El-Ghazi vs. Mainz 05: Meinungsfreiheit im Arbeitsverhältnis

Bild: AdobeStock/yorgen67
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Der Fussball-Profi Anwar El Ghazi von FSV Mainz 05 hat sich in erster Instanz erfolgreich gegen die Kündigung seines Arbeitsverhältnisses als Spieler des Bundesligisten gewehrt. Vorausgegengen war dem ein Instagram-Post von El Ghazi, in dem er die Blockade des Gazastreifens durch Israel nach dem Massaker vom 7. Oktober verurteilte. Diesen Beitrag schloss er mit der Parole „From the river to the sea, Palestine will be free”. Der Verein ist der Auffassung, El Ghazi habe hier eine antisemitische Haltung gezeigt, die nicht mit den Werten von Mainz 05 vereinbar sei. El Ghazi dementierte eine solche persönliche Haltung. Es folgte dennoch die fristlose Kündigung, gegen die der Spieler nun erfolgreich vorgegangen ist. Die Pressemitteilung des ArbG Mainz vom 12.7.2024 hierzu lautet:

"In dem Kündigungsschutzverfahren des Profifußballspielers El-Ghazi gegen den Bundesligaverein Mainz 05 ist heute das Urteil verkündet worden. Das Arbeitsgericht Mainz hat festgestellt, dass die außerordentliche, fristlose Kündigung das Arbeitsverhältnis nicht aufgelöst hat, und der im Zusammenhang mit der Kündigung stehenden Klage auf Zahlung und Weiterbeschäftigung stattgegeben. Die Widerklage des Vereins, der seinerseits auf Zahlung und Auskunft geklagt hatte, ist abgewiesen worden.

Die Kammer hatte in vorliegendem Einzelfall über die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung zu entscheiden. Nach § 626 BGB ist die fristlose Kündigung aus wichtigem Grund nur gerechtfertigt, wenn unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls und unter Abwägung der Interessen beider Vertragsteile die Fortsetzung bis zur vereinbarten Beendigung nicht zugemutet werden kann. Maßgeblich sind nur solche Tatsachen, die bei Zugang der Kündigung nicht bereits länger als 2 Wochen bekannt waren. Aus diesem Grund konnte es nur auf ein etwaiges Fehlverhalten durch Äußerungen in sozialen Medien innerhalb dieser Frist ankommen. Die Kammer hat hierzu festgestellt, dass der "post" des Fußballspielers vom 01.11.2023 in Reaktion auf die Veröffentlichung einer Presseerklärung des Vereins vom 30.10.2023, der in seiner Gesamtheit aus Sicht eines unvoreingenommenen Publikums zu würdigen ist, noch von der Meinungsfreiheit gedeckt ist. Jedenfalls erweist sich unter Berücksichtigung des gesamten Zusammenhangs die Fortsetzung des befristeten Vertrags auch im Hinblick auf die arbeitsvertragliche Treue- und Rücksichtnahmepflicht nicht als unzumutbar.

Daher hatten auch die vom Bestand des Arbeitsverhältnisses abhängigen Zahlungsanträge des Fußballspielers Erfolg, die Widerklage war abzuweisen."

Der Bundesligist prüft nun nach Informationen der SZ die Berufung gegen das Urteil einzulegen und will an der Trennung vom Spieler festhalten.

Hören Sie hierzu auch unseren Podcast "Kurz gefragt" vom 23.11.2023: www.arbeit-und-arbeitsrecht.de/news/podcast-antisemitismus-und-israelkritik-am-arbeitsplatz.html

#ArbeitsRechtKurios: Amüsante Fälle aus der Rechtsprechung deutscher Gerichte - in Zusammenarbeit mit dem renommierten Karikaturisten Thomas Plaßmann (Frankfurter Rundschau, NRZ, Berliner Zeitung, Spiegel Online, AuA).

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