Problempunkt
Arbeitgeber haben die Kosten der Arbeit ihrer Betriebsräte bis zur Grenze der Erforderlichkeit gem. § 40 BetrVG zu tragen. Da der Betriebsrat keine eigene Rechtspersönlichkeit hat, ergibt sich hieraus ein Freistellungsanspruch gegen den Arbeitgeber, die erforderlichen Kosten gegenüber Dritten zu übernehmen. Zwischen der Arbeitnehmervertretung und dem Arbeitgeber liegt danach ein gesetzliches Schuldverhältnis vor, dessen Inhalt auf Freistellung von erforderlichen Kosten gegenüber Dritten gerichtet ist. Dies ist ein eigenständiger vermögensrechtlicher Anspruch des Betriebsrats, der aus einer Teilrechtsfähigkeit gegenüber dem Arbeitgeber folgt (BAG, Urt. v. 29.9.2004 - 1 AZR 473/03).
Da der Arbeitgeber die Kosten jedoch nur bis zur Höhe der Erforderlichkeit schuldet, ist auch nur insoweit der Freistellungsanspruch gegeben. Fraglich ist daher, ob ein vom Betriebsrat beauftragter Dritter seine Kosten direkt gegen die Arbeitnehmervertretung geltend machen kann. Das würde voraussetzen, dass das Gremium - zumindest gegenüber Dritten - teilweise rechts- und parteifähig ist, um auch gerichtlich in Anspruch genommen werden zu können.
Entscheidung
Der BGH nahm eine Teilrechtsfähigkeit des Betriebsrats dahingehend an, dass er auch gegenüber Dritten wirksame Verträge abschließen kann. Der Vorsitzende ist daher im Rahmen seiner Vertretungsmacht in der Lage, einen Berater zu beauftragen und wirksam zu verpflichten. Das Gericht zog jedoch zugleich der Vermögens- und Rechtsfähigkeit des Betriebsrats eine Grenze: Die Rechtsfähigkeit in Bezug auf den Rechtsverkehr mit Dritten kann nur im Rahmen des gesetzlichen Wirkungskreises des Gremiums bestehen. Sonstige privatrechtliche Geschäfte darf er nicht wirksam tätigen.
Den Wirkungskreis des Betriebsrats zog der BGH wiederum so eng, dass sich aus der Grenze der Erforderlichkeit gem. § 40 BetrVG auch die Grenze der gesetzlichen Aufgabenwahrnehmung ergibt. Hieraus folgt wiederum, dass das Gremium nur insoweit partiell rechtsfähig ist, wie es aufgrund einer Ex-tunc-Betrachtung die Kosten für erforderlich halten durfte. Bei Kosten, die darüber hinausgehen, verlässt es dagegen seinen gesetzlichen Aufgabenkreis. Daher kann es für darauf gerichtete Verträge nicht rechtsfähig sein. Diese sind nichtig. Der vertragsschließende Betriebsratsvorsitzende haftet dann ggf. nach § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht.
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Konsequenzen
Der BGH hat den Gedanken der Teilrechtsfähigkeit des Betriebsrats weiterentwickelt. Das Gremium hat auch eine nach außen gerichtete Teilrechtsfähigkeit. Sie reicht jedoch für Verträge mit Dritten nur bis zur Erforderlichkeitsgrenze des § 40 BetrVG, bewegt sich also nur im Rahmen dessen, wofür auch ein Freistellungsanspruch besteht. Das Urteil verschlechtert daher nicht die Position ordnungsgemäß arbeitender Betriebsräte. Sie haben für erforderliche Kosten weiterhin ihren Freistellungsanspruch. Darüber hinaus können sie keine wirksamen Verträge schließen.
Trotzdem ergibt sich eine Schwierigkeit: Insbesondere die Vertreter (Vorsitzender oder Stellvertreter), die Verträge mit Dritten schließen, müssen die Grenzen ihrer Vertretungsmacht beachten. Andernfalls können sie nach § 179 BGB als Vertreter ohne Vertretungsmacht in Anspruch genommen werden. Ob sie dies in der Praxis tatsächlich hemmen wird, bleibt abzuwarten.
Praxistipp
Für den Arbeitgeber ändert sich durch das Urteil erst einmal nichts. Es bleibt beim gesetzlichen Freistellungsanspruch des Betriebsrats. Einzig die Gefahr einer drohenden persönlichen Haftung des vertragsschließenden Betriebsratsmitglieds könnte die Verhandlungsposition des Arbeitgebers verbessern, wenn es darum geht, ob beabsichtigte Kosten erforderlich sind, etwa bei der Hinzuziehung eines Sachverständigen nach § 80 Abs. 3 BetrVG. Ob sich dieses Argument in der Praxis als stichhaltig erweisen wird, bleibt indes abzuwarten.
RA Prof. Dr. Tim Jesgarzewski, FOM Hochschule Bremen
Redaktion (allg.)
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