungs- und Lernprozesses einzulassen, ohne Angst haben zu müssen, in Verlegenheit zu geraten oder negativ bewertet zu werden, wenn wir etwas (noch) nicht wissen. Lernsicherheit ist einer von vier Bausteinen psychologisch sicherer Kulturen. Sie erlaubt es Teams, offen auch die vermeintlich „dummen Fragen“ zu stellen, Fehler zu machen und so das wahre Potenzial des Teams freizusetzen – essenziell für zukunftsfähige Organisationen.
Statt sich also in leere Worthülsen zu hüllen, klingt eine lernsichere Kultur so:
„Ich weiß es nicht.“
„Ich habe meine Meinung geändert.“
„Ich lag falsch.“
„Kannst du mir das noch einmal erklären?“
„Kann ich dir dabei über die Schulter gucken?“
Wir können nichts Neues lernen, wenn wir so tun, als wüssten wir es bereits. Auf diesem Weg wiederholen wir maximal die Vergangenheit und verpassen wertvolle Erkenntnisse für die Zukunft. Denn Zukunft ist per Definition unbekannt und unsere nichtwissende Neugierde ein fundamentaler Gestaltungsaspekt.
Die Organisation der Zukunft braucht also keine allwissenden, unfehlbaren Menschen, sondern Menschen, die sich irren, neugierig gemeinsam auf Lösungssuche gehen und die Kompetenz ihres Netzwerks aktivieren.
Wissen ist unser höchstes Gut. Eines, das im ständigen Austausch zwischen den Köpfen, Silos und Generationen stehen muss. Denn die rasante Entwicklung von Information und die Komplexität unserer Zeit fordern uns auf, ständig Lernende und Lehrende zu sein und die großen Fragen gemeinsam zu beantworten.
Und die Forschung stimmt zu – ein ehrliches „Ich weiß es nicht“, insbesondere von Führungskräften, ist ein immenser Booster für Vertrauen, zeigt Demut und lebt Menschlichkeit vor. Werte, die in der heutigen Arbeitswelt entscheidend sind.
Wie also kommen wir zu mehr Lernsicherheit?
Erheben Sie den Status quo und bewerten Sie, ob Ihr Team Sie unterstützt, Ihre Lernziele zu erreichen, Sie aus Fehlern lernen dürfen, sich wirklich wohlfühlen, Fragen zu stellen und Ihre Führungskraft selbst offen lernt. Verstehen Sie „Scheitern“ als Muskel. Viele von uns haben das Lernen verlernt, also will auch das gelernt sein. Verstehen Sie sich als Kulturgestalter:innen. Jeder von uns kann zu einer positiven Lern- und Fehlerkultur beitragen. Statt „Leader müssen alle Antworten haben“, leben Sie das Lernen vor.
Lernen, Umlernen und Verlernen sind essenzielle Zukunftsskills, die wir unbedingt nähren sollten.
Also mehr Mut zur Lücke!
Nora Dietrich
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