Keine Entsendung von Arbeitnehmern beim Einsatz in internationalen Zügen

Art. 1 Abs. 3 lit. a RL 96/71/EG; Art. 56, 57, 58 I AEUV

Die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern (96/71/EG) erfasst solche Dienstleistungen nicht, bei denen der wesentliche Teil der mit der Dienstleistung verbundenen Arbeit im Hoheitsgebiet des Mitgliedsstaates geleistet wird, in dem das ausführende Unternehmen seinen Sitz hat und die betroffenen Arbeitnehmer ihren Dienst antreten und beenden.

(Leitsatz des Bearbeiters)

EuGH, Urteil vom 19.12.2019 – C-16/18

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Bild: Haramis Kalfar/stock.adobe.com
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Problempunkt

Die Richtlinie über die Entsendung von Arbeitnehmern (96/71/EG) gilt für Unternehmen, die im Rahmen einer länderübergreifenden Erbringung von Dienstleistungen Arbeitnehmer in das Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates entsenden. Im Zuge der Reform der EU-Entsenderichtlinie (2018/957/EU) haben sich die Vorgaben beim grenzüberschreitenden Personaleinsatz zuletzt deutlich verschärft. Neuerdings gelten nicht mehr nur besondere administrative Pflichten und Mindeststandards. Unter bestimmten Voraussetzungen schreibt das Prinzip „gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen Ort“ konkrete Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen fest. Umso interessanter ist die vorliegende Entscheidung, die bestimmte Fallgestaltungen aus dem Anwendungsbereich der Entsenderichtlinie ausnimmt.

Entscheidung

Der Geschäftsführer einer ungarischen Gesellschaft wendete sich gegen die vom Magistrat der Stadt Wien verhängte Verwaltungsstrafe wegen eines Verstoßes gegen administrative Vorgaben im Zusammenhang mit der Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich. Die Österreichische Bundesbahn vergab einen Dienstleistungsauftrag für die Bewirtschaftung der Zugrestaurants und des Bordservices in bestimmten von ihr betriebenen Zügen im Wege einer Reihe von Subaufträgen an eine ungarische Gesellschaft. Diese führte die vereinbarten Dienstleistungen in den Zügen, die u. a. Salzburg mit Budapest als Ausgangs- und Endbahnhof verbanden, durch. Alle eingesetzten Arbeitnehmer waren in Ungarn wohnhaft und sozialversichert und hatten dort ihren Lebensmittelpunkt. Die Arbeitnehmer hatten ihren Dienst in Ungarn anzutreten und zu beenden. In Budapest wurden die dort gelagerten Waren erfasst und in die Züge verladen. Alle Arbeitsleistungen – mit Ausnahme der Tätigkeiten, die in den Zügen durchzuführen waren – wurden in Ungarn erbracht. Im Rahmen einer auf dem Wiener Hauptbahnhof durchgeführten Kontrolle wurde der Geschäftsführer der ungarischen Gesellschaft für schuldig erkannt, gegen österreichische Verwaltungsvorschriften bei der Entsendung von Arbeitnehmern nach Österreich verstoßen zu haben. Der Geschäftsführer wehrte sich gegen die verhängte Verwaltungsstrafe. Der EuGH verneinte die Anwendbarkeit der EU-Entsenderichtlinie mit der Begründung, die Tätigkeit der Arbeitnehmer weise keine hinreichende Verbindung zum Hoheitsgebiet des Mitgliedstaates auf, den die Züge durchquerten.

Konsequenzen

Es bleibt abzuwarten, ob der EuGH weitere Fallgestaltungen bildet, in denen eine Dienstleistung zwar physisch im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaates erbracht wird, es aber an einer hinreichenden Verbindung der Dienstleistung zu diesem Mitgliedstaat fehlt. Das könnte etwa bei reinen Vertriebstätigkeiten in einem anderen Mitgliedstaat der Fall sein.

Praxistipp

Wenn Mitarbeiter in einem anderen Mitgliedstaat tätig werden, sollte geprüft werden, ob die Vorgaben der EU-Entsenderichtlinie Anwendung finden. Dies kann bereits bei kurzen Dienstreisen der Fall sein. Bei Verstößen können hohe Bußgelder und Reputationsschäden drohen.

Dr. Thomas Barth

Rechtsanwalt, Eversheds Deutschland LLP, München
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Keine Entsendung von Arbeitnehmern beim Einsatz in internationalen Zügen
Seite 54
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