Auslandsdienstreise: Anordnung per Direktionsrecht
Die Reichweite des arbeitgeberseitigen Direktionsrechts bietet immer wieder Anlass zu Streit. Im konkreten Fall ging es um einen Projekt- und Konstruktionsingenieur in der Abteilung Elektrik für Werkzeugmaschinen, der laut seines Arbeitsvertrags im Werk W beschäftigt war. Der Vertrag stammte aus dem Jahr 1980. Er verwies ferner auf eine Reisekostenordnung. In der Vergangenheit war der Mitarbeiter nur in geringem Umfang auf Dienstreisen, vor allem im europäischen Ausland tätig. Erstmalig im April 2016 schickte der Arbeitgeber den Ingenieur zu einer dreitägigen Dienstreise nach China. Der Arbeitnehmer beschwerte sich über die Unterbringung in einem Stundenhotel und behauptete, sein Arbeitgeber wolle ihn in schikanöser Weise aus dem Betrieb drängen. Daher beantragte er, festzustellen, dass er nicht verpflichtet ist, Arbeitsleistungen im Ausland zu erbringen. Die Klage blieb in zwei Instanzen ohne Erfolg (zuletzt LAG Baden-Württemberg, Urt. v. 6.9.2017 – 4 Sa 3/17).
Nach § 106 Satz 1 GewO kann der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen näher bestimmen, soweit diese Arbeitsbedingungen nicht in einem Arbeitsvertrag festgelegt sind. Das Gericht war der Auffassung, dass die arbeitsvertragliche Regelung von 1980 das Direktionsrecht nicht einschränkte. Ist im Vertrag ein Ort genannt, ist zu prüfen, ob damit eine vertragliche Beschränkung des Direktionsrechts gemeint ist oder ob die Benennung des Orts lediglich die erstmalige Ausübung des Direktionsrechts darstellt. Hier erfolgte die Nennung im Zusammenhang mit der Erstzuweisung zur Abteilung Werkzeugmaschinenbau. Außerdem würde eine Regelung zur Reisekostenerstattung keinen Sinn machen, wenn Dienstreisen nicht angeordnet werden könnten. Daher unterlag die Bestimmung des Orts der Arbeitsleistung dem Direktionsrecht des Arbeitgebers. Wenn das Weisungsrecht vertraglich nicht eingeschränkt ist, gilt grundsätzlich eine bundesweit unbeschränkte örtliche Versetzungsmöglichkeit. Ob dagegen kraft Direktionsrechts auch Auslandsdienstreisen angeordnet werden dürfen, ist noch weitgehend ungeklärt. Nach Auffassung des Gerichts ist auf das Berufsbild und das Tätigkeitsprofil abzustellen. Angesichts der seit Jahren zu beobachtenden Entwicklungen im Wirtschaftsleben, die eine erhöhte Flexibilität erfordern und von verstärkter internationaler Ausrichtung geprägt sind, werden mittlerweile nicht nur Vertriebsmitarbeiter und Fahrer, sondern auch ein Großteil der übrigen Belegschaft zu gelegentlichen Auslandsdienstreisen verpflichtet sein. Dies trifft insbesondere für einen Projekt- und Konstruktionsingenieur zu. Nachdem die Beklagte ihre Maschinen mittlerweile in die ganze Welt, also auch in Länder des Mittleren und Fernen Ostens liefert, muss auch der Projektingenieur mit gelegentlichen Einsätzen in diesen Ländern rechnen. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Maschinen von ihm konstruiert wurden und er daher für Wartungsarbeiten prädestiniert ist.
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Das Gericht ließ wegen grundsätzlicher Bedeutung die Revision zu.
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