Überdotierung einer Gruppen-Unterstützungskasse

Für die Beurteilung einer Überdotierung und somit einer möglichen Rückzahlung von Vermögen einer Gruppen-Unterstützungskasse an deren Trägerunternehmen, kommt es ausschließlich auf die Vermögensverhältnisse der Unterstützungskasse als Einheit an.

(Leitsatz des Bearbeiters)

BFH, Urteil vom 26. November 2014 – I R 37/13

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Bild: Corgarashu / stock.adobe.com
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Problempunkt

Im vorliegenden Fall war die Ermittlung des überdotierten Kassenvermögens zwischen einer Gruppen-Unterstützungskasse – also einer Unterstützungskasse mit mehreren Trägerunternehmen – und dem zuständigen Finanzamt strittig. Das Finanzamt ging in der Ermittlung von der Unterstützungskasse als steuerliche Einheit aus, während die Unterstützungskasse die Betrachtung bezogen auf das jeweilige Trägerunternehmen der Unterstützungskasse vorgenommen hat.

Die Satzung der Unterstützungskasse sah hinsichtlich der Vermögensbindung insoweit die Verwendung des Vermögens nach Abstimmung mit dem entsprechenden Trägerunternehmen vor, als das von den einzelnen Trägerunternehmen finanzierte Kassenvermögen überdotiert ist. Aufgrund dieser segmentorientierten Betrachtung wurden – gestützt auf die Satzungsbestimmung – Vermögen durch die Unterstützungskasse an einzelne Trägerunternehmen zurückgezahlt, nachdem diese das maximal zulässige Kassenvermögen ihres jeweiligen Vermögenssegments überschritten hatten. Dabei war die Unterstützungskasse nach Feststellung des Finanzamts in ihrer Gesamtheit, also bei Betrachtung sämtlicher Trägerunternehmen, nicht überdotiert. Das Finanzamt wertete die Rückzahlungen wegen der nicht kassenorientierten Betrachtung und der fehlenden Überdotierung der gesamten Unterstützungskasse als eine nicht zweckgemäße und damit steuerschädliche Verwendung des Kassenvermögens und erließ rückwirkend entsprechende Körperschaftsteuerbescheide.

Gegen diese Bescheide und die damit verbundenen Steuerfestsetzungen für die Jahre 2000 bis 2006 erhob die Unterstützungskasse vor dem FG Nürnberg Klage und gewann. Das Finanzamt ging gegen dieses Urteil in Revision.

Entscheidung

Der BFH hat die Rechtsauffassung des Finanzamts bestätigt und das Urteil der Vorinstanz aufgehoben. Die Behörde war aufgrund des Verstoßes gegen die Vermögensbindung infolge der Rückzahlung von Vermögen an Trägerunternehmen zu Recht von der Körperschaftsteuerpflicht der Unterstützungskasse ausgegangen.

Das FG hatte sein Urteil für die Anwendung einer segmentorientierten Betrachtung damit begründet, dass der Gesetzgeber die Regelungen des KStG idealtypisch nur für Kassen mit genau einem Trägerunternehmen heranziehen wollte (sog. Einzel-Unterstützungskassen). Für Gruppen-Unterstützungskassen gebe es weder differenziertere Gesetzesmaterialien noch Ausführungen/Erwägungen, die erkennen lassen, dass der Gesetzgeber die Regelungen für eine Einzel-Unterstützungskasse auch auf Gruppen-Unterstützungskassen hätte anwenden wollen.

Der BFH nimmt hier in seiner Urteilsbegründung klar Stellung und verneint zu Recht eine solche Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat die Regelungen des KStG zunächst ausdrücklich nur für solche Unterstützungskassen zugelassen, deren Trägerunternehmen zumindest wirtschaftlich miteinander verbunden sind. Erst mit einer gesetzlichen Änderung im Jahr 1961 respektive 1962 erweiterte er die einschlägigen Paragrafen im KStG und KStDV um die Möglichkeit der Gruppen-Unterstützungskasse. Der Gesetzgeber hat sich zu diesem Zeitpunkt eindeutig mit der Gruppen-Unterstützungs­kasse auseinandergesetzt und hätte Änderungen in den körperschaftsteuerrechtlichen Regelungen vornehmen können, wenn er für solche Kassen eine segmentorientierte Betrachtungsweise vorgesehen hätte.

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Konsequenzen

In der Vergangenheit wurden die Beurteilung einer Überdotierung und die mögliche Rückübertragung von Vermögen an die Trägerunternehmen von Gruppen-Unterstützungskassen unterschiedlich gehandhabt. Der BFH hat mit dieser ersten von drei zu diesem Sachverhalt vorgelegten Revisionen mit seiner grundsätzlichen Auffassung der kassenorientierten Betrachtung für Klarheit gesorgt (anhängig unter den Az. I R 66/13 und X R 30/13).

Eine falsche Beurteilung kann dabei für den Arbeitgeber als Trägerunternehmen Folgen haben: Mit dem Verstoß gegen die Vermögensbindung verliert die Kasse rückwirkend ihre Steuerfreiheit. Aufgrund der Forderung der dauernden Sicherung der Vermögensbindung nach §5 Abs.1 Nr.3 Buchst. c KStG verliert die Kasse die Steuerfreiheit aber nicht nur für den Veranlagungszeitraum, in dem die Vermögensbindung weggefallen ist. Nach §61 Abs.3 Satz2 AO i.V. m. §175 Abs.1 Satz1 Nr.2 AO werden über den aktuellen Veranlagungszeitraum hinaus die zehn vorangegangenen Kalenderjahre steuerlich neu veranlagt. Die Nachforderungen und die Konsequenzen hieraus können beachtlich sein.

Kassenvermögen, das man zur Erfüllung der zugesagten Versorgungen benötigt, wird durch die Steuerlast geschmälert. Verfügt die Kasse nicht ausreichend über freies Vermögen, müsste sie zur Begleichung der Steuerlast zwangsweise die Versorgungsleistungen gegenüber den Berechtigten reduzieren. Auf der Grundlage der Ausfallhaftung nach §1 Abs.1 Satz3 BetrAVG würde das Unternehmen für den durch die Unterstützungskasse gekürzten Anteil der Versorgungsleistungen auf Basis seiner arbeitsrechtlichen Versorgungszusage planwidrig und zusätzlich in die Pflicht genommen. Insbesondere bei versicherungsrückgedeckten Kassen könnte diese Situation relativ schnell eintreten. Von eventuellen aufwandsorientierten Verwaltungskosten abgesehen, reichen diese Kassen die Zuwendungen der Trägerunternehmen als Versicherungsbeiträge vollständig an die Rück-Versicherungsgesellschaften weiter, so dass sie bei Steuernachforderungen selten auf freies Barvermögen zurückgreifen können.

Praxistipp

Für Arbeitgeber ergibt sich aus der Entscheidung Prüfungsbedarf hinsichtlich der Satzungen, sofern sie sich der Gruppen-Unterstützungskasse bedienen. Die Satzungen sollten bei der Vermögensverwendung ausdrücklich darauf hinweisen, dass das Vermögen unter dem Vorbehalt der kassenorientierten Beurteilung ­ einer Überdotierung ausschließlich und unmittelbar zu Satzungszwecken verwendet werden soll.

Somit ist das entsprechende geschäftsführende Organ der Kasse satzungsbedingt zur korrekten Vermögensbindung verpflichtet und die Überdotierung wird auf der Grundlage der Kassenorientierung beurteilt.

Alexander Siegmund, Geschäftsführer der Kölner Pensionsmanagement GmbH, Köln

Redaktion (allg.)

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