Problempunkt
Unternehmen und Betriebsrat (BR) streiten darüber, ob die Arbeitgeberseite verpflichtet ist, dem BR unter Übernahme der anfallenden Kosten eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft zur Verfügung zu stellen.
Der Betriebsrat besteht aus 15 Mitgliedern, von denen drei gem. § 38 BetrVG völlig freigestellt sind. Neben dem Betriebsausschuss haben die Arbeitnehmervertreter noch einen Lohn- und Gehalts-, einen Sozial- sowie einen Arbeitsschutzausschuss gebildet. Mehrere Betriebsratsmitglieder gehören dem Gesamtbetriebsrat und dem Wirtschaftsausschuss an. Jährlich werden je 52 Betriebsrats- und so genannte 9-Uhr-Sitzungen sowie ebenfalls wöchentliche Überstundensitzungen durchgeführt. Darüber hinaus finden 38 Treffen des Betriebsausschusses, je vier Sitzungen des Sozial- und des Lohnausschusses sowie ca. 10 Konferenzen des Betriebsausschusses mit der Geschäftsleitung aus besonderen Gründen statt. Gleichfalls führt der Betriebsrat ca. vier bis fünf Betriebs- oder Abteilungsversammlungen durch. Hinzu kommen noch etliche Treffen des Wirtschaftsausschusses sowie zahlreiche Gesamtbetriebsratssitzungen.
Dem BR wurden in seinem Büro zwei miteinander vernetzte PC-Arbeitsplätze eingerichtet. Den Wunsch nach Überlassung einer vollzeittätigen Bürokraft lehnte die Arbeitgeberin ab.
Entscheidung
Das BAG hat den Fall an das Landesarbeitsgericht zur weiteren Tatsachenaufklärung zurückverwiesen, da die höchsten deutschen Arbeitsrichter aufgrund der bisherigen Tatsachen nicht in der Lage waren, abschließend zur beurteilen, ob der Betriebsrat im Zeitpunkt seiner Beschlussfassung die Überlassung einer Vollzeit- oder aber einer Teilzeitkraft bzw. die stundenweise Tätigkeit einer Bürohilfe für ausreichend halten musste.
Gem. § 40 Abs. 2 BetrVG hat der Arbeitgeber dem BR u.a. Büropersonal zur Verfügung zu stellen, wobei allein dem Mitarbeitergremium die Entscheidung darüber obliegt, ob und in welchem Umfang dies erforderlich ist. Nach der zum Sachmittelanspruch ergangenen Rechtsprechung des BAG (vgl. statt vieler: BAG, Beschl. v. 12.5.1999 - 7 ABR 36/97) muss der BR bei seiner Entscheidung die betrieblichen Verhältnisse und die sich ihm stellenden Aufgaben berücksichtigen, wobei er eine Abwägung zwischen den Interessen der Beschäftigten an einer sachgerechten Ausübung des Amtes und den berechtigten Interessen des Arbeitgebers auf Begrenzung seiner Kostentragungspflicht vorzunehmen hat. Diese Grundsätze sind - so der Senat - auch auf den Anspruch auf Büropersonal übertragbar. Die Betriebsratsentscheidung unterliegt grundsätzlich der arbeitsgerichtlichen Kontrolle.
Zurückgewiesen hat das BAG die Auffassung der Vorinstanz, dass bereits die Betriebsratsgröße sowie die weiteren Gremien "prima facie" dafür sprechen, dass zur Aufgabenerledigung eine vollzeitbeschäftigte Bürokraft nötig ist. Der 7. Senat wies darauf hin, dass mit der jeweiligen Betriebsgröße und der Beschäftigtenzahl regelmäßig die Arbeitsbelastung des Betriebsrats steigt. Das führt zu einer Erleichterung der Darlegung von Tatsachen für die Erforderlichkeit einer Vollzeitbürokraft. Sie erübrigt sich aber nicht. Ob das Gremium eine Vollzeitkraft für erforderlich halten darf, hängt grundsätzlich vom Umfang der im Einzelfall anfallenden Büroarbeiten ab, die übertragen werden sollen. Von daher obliegt es dem Betriebsrat, darzulegen, welche anfallenden Arbeiten verlagert werden sollen und welchen zeitlichen Aufwand die Tätigkeiten erfordern. Dieser Umstand war vom LAG nicht berücksichtigt worden.
Ebenfalls noch einmal klargestellt hat das BAG, dass Betriebsratsmitglieder grundsätzlich nicht verpflichtet sind, sämtliche anfallenden Bürotätigkeiten selbst zu erledigen. Hierzu, so die Erfurter Richter, gehören nicht nur Schreibarbeiten, sondern auch andere verwaltungstechnische Tätigkeiten. Weiterhin machten die Richter deutlich, dass die Ausstattung des Betriebsratsbüros mit PCs nicht dem Überlassungsanspruch auf (zusätzliches) Personal entgegensteht.
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Konsequenzen
Grundsätzlich ergibt sich aus § 40 Abs. 2 BetrVG ein Anspruch des Betriebsrats auf Überlassung von Büropersonal.
In jedem Einzelfall muss allerdings seitens der Arbeitnehmervertretung belegt werden, in welchem zeitlichen Umfang sie den Einsatz von Bürokräften benötigt. Zur Anspruchsbegründung genügt nicht der Hinweis auf die Größe des Betriebsrats, des Betriebs und die Beschäftigtenzahl.
Seitens der Personalverantwortlichen reicht es demgegenüber zur Anspruchsablehnung nicht aus, auf das bereits zur Verfügung stehende Equipment zu verweisen oder von Betriebsratsmitgliedern mit entsprechender Qualifikation/Kenntnissen die Erledigung von Schreib- und sonstigen Arbeiten zu verlangen.
Gerade in der Frage über den Umfang der Überlassung von Büropersonal besteht ein großer Verhandlungsspielraum. So kann es vor allem in kleinen Gremien ausreichen, dass eine entsprechende Schreib-/Hilfskraft auf Abruf zur Verfügung steht, wobei der Arbeitgeber auch dafür Sorge tragen sollte, dass dieses dann ohne große Verzögerungen geschieht.
Im Übrigen kann in der Praxis beobachtet werden, dass viele Betriebsratsmitglieder einen Großteil der Büro- und Verwaltungsarbeiten tatsächlich selbst erledigen.
Ein entsprechender Anspruch auf Überlassung von Büropersonal steht im Übrigen auch dem Gesamt-/Konzernbetriebsrat sowie dem Wirtschaftsausschuss (vgl. BAG, Beschl. v. 17.10.1990 - 7 ABR 69/89) zu. Das gilt auch für Betriebsräte, welche ein so genanntes Restmandat wahrnehmen.
Praxistipp
Zwar entscheidet allein der Unternehmer, welche Mitarbeiter dem Betriebsrat überlassen werden. Die Auswahl sollte allerdings immer gemeinsam mit den Arbeitnehmervertretern erfolgen, da zwischen den zur Verfügung gestellten Bürokräften und dem BR ein Vertrauensverhältnis bestehen muss. Nach der Rechtssprechung des BAG (vgl. Beschluss vom 5.3.1997 - 7 ABR 3/96) ist Letzterer nämlich berechtigt, die Zusammenarbeit mit Bürokräften abzulehnen, wenn er belegen kann, dass die ausgewählte Person nicht sein Vertrauen genießt.
RA Wolf-Dieter Rudolph, Berlin
Redaktion (allg.)
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